Keine Frage, die Corona-Pandemie hat das deutsche Gesundheitssystem belastet. Doch das Virus ist nicht der Grund, warum seit Januar dieses Jahres 16,6 Millionen gesetzlich Versicherte mehr für ihre Krankenversicherung zahlen müssen. "Für die Krankenkassen waren die Entscheidungen des ehemaligen Bundesgesundheitsministers um einiges teurer als die Pandemie", sagt Thomas Adolph. Konkret meint der Inhaber des Portals kassen-suche.de das Gesetz, das den Krankenkassen verbietet, große Rücklagen zu bilden.

Was auf den ersten Blick sinnvoll klingt - schließlich sollen die Krankenkassen ihre Versicherten versorgen und keine Reichtümer ansammeln, erweist sich bei näherem Hinsehen als Nachteil für die Versicherten. "Die Rücklagen versetzten viele Kassen in die Lage, ihren Mitgliedern niedrige Beiträge zu garantieren", sagt Thomas Adolph. Ohne diese Rücklagen müssen die Preise steigen.

Der Effekt zeigt sich direkt beim Zusatzbeitrag. Das ist das Extra, das die Kassenmitglieder und ihre Arbeitgeber zusätzlich zum Grundbeitrag zahlen müssen. Aktuell fallen neben dem Grundbeitrag von 14,6 Prozent im Schnitt 1,3 Prozent Zusatzbeitrag an. Für einen Versicherten mit einem Bruttomonatseinkommen von 4000 Euro werden so 584 Euro Grundbeitrag und 52 Euro zusätzlich fällig. Da der Arbeitgeber die Hälfte übernimmt, gehen beim Versicherten monatlich 318 Euro weg. Das wäre der durchschnittliche Beitrag für gesetzlich Versicherte. Bei der teuersten der bundesweit geöffneten Kassen, der BKK24, zahlen Versicherte pro Monat 342 Euro, bei der günstigsten, der hkk, sind es hingegen nur 305,80 Euro.

Doch es kommt nicht nur auf den Preis, sondern auch darauf an, was eine Krankenkasse bietet. Denn es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass alle Krankenkassen exakt die gleiche Leistung im Programm haben. Zwar sind die Kassen laut Sozialgesetzbuch zu bestimmten Leistungen verpflichtet, sie können für ihre Kunden aber auch in einem bestimmten Rahmen viele Extras haben und sich so voneinander unterscheiden.

Wer viel bietet.


Dieses Feld ist riesig. Daher untersucht €uro bereits seit über zehn Jahren in einer der bundesweit detailliertesten Übersicht, was Krankenkassen leisten. Aber entgegen allen Erwartungen machen sich hier die "Spahnschen Enteignungsgesetze", wie Experte Adolph die Vorgaben des Ex-Ministers nennt, kaum bemerkbar.

Insgesamt ist das Leistungsniveau im Vergleich zur Übersicht des Vorjahres nur leicht gesunken. Beispiel Naturheilverfahren. Hier haben vor allem die bundesweit geöffneten Krankenkassen etwas weniger als noch vor einem Jahr im Angebot. Die HEK hat kaum merklich bei den Leistungen gekürzt und kann daher den ersten Platz verteidigen. Bei den Kassen, die nur in bestimmten Bundesländern geöffnet sind, ist das Niveau sogar leicht gestiegen. Gute Nachrichten für die Versicherten gibt es bei den Bonus- und Vorteilsprogrammen. Wo Versicherte früher eine ganze Reihe von Maßnahmen wie eine Hautkrebsfrüherkennung und einen Check absolvieren mussten, gibt es heute für jede einzelne Maßnahme direkt Geld. Das macht dieses Feld deutlich transparenter. Insgesamt zeigt sich, so Adolph, dass viele Kassen sich tatsächlich als Versorger sehen und nicht versuchen, durch weniger Leistung Geld zu sparen.

Schaut man in die oberen Ränge der Auswertung, finden sich unter den bundesweit geöffneten Krankenkassen immer wieder die gleichen Namen: HEK, TK, hkk, DAK. Allesamt Anbieter, die auch in der Vergangenheit gute Leistungen geboten haben. Bei den regionalen Kassen ist die Securvita weit vorn, aber auch einige Innungskrankenkassen finden sich auf den Plätzen.

Viele nutzen die Chance nicht. Wer nun mit seiner angestammten Kasse unzufrieden ist, weil etwa der Zusatzbeitrag zu hoch ist, kann jederzeit zu einer neuen Kasse wechseln. Das ist anders als in der privaten Krankenversicherung immer wieder, und zwar ohne eine Gesundheitsprüfung oder Ähnliches, möglich (siehe Seite 104). Erhöht eine Krankenkasse ihren Zusatzbeitrag, haben ihre Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht und können binnen weniger Wochen bei einer neuen, günstigeren Krankenkasse, die womöglich auch noch mehr leistet, versichert sein. Dennoch scheint die Masse der Versicherten gar nicht wechseln zu wollen, meint Krankenkassen-Experte Adolph. Die Zahl derer, die tatsächlich wechseln, liegt nach seinen Schätzungen unter einer Million. Das wäre nicht einmal jeder 16. aus der Gruppe derer, für die es seit Januar teurer geworden ist.

Einen Erklärungsversuch, warum so wenige Mitglieder wechseln, lieferte die Beratungsgesellschaft Bain & Company im vergangenen Jahr. Auch wenn es denkbar einfach sei, sich eine andere Kasse auszusuchen, hätten viele Krankenkassen erkannt, dass es sich lohnt, ihre Mitglieder an sich zu binden. Das kann durch ganz banale Werbung, individualisierte Mailings oder Servicestellen vor Ort geschehen. Das A und O, um Kunden zu binden, war nach Aussage der Berater, wenn eine Kasse ständig erreichbar ist. Doch eine 24/7-Servicehotline ist nur die halbe Miete, wenn am anderen Ende der Leitung kein Mensch sitzt, der kompetent Auskunft geben oder anderweitig weiterhelfen kann.

Es gibt aber auch einige Kassen, bei denen sich Treue lohnt. Das zeigt unsere Langfristauswertung rechts. Hier haben wir die Ergebnisse unserer Leistungstests der vergangenen zehn Jahre addiert und durch zehn geteilt.

Was die Tabelle aber nicht zeigt: Die Leistungsstärke der Krankenkassen auf den obersten Plätzen sinkt leicht. Die HEK hat die TK auf Platz 1 abgelöst. Kassen wie die DAK holen auf. Bleibt zu hoffen, dass sich die finanziellen Rahmenbedingungen der Krankenkassen verbessern. Denn einerseits können sie kaum Rücklagen aufbauen, und andererseits muss der Zuschuss des Bundes an die Kassen von Jahr zu Jahr steigen. "Vielleicht kommt hier mit der Ampel Bewegung rein", sagt Thomas Adolph. Sonst würden sich, so glaubt er, viele Kassen ihre Extras nicht mehr leisten können.

Die gesamten Ergebnisse finden Sie hier.

So haben wir getestet.


Damit Sie aus den insgesamt 73 für die Allgemeinheit geöffneten Kassen die für Sie passende Krankenkasse finden, haben wir diese in zwei große Gruppen eingeteilt: In der ersten finden sich bundesweit aktive Kassen, die entweder mit Geschäftsstellen in ganz Deutschland vertreten sind oder für Menschen aus allen Bundesländern online geöffnet sind.

Die zweite Gruppe sind regionale Kassen, die lediglich in einem oder mehreren der insgesamt 16 Bundesländer aktiv sind.

Bewertet haben wir die Kassen in sieben Bereichen. Die Daten mit Stichtag 18. Februar 2022 stammen von dem Internetportal gesetzlichekrankenkassen.de.

Sind Leistungen in einem Budget zusammengefasst (von den Krankenkassen oft "Gesundheitskonto" genannt), hat dies zu Abwertungen geführt und es wurde ein Faktor für das Globalbudget angewendet. Dieser berechnet sich wie folgt:

Wird die jeweilige Leistung nicht im gesamten Versorgungsgebiet der Krankenkasse geleistet, wird sie um 50 % abgewertet (Regionalfaktor). Sollten Leistungen nur über ein gemeinsames Budget mit anderen Leistungen erstattet werden, wird die angebotene Leistung pauschal um 40 % abgewertet (Globalbudgetfaktor).

Bonus-/Vorteilsprogramme: Bonuhöhe für Vorsorge (Sofortbonus): Es wird für insgesamt elf Bereiche betrachtet, wie hoch der für diese wahrgenommene Vorsorgemaßnahme gewährte Sofortbonus in Euro ist (z. B. Brustkrebsvorsorge). Ab 25 Euro Sofortbonus gibt es einen Punkt, darunter anteilig. Somit sind hier insgesamt elf Punkte (100 %) erreichbar.

Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten ("klassische" Bonusprogramme): Es wurde für insgesamt zehn Bonusbereiche abgefragt, ob in diesen jeweils ein (finazieller) Bonus für Aktivitäten gewährt wird (etwa Mitgliedschaft im Sportverein). Für jeden Bereich gab es einen Punkt, maximal also zehn Punkte (100 %).

Zudem wurde gefragt, wie hoch der maximale Geldbonus (keine Sach- oder zweckgebundenen Prämien) ist, den Erwachsene oder Kinder je Jahr erzielen können. Dazu wird der Quotient der Geldprämienhöhe und die Anzahl der dafür erforderlichen Maßnahmen gewertet, also der durchschnittliche Bonuswert einer absolvierten Maßnahme, nicht aber deren absolute Höhe. Das Ergebnis wird in Prozent angegeben (bei Erwachsenen 25 Euro = 100 %, bei Kindern 20 Euro = 100 %). Bei den Vorteilsprogrammen für kostenbewusstes Verhalten wurde für zwei Bereiche abgefragt, ob es dort für die Mitglieder der jeweiligen Krankenkasse finanzielle Vorteile gibt. Diese werden von einzelnen Kassen gewährt, etwa bei ausschließlicher Nutzung bestimmter Generika oder Hilfsmittel. Je Bereich gab es einen Punkt, also maximal zwei Punkte. Schließlich wurden die Prozentwerte addiert und durch vier geteilt.

Gesundheitsförderung: Hier wird unterstützt, wenn Menschen gesünder leben. Diese Förderung wird in Form von Schulungskursen erbracht. Leistung je Handlungsfeld: Maximal dürfen die Kassen ihren Kunden im Jahr zwei Kurse von Fremdanbietern erstatten. Ist dies der Fall, gab es einen Punkt. Wird lediglich ein Kurs erstattet, gab es nur einen halben Punkt. Ebenfalls mit einem halben Punkt wurde bewertet, wenn auch ein zertifiziertes Onlineprogramm im Angebot ist. Prozentuale Erstattung je Handlungsfeld: Sie setzt sich aus der prozentualen Erstattungshöhe pro Maßnahme und dem maximalen Erstattungsbetrag pro Maßnahme zusammen. Formel: Erstattungsbetrag, multipliziert mit dem Prozentwert, geteilt durch 100. Ab einem Ergebnis von 200 gab es die vollen fünf Punkte, darunter anteilig. Eigenkurse werden aufgrund der kaum vorhandenen Unterscheidung nur hälftig berücksichtigt.

Besondere Versorgung: Ziel ist hier, Patienten mit klar definierten Krankheiten besser zu behandeln. Dazu schließen Krankenkassen mit Kliniken und anderen Gesundheitseinrichtungen Verträge zu speziellen Krankheitsbildern ab. Patienten können so bei bestimmten Krankheiten auf ein mehr oder weniger großes Expertennetzwerk zurückgreifen. In dieser Kategorie wurden insgesamt 78 Indikationen abgefragt. Wird im Versorgungsgebiet von der jeweiligen Kasse ein solcher Vertrag für eine Indikation angeboten, gab es einen Punkt, maximal also 78 (100 Prozent).

Naturheilverfahren: Unterteilt wurde die Bewertung in zwei gleich gewichtete Bereiche. Der erste Bereich bildet mit Homöopathie (Medikamente und Therapie), Osteopathie und der Traditionellen Chinesischen Medizin die mit Abstand am häufigsten nachgefragten Naturheilverfahren ab. Weitere elf Naturheilverfahren (z. B. Anthroposophie, Chelattherapie, Irisdiagnostik) bildeten in Summe den zweiten Bewertungsblock und wurden nicht namentlich erwähnt. Maximal konnten hier jeweils 100 Prozent erreicht werden, die für das Gesamtergebnis zusammengezählt und dann durch zwei geteilt wurden.

Vorsorge: Es werden zehn verschiedene Arten von Vorsorgeuntersuchungen sowie die hausarztzentrierte Versorgung bewertet, die entweder gar nicht oder erst in einem späteren Altersabschnitt als Regelleistung angeboten werden. Je Vorsorgeuntersuchung, die im gesamten Versorgungsgebiet angeboten wird, gibt es einen Punkt. Maximal konnten zehn Punkte erreicht werden. Für das Gesamtergebnis wurde das hier erzielte Ergebnis Vorsorge der jeweiligen Kasse durch zehn geteilt.

Zahnversorgung: Zahnbehandlungen sind teuer; da ist es finanziell besonders vorteilhaft, wenn die Krankenkasse möglichst viele Behandlungen zahlt. Grundsätzlich gilt: Übernimmt eine Kasse eine Behandlung komplett, dann gab es einen Punkt. Die Höhe des Zuschusses zu einer professionellen Zahnreinigung wird rein informativ erwähnt. Maximal waren hier zehn Punkte erreichbar (100 Prozent).

Zusatzleistungen: Kassen bieten auf einigen Gebieten oft auch Leistungen an, die in Art und Umfang das gesetzlich vorgeschriebene Maß übersteigen. Es wurden elf Bereiche betrachtet und bewertet, wobei Haushaltshilfen darin gleich doppelt vorkommen: einmal für Haushalte, in denen auch ältere Kinder leben, und einmal für solche ohne Kinder. Je Zusatzleistung, die im gesamten Versorgungsgebiet von der jeweiligen Krankenkasse angeboten wird, gab es einen Punkt.

Gesamtergebnis: In dieses flossen die sieben aufgeführten Bereiche gleichgewichtet ein. Dabei wurde für jeden Bereich berechnet, wie viel Prozent der Maximalpunktzahl (= 100 Prozent) die jeweilige Kasse erreicht hat. Dieser Wert wurde mittels eines Schlüssels in €uro-Noten umgerechnet. Um die Gesamtnoten besser differenzieren zu können, wurden bei den Noten Nachkommastellen angegeben. Dafür galt folgendes Wertungsschema:

sehr gut + (1,0)
100 - 91,66 %

sehr gut (1,1 - 1,5)
91,65 - 83,34 %

gut (1,6 - 2,5)
83,33 - 66,66 %

befriedigend (2,6 - 3,5)
66,65 - 50,0 %

ausreichend (3,6 - 4,5)
49,99 - 33,33 %

mangelhaft (4,6 - 5,5)
33,32 - 16,66 %

ungenügend (5,6 - 6,0)
16,65 - 0,0 %

Zusätzlich werden in der Kategorie "Beitrags-Rating" die Kassen mit bis zu drei Bonussternen für günstige Beitragssätze ausgezeichnet. Für jeden Stern erhält die Kasse 2,5 Prozent Bonus zusätzlich zu jedem Leistungsergebnis. Die Zusatzprozente sind schon jeweils in den Leistungsbereichen mit eingerechnet.

Die Sterne wurden wie folgt vergeben:

Beitragssatz unter 15,2 %: 3 Sterne
ab 15,2 % bis 15,59 %: 2 Sterne
ab 15,6 % bis 15,99 %: 1 Stern
ab 16 %: kein Stern