Sie fragen, wir antworten! Die Redaktion von Euro am Sonntag beantwortet Leseranfragen zu Rechts-, Finanz- und Versicherungsthemen. Von Simone Gröneweg, Euro am Sonntag

Ich habe vor einigen Jahren einen Immobilien­kredit bei einer Sparda-Bank abgeschlossen. Nun habe ich gelesen, dass der Bundesgerichtshof eine Widerrufsinformation in einem Darlehen der Bank als fehlerhaft erklärt hat. Was folgt daraus?

€uro am Sonntag

Der sogenannte Widerrufsjoker hat in den vergangenen Jahren immer wieder für Prozesse, Urteile und damit auch für Schlagzeilen gesorgt. Mitunter erscheint das Ganze etwas unübersichtlich, aber im Sommer hat der Bundesgerichtshof (BGH) - wie von Ihnen geschrieben - in der Tat die Widerrufsinformation eines Kreditvertrags einer Sparda-Bank für fehlerhaft erklärt (Az. XI ZR 331/17). Es ging um ein Immobiliendarlehen aus dem Jahr 2012, das der Kunde 2016 widerrief. Die Sparda-Bank Berlin hatte eine Widerrufsinformation genutzt, die vom gesetzlichen Mustertext abweicht.

Das wurde ihr schließlich zum Verhängnis, denn die Richter monierten in ihrem Beschluss eine Passage. Darin heißt es, dass die Widerrufsfrist des Darlehensvertrags erst dann beginne, wenn der Verbraucher "seine Pflichten aus Paragraph 312g Absatz 1 Satz 1 BGB (…) erfüllt" habe. Dieser Passus beziehe sich aber allein auf den elektronischen Geschäftsverkehr, erläutert die Verbraucherzentrale Hamburg auf ihrer Internetseite, was einen ausschließlich online geschlossenen Vertrag bezeichne. Bereits eine eigenhändige Unterschrift in einem Vertrag bewirke, dass es sich nicht mehr um einen elektronischen Geschäftsverkehr handle, heißt es.

Und das ist bei Immobilienkrediten in der Regel der Fall. Der BGH hat den Fall zwar formal an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Richter machten aber deutlich, dass die Widerrufsinformation fehlerhaft sei, wenn der Vertrag nicht im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen wurde.

Konkret betroffen seien Verträge, die zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 geschlossen wurden, so die Verbraucherzentrale Hamburg. Dabei geht es nicht nur um Immobiliendarlehen der Sparda-Bank, sondern auch um Verträge von Volks- und Raiffeisenbanken oder der PSD-Bank. Anwälte und Verbraucherschützer raten dazu, entsprechende Darlehen prüfen zu lassen. "Es bedarf allerdings einer genauen Prüfung im Einzelfall", meint Alexander Krolzik, Experte für Immobilienfinanzierung bei der Verbraucherzentrale Hamburg.

Ist eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft, bedeutet das juristisch, dass die gesetzliche Widerrufsfrist gar nicht beginnen konnte. Der Kunde kann den Vertrag also auch später noch widerrufen. Das Ganze wird rückabgewickelt. Bank und Schuldner sollen so gestellt werden, als habe es das Darlehen nie gegeben. Vorteil für Kunden: Da die Zinsen derzeit extrem niedrig sind, besteht die Chance, in ein günstigeres Darlehen umzuschulden. Sollte ein Darlehensvertrag die konkrete Formulierung enthalten und der Vertrag durch eine eigenhändige Unterschrift abgeschlossen worden sein, bestehen nach Ansicht einiger Anwälte und Verbraucherschützer gute Erfolgsaussichten für eine Rückabwicklung.

Kunden sollten aber bei laufenden Darlehen darauf achten, dass sie nicht plötzlich ohne Kredit dastehen, betont Krolzik. Betroffene müssen sich also rechtzeitig um einen Kredit für die Umschuldung bemühen.