Alternative Investmentfonds: Immobilienbeteiligungen sind bei Sachwertanlegern wieder stärker gefragt. Wie ihnen der bisher umständliche Fondsbeitritt künftig erleichtert werden soll. Von Stefan Rullkötter

Die immer weiter steigenden Immobilienpreise treiben die Anleger um. Die in deutschen Metropolen geforderten Beträge für Gewerbe- und Wohnimmobilien sind mitunter astronomisch hoch, gleichzeitig verlieren die für einen Kauf angesparten Guthaben wegen Dauernullzinsen und steigender Inflation aber real an Wert.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma: Investoren schließen sich auf Initiative eines Fondsanbieters zusammen und kaufen gemeinsam Immobilien, die als Einzelobjekt für sie zu teuer sind. Das Anlagevehikel dafür sind Alternative Investmentfonds (AIFs) mit Laufzeiten von oftmals mehr als zehn Jahren. Mit AIFs werden Anleger auf dem Papier zu Unternehmern.

Sie treten dem Fonds als Gesellschafter bei. Rechtlich erhalten sie mit der Unterschrift unter den Zeichnungsschein in der Regel den Status eines Kommanditisten: Falls das Immobilienprojekt später in Schieflage geraten sollte, haften sie dann maximal bis zur Höhe der von ihnen geleisteten Kapitaleinlagen.

Das Nachfolgeprodukt der Geschlossenen Fonds setzt eine Mindestbeteiligung von 20 000 Euro voraus, wenn Fonds lediglich in ein Objekt investieren und damit keine Risikostreuung bieten. Die hohe Summe soll auch eine Warnfunktion für Kleinanleger haben, nicht ihr gesamtes Kapital zu investieren. Die Faustregel: AIFs sollten maximal zehn Prozent des Portfolios ausmachen.

Um eine Zweckentfremdung von Anlegergeld zu verhindern, müssen Fondsinitiatoren seit Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuchs im Juli 2013 eine sogenannte Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) und eine Verwahrstelle zwischenschalten. Die KVG übt bei den AIFs die Funktion des Verwalters aus, die Verwahrstelle kontrolliert und überwacht die Tätigkeit der KVG, insbesondere den Fluss der Geldströme. Plumpe Betrügereien wie beim Vorgängerprodukt Geschlossene Fonds sollen damit bei AIFs grundsätzlich nicht mehr möglich sein (siehe Interview Seite 4).

Unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen werden Beteiligungsprodukte für Anleger offensichtlich zunehmend attraktiv, nachdem das Interesse seit Juli 2013 zunächst stark nachgelassen hatte. Die Anbieter sammelten 2016 Eigenkapital in Höhe von 1,32 Milliarden Euro ein, 2017 war es mit 1,57 Milliarden Euro fast ein Fünftel mehr. "Die Zeichnungsangebote kommen viel besser an als allgemein vermutet wird", erklärt Fondsanalyst Stefan Loipfinger. Nach seinen neuesten Erhebungen haben in den vergangenen fünf Jahren rund 100 000 Anleger 4,2 Milliarden Euro in AIFs investiert. "Mehr als drei Viertel dieser Summe entfielen auf Betongold", sagt Loipfinger.



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Fondsbeitritt auch online möglich



So schön ein Stück attraktives Betongold für vergleichbar kleines Geld ist: Die Dienstleistungen der Fondsanbieter gibt es nicht zum Nulltarif. Banken und freie Vertriebe berechnen fünf Prozent Ausgabeaufschlag auf die Zeichnungssumme, wenn sie eine Beteiligung erfolgreich vermitteln. Hinzu kommen noch eine einmalige Innenprovision von bis zu zehn Prozent und jährliche Fondsgebühren von im Schnitt 1,5 Prozent.

Unterm Strich sind Beteiligungen in den meisten Fällen nicht günstiger als Direktanlagen. Fondsanlegern bleibt aber der Verwaltungsaufwand erspart, der in allen Investitionsphasen anfällt. Und sie sind oft schon mit 10 000 Euro dabei. Zudem will die Beteiligungsbranche den Vertrieb zeitgemäßer gestalten und dafür den Zeichnungsprozess stark vereinfachen. Anleger sollen künftig AIFs ohne lästigen Papierkram beitreten können. "Echtzeit-Plausibilitätschecks" während der Dateneingabe sollen Standard werden, um falsche Angaben in den Formularen zu vermeiden.

Als erster Initiator hatte Patrizia Grund-Invest im Jahr 2017 die Möglichkeit eröffnet, Fondsanteile übers Internet zu zeichnen: "Die Kunden erwarten beim Thema AIF die gleichen Standards, die sie etwa von ihrem Online-Aktiendepot gewohnt sind", sagt Geschäftsführer Andreas Heibrock.

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Hoher Beratungsbedarf bleibt



"Es ist aber wichtig, dass Kunden sich vor einer digitalen Zeichnung umgehend beraten lassen oder selbst mit diesem Thema befassen", entgegnet Anselm Gehling, Vorstandschef der Dortmunder Dr. Peters Group: "Eine Beteiligung muss in puncto Risikobereitschaft, Anlageziel und Portfoliooptimierung zum Anleger passen".

"Den digitalen Zeichnungsschein sehen wir in erster Linie als eine Unterstützung und Entlastung unserer Vertriebspartner", sagt auch Ottmar Heinen, Vorstand der Project Beteiligungen AG aus Bamberg. "Ein Direktgeschäft praktizieren wir deshalb aktuell nicht."

"Eine Onlinezeichnung anzubieten, ist absolut zeitgemäß, aber noch lange kein Durchbruch", ergänzt Fondsexperte Loipfinger. "Bei Zeichnungssummen von zum Beispiel 10 000 oder 20 000 Euro wird kein Anleger abends vom Sofa aus investieren", moniert er.

Um solche Kunden zu erreichen, müssten vermutlich viel kleinere Beteiligungssummen ermöglicht werden. Wenn die Anbieter das wollten, hieße das, deutlich mehr umzudenken, statt lediglich den Zeichnungsprozess zu digitalisieren.

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Interview mit Stefan Loipfinger: "Neue Einfallstore für Abzocker"



Börse Online: Herr Loipfinger, am 23. Juli gelten für Initiatoren seit fünf Jahren strengere Regeln, wenn sie Beteiligungsprodukte in den Vertrieb bringen. Hat die Reform Anlegern etwas gebracht?


Stefan Loipfinger: Durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist das Geschäft mit zuvor unregulierten Kapitalanlageprodukten keineswegs vollends unter Kontrolle gebracht worden. Wenn ich die von der Finanzaufsicht kontrollierten AIFs von heute mit den Geschlossenen Fonds von früher vergleiche, kann ich wenig substanzielle Verbesserungen feststellen. Für Anleger unvorteilhafte Investments und interessengesteuerte Entscheidungen gibt es immer noch.

Wo stehen jetzt Einfallstore für Abzocker?


Das beginnt damit, dass mit dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) eine scheunentorgroße Lücke vorhanden ist, durch die jeder Anbieter bequem einer Bafin-Regulierung aus dem Weg gehen kann. Marktneulinge und kleinere Anbieter können mit geringeren Auflagen agieren und Investorengelder einsammeln. Nur wenige Anleger kennen die rechtlichen Details.

Wie nutzen dubiose Anbieter das aus?


Der Markt für Kapitalanlagen nach dem lockerer gefassten VermAnlG ist mittlerweile genauso groß wie der für KAGB-Produkte. Unter das VermAnlG fallen beispielsweise viele Schwarmfinanzierungen, Direktinvestitionen - etwa in Container - oder Bürgerwindparks sowie verschiedenste Investments per Nachrangdarlehen oder Genussrechte. Bei diesen Finanzanlagen erhält der Anleger wegen der laxeren Kontrolle nicht den Schutz, der für ihn erforderlich wäre.

Warum ist das für Anleger so gefährlich?


Heute wird im Gegensatz zu früher häufig keine nachvollziehbare Prognoserechnung mehr für die angebotenen Finanzanlagen aufgezeigt. Nur mithilfe dieser Daten ist aber ablesbar, wie viel Rendite aus den Investitionen vom Anbieter kalkuliert ist und wie viel davon beim Anleger ankommt.

Gilt das auch für seriöse Fondsanbieter?


Selbst bedeutende Marktteilnehmer, die große Summen an Anlegergeldern mobilisieren, finden problemlos Gesetzeslücken, die es ihnen ermöglichen, die strenge Kontrolle durch das KAGB zu umgehen und nach den Regeln des VermAnlG zu operieren. Und selbst bei Fondsanbietern, die im Rahmen des KAGB agieren, gibt es nach wie vor große Missstände. Das Management der Firmen ist oft noch dasselbe wie vor Jahren bei den Geschlossenen Fonds.

Spiegelt sich das auch in den Nebenkosten von Beteiligungsangeboten wider?


Die Gebührenstrukturen sind durch die Regulierungsanforderungen nicht günstiger geworden. Nur Betrug ist bei beaufsichtigten Produkten weitgehend ausgeschlossen. Aber solche Kandidaten gibt es immer noch - nur in anderen Segmenten. Ich habe von der Bafin zugelassene Fonds gesehen, die 75 bis 80 Prozent durch Kosten und Gebühren verschlingen. Zudem ist ein Investment Nonsens, wenn Anleger 100 Prozent der Risiken tragen, aber nur 25 Prozent der - oft optimistisch kalkulierten - Erträge erhalten.