Chef eines Sportartikelkonzerns zu sein, bringt einige Annehmlichkeiten. Dienstreisen führen manchmal zur Fußball-WM und zu Olympischen Spielen. In der Firmenzentrale von adidas am Rande von Herzogenaurach herrscht eine besondere Atmosphäre: Es gibt ein Fitnessstudio, sogar ein kleines Fußballstadion. Immer wieder Mal schauen Stars aus der Welt des Sports vorbei. Da ist es leicht nachzuvollziehen, wenn Kasper Rorsted sagt: "Hier bei adidas, das ist mein Traumjob." Natürlich weiß der drahtige Däne, dass auch bei Europas größtem Sportartikelkonzern die Gesetze der Finanzmärkte gelten - Aktionäre erwarten Resultate. Und genau die liefern Rorsted und adidas mit der Zuverlässigkeit eines Spitzenathleten.

Als Chef des Konsumgüterkonzerns Henkel hat sich Rorsted den Ruf erarbeitet, ein Unternehmen auf Rendite trimmen zu können. Das war einer der Gründe, warum ihn der Aufsichtsrat von adidas nach Herzogenaurach geholt hat. Der für sein Streifenlogo berühmte Sportartikelkonzern ist über die Jahre stark gewachsen, die Marge aber war im Vergleich zum Erzrivalen Nike eher mager.

Unter Rorsted sind klare Fortschritte zu erkennen: Die operative Marge, eine für Investoren besonders wichtige Größe, ist deutlich gestiegen. Für das Geschäftsjahr 2018 strebte adidas einen Wert bis zu 10,8 Prozent und damit einen neuen Bestwert an.

Ein wichtiger Hebel ist das Geschäft in den USA. Im größten Sportartikelmarkt der Welt war adidas zwischenzeitlich auf den dritten Platz verdrängt worden. Inzwischen aber ist Nordamerika neben China der am stärksten wachsende Markt für adidas. Die Basis für das Comeback hat Vorgänger Herbert Hainer gelegt - Rorsted hat das Tempo weiter erhöht und wichtige Akzente gesetzt.

Ein Schwerpunkt ist die Digitalisierung. Dass Rorsted seine Karriere einst bei IT-Konzernen wie Hewlett-Packard begonnen hat, kommt ihm zugute. Am offensichtlichsten sind die Veränderungen im Handel über das Internet: Der Onlinestore ist der am schnellsten wachsende Vertriebskanal bei adidas. Im dritten Quartal 2018 legte der Umsatz dort um 76 Prozent zu. Für das Jahr 2020 peilt Rorsted einen Onlineumsatz von vier Milliarden Euro an. Damit würde sich das Volumen innerhalb einer Olympiade vervierfachen. Die adidas-App wurde sechs Millionen Mal heruntergeladen. "Ich will, dass nicht nur die besten Designer zu adidas kommen, sondern auch die besten IT-Köpfe", hat Rorsted als Ziel ausgegeben.

Die Möglichkeiten neuer Technologien sind auch in der Sportartikelindustrie groß. Schon jetzt produziert adidas mithilfe von 3-D-Druckern Schuhe, deren Sohlen individuell an die Füße des Kunden angepasst sind. Zu Rorsteds Visionen gehört, dass Sportbegeisterten in jedem adidas-Laden dieses Angebot zur Verfügung steht. Der Konzern soll auch schneller werden: In der Sportartikelindustrie ist ein Schuh oft erst 18 Monate nach der ersten Idee im Laden. adidas schafft den Weg bei einigen Modellen inzwischen in sechs Monaten und kann so schneller auf neue Trends reagieren.

Eine Herausforderung bleibt Reebok. Die im Jahr 2006 übernommene Marke hat die Erwartungen nie erfüllt, Rorsteds Fitnessprogramm ("Muscle Up") aber zeigt Wirkung und hat die Bruttomarge der Marke bereits verbessert. Ein Verkauf von Reebok steht darum vorerst nicht an.

Der adidas-Chef widmet sich auch Themen, die von Finanzanalysten meist ignoriert werden, weil sie nicht in Bilanzkennziffern zu messen sind: Er will Führungskräfte innerhalb des Konzerns fördern, mehr Frauen in Top-Positionen bringen.

Die Aktie von adidas hat sich unter Rorsted sehr gut entwickelt: Seit er vor knapp zweieinhalb Jahren den Chefposten übernommen hat, gehört der Sportartikelkonzern zu den besten Werten im DAX. Allein im vergangenen Jahr, in dem der Index mehr als 18 Prozent verlor, stieg der Börsenwert von adidas inklusive Dividende um fast elf Prozent.