Konkret hat der Staat laut Bundesregierung im vergangenen Jahr 552,8 Millionen Euro Erstattungszinsen mehr an Bürger gezahlt, als er von ihnen eingenommen hat. Das heißt, der für Nachzahlungen geltende Zinssatz von sechs Prozent im Jahr hat Bund, Ländern und Gemeinden 2019 mehr geschadet als genutzt. Umgekehrt kam der im Niedrigzinszeitalter umstrittene, weil als hoch geltende Zinssatz Steuerzahler weniger teuer. Er schadete ihnen unterm Strich also weniger als er ihnen nutzte.

Diese Bilanz überrascht, nachdem der für viele Steuerzahler, die Nachzahlungen zu leisten haben, ärgerlich hohe Strafzinssatz in den Vorjahren per Saldo stets zu Mehreinnahmen des Staates geführt hatte. Der Staat profitierte von Nachzahlungen mitsamt Strafzinsen also mehr als er für Rückzahlungen inklusive Strafzinsen seinerseits zu berappen hatte. Der Bundesfinanzhof hatte sich schon mehrfach mit der Frage zu befassen, ob die sechs Prozent vor dem Hintergrund der ansonsten extrem niedrigen Zinsen noch angemessen seien. 2018 deutete er in einem Beschluss erstmals Zweifel daran an, dass die Höhe der Nachzahlungszinsen noch verfassungsgemäß sei.

Bundesverfassungsgericht muss über Strafzinssatz entscheiden


Die Bundesregierung wiederum geht unverändert davon aus, dass die sechs Prozent mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Das habe sie auch in Stellungnahmen gegenüber dem Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht. Dort sind zwei Verfahren anhängig, bei denen es um die Frage geht, ob die sechs Prozent Strafzinssatz verfassungsgemäß sind oder nicht. Die Entscheidungen stehen noch aus.