Die Bauzinsen haben einen historischen Tiefstand erreicht. Experten erklären die neuerliche Talfahrt mit den Folgen der Corona-Epidemie. Von Bernhard Bomke

Mit einem Sollzins von 0,41 Prozent liegt der Satz für eine Baufinanzierung mit zehn Jahren Zinsbindung beim günstigsten Anbieter laut Datenbank des Finanzdienstleisters Dr. Klein Privatkunden so tief wie noch nie. Ende Januar hatten die in Lübeck ansässigen Finanzfachleute noch einen Zins von 0,60 Prozent gemeldet. Dr. Klein wertet die Angaben von überregionalen Finanzierern aus und misst den für zehn Jahre festgeschriebenen Zinssatz für Kreditnehmer mit sehr guter Bonität und für Fälle mit einem Kreditanteil von 60 Prozent am Kaufpreis einer Immobilie. Das Rekord-Zinstief bezieht sich also genau auf diese Annahmen. Der günstigste Effektivzins einer überregionalen Bank bei gleichen Voraussetzungen lag bei Dr. Klein zuletzt bei 0,44 Prozent.

Beim aktuellen Zinstief fällt die Erklärung auf. "Solange die Unsicherheit durch das Coronavirus bestehen bleibt, wird sich an der aktuellen Zinssituation nicht ändern", sagt Dr.-Klein-Vorstandschef Michael Neumann. Mehr noch: "Es ist nicht auszuschließen, dass das aktuelle Rekordtief erneut durchbrochen wird." Er erklärt seine Einschätzung damit, dass sich viele Anleger aus Unsicherheit über das Coronavirus und die Folgen wieder vermehrt in als sicher geltende Bundesanleihen flüchten. Die Rendite der zehnjährigen deutschen Staatsanleihe fiel zuletzt auf unter minus 0,6 Prozent. Damit ist das Rekordtief von minus 0,72 Prozent mittlerweile wieder in Reichweite. Da sich die Bauzinsen unter anderem an den Renditen für langfristige Bundesanleihen orientieren, rutschten sie nun sogar weiter als je zuvor in den Keller.

Interhyp rechnet mit weiterhin extrem niedrigen Bauzinsen


Von einem Allzeittief der Bauzinsen spricht auch der Baufinanzierungsvermittler Interhyp. Nach den Zahlen der Münchner gaben die Konditionen für Immobiliendarlehen gegenüber dem Stand von Anfang Februar um etwa 0,1 Prozentpunkte nach. Immobilienkäufer und Eigentümer mit Anschlussfinanzierungsbedarf könnten Darlehen mit zehn Jahren Zinsbindung derzeit oft zu Zinsen von unter 0,7 Prozent aufnehmen.

Ähnlich wie Dr. Klein führt die Interhyp die abermals gesunkenen Bauzinsen ganz wesentlich auf das Stichwort Corona zurück. "Die Unsicherheiten durch das Coronavirus schlagen auf die Märkte durch, was sich auch beim Baugeld bemerkbar macht", sagt Interhyp-Vorständin Mirjam Mohr. "Wie die deutliche Leitzinssenkung der amerikanischen Notenbank Fed und der Ausblick der Europäischen Zentralbank auf mögliche Maßnahmen zeigen, wird das Thema äußerst ernst genommen." Die Fed hatte die Leitzinsen jüngst um 0,5 Prozentpunkte und damit unerwartet deutlich zurückgenommen. Mohr geht davon aus, dass das Zinsniveau für Baufinanzierungen vorerst extrem niedrig bleibt.