Zudem müssen fünf Geldhäuser der 12. Großen Strafkammer unter Vorsitz von Richter Roland Zickler Rede und Antwort stehen. Bei den mutmaßlich illegalen Aktiengeschäften soll der Fiskus um mehr als 440 Millionen Euro geprellt worden sein. Den Angeklagten droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Bei den sogenannten Cum-Ex-Geschäften ließen sich Anleger die einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit (lateinisch: "cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch. Insgesamt geht es bei dem Skandal um Hunderte Fälle mit einem vermuteten Gesamtschaden von mehreren Milliarden Euro.

Die Staatsanwaltschaft Köln hatte Mitte Juni Anklage erhoben gegen zwei Briten, die zusammen mit weiteren Personen von Mitte 2006 bis Frühjahr 2011 Cum-Ex-Geschäfte getätigt haben sollen. Ihnen wird schwere Steuerhinterziehung in 33 Fällen angelastet, bei einem weiteren Fall soll es bei einem Versuch geblieben sein. Der 41-Jährige und der 38-Jährige haben umfassend ausgesagt und hoffen auf Milde.

Das Landgericht will auch fünf Finanzhäuser, die an den Geschäften mitgewirkt haben sollen, an dem Verfahren beteiligen. Laut Insidern handelt es sich dabei um die Holdinggesellschaft der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, deren Tochter Warburg Invest, Fondshäuser der französischen Bank Societe Generale und des US-Instituts BNY Mellon sowie die Hamburger Kapitalverwaltungsgesellschaft Hansainvest.

WOMÖGLICH EIN FALL FÜR DAS OBERSTE GERICHT


Hintergrund für die Einbeziehung der Institute ist ein noch relativ neuer Paragraf im Strafgesetzbuch. Dieser regelt, dass illegal erzielte Gewinne auch von Akteuren einbezogen werden können, die die Tat nicht unmittelbar begangen haben, aber daran beteiligt waren. Als Ausgleich für den mutmaßlich entstandenen Schaden kann das Gericht Vermögen von den Banken einziehen.

Steuerexperten hatten Cum-Ex-Geschäfte lange als legalen Steuertrick erachtet. Seit einigen Jahren bewerten Ermittler und Strafverfolger das Vorgehen aber fast einhellig als Steuerhinterziehung und treiben ihre Ermittlungen voran. Allein die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt in zehn Verfahrenskomplexen, bei denen sie einen Steuerschaden von mehr als 810 Millionen Euro vermutet.

In dem Musterprozess in Bonn soll an 32 Verhandlungstagen bis zum 9. Januar grundsätzlich geklärt werden, inwieweit die Cum-Ex-Geschäfte strafbar waren. Am Ende dürfte es wohl ein Fall für den Bundesgerichtshof oder das Bundesverfassungsgericht werden.

rtr