Politiker und Volkswirte warnten vor Jobverlusten auf beiden Seiten des Atlantiks, steigenden Preisen und Verwerfungen im Welthandel auch mit anderen Produkten.

When a country (USA) is losing many billions of dollars on trade with virtually every country it does business with, trade wars are good, and easy to win. Example, when we are down $100 billion with a certain country and they get cute, don’t trade anymore-we win big. It’s easy!

— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 2. März 2018


"Ein solcher weltweiter US-Rundumschlag würde gerade unsere Exporte und Arbeitsplätze mit am Stärksten betreffen", sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. An den internationalen Finanzplätzen reagierten Anleger verunsichert. Weltweit verzeichneten die Börsen Verluste, darunter der deutsche Leitindex Dax, der über zwei Prozent abgab und unter die Marke von 12.000 Punkten fiel. Trump hatte am Donnerstag trotz Widerstands einiger enger Berater angekündigt, in der kommenden Woche Stahlimporte mit einem Zoll von 25 Prozent zu belegen. Aluminium-Einfuhren will er mit zehn Prozent belasten.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kritisierte dies als "eklatante Einmischung" zum Schutz der US-Industrie. "Wir werden nicht untätig dabeisitzen, während unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden." Handelskommissarin Cecilia Malmström sagte, jede Maßnahme, die Europa treffe, wäre zutiefst unfair. In der Kommission und mit den EU-Mitgliedstaaten würden bereits Gegenmaßnahmen diskutiert wie die Einschaltung der Welthandelsorganisation WTO, Schutzmechanismen und mögliche Vergeltungsschritte. So lange aber das Ausmaß von Trumps Plänen nicht völlig klar sei, werde man nichts ankündigen.

Der Chef des deutschen Exportverbands BGA, Holger Bingmann, warnte, es könnten auch Branchen und Unternehmen in Mitleidenschaft gezogen werden, die mit Stahl- und Aluminiumprodukten nichts zu tun hätten. Der Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauer-Verbands VDMA, Thilo Brodtmann, sagte, es drohe eine "Spirale aus wechselseitigen Strafzöllen". In Medien war in den vergangenen Wochen die Rede davon, dass Gegenschritte Whiskey oder Harley-Davidson-Motorräder treffen könnten. Spekuliert wurde auch über Zölle auf Agrarprodukte aus den USA wie Sojabohnen.

"IT'S EASY!"



Trump zeigte sich unbeeindruckt von den Warnungen: Wenn man ein Handelsdefizit von 100 Milliarden Dollar mit einem bestimmten Land habe und dieses dann "aufmüpfig" werde, dann gelte: "Einfach nicht mehr handeln - und wir gewinnen dicke", schrieb er auf Twitter. "It's easy (Das ist leicht)!" Trumps Sprecherin Sarah Sanders sagte, an den Zöllen werde noch gefeilt. Die Verhängung von Schutz- oder Strafzöllen hing seit Wochen in der Luft. Bei mehreren Gelegenheiten, etwa beim Weltwirtschaftsforum in Davos, ließ Trump die Welt wissen, dass er in Handelsfragen strikt seiner "America First"-Doktrin folgen werde, was nach Auffassung von Kritikern auf reinen Protektionismus hinausläuft.

Wiederholt erklärte Trump, die US-Stahl- und Aluminium-Industrie habe seit Jahrzehnten unter Importen gelitten. Experten räumen ein, dass Trumps Zoll-Pläne den US-Unternehmen in der Branche Vorteile verschaffen könnten. Sie bezweifeln jedoch, dass auch mehr Arbeitsplätze entstehen. Eine Studie der Amerikanischen Wirtschaftsvereinigung ASSA zufolge fielen die meisten Jobs in der Branche in den vergangenen Jahrzehnten dem technologischen Fortschritt zum Opfer.

NATIONALE SICHERHEIT



Trump beruft sich bei seinen Zoll-Plänen auf ein US-Gesetz aus Zeiten des Kalten Kriegs, das Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der nationalen Sicherheit erlaubt. Da Stahl- und Aluminium wichtig für das Militär sind, ist es aus Trumps Sicht zentral, dass die USA sich nicht zu sehr abhängig machen von ausländischen Produzenten. Das US-Verteidigungsministerium hat allerdings kein Problem damit, Stahl- und Aluminium zu importieren. Vielmehr warnt das Pentagon vor potenziellen Folgen breitangelegter Zölle für wichtige Verbündete. Es empfahl daher, Staaten wie Kanada explizit von Zöllen auszunehmen.

Kanada exportiert am meisten Stahl in die USA. Der Anteil an den gesamten Stahlimporten macht knapp 17 Prozent aus. Es folgen Brasilien und Südkorea. Deutschland steuert knapp vier Prozent bei. Es liegt damit auf Platz acht. Den Handelsfalken in der US-Regierung geht es aber offenbar besonders um China, dem sie vorwerfen, vor allem für die weltweiten Überkapazitäten im Stahlsektor verantwortlich zu sein. China trägt jedoch nur 2,9 Prozent zu den US-Stahlimporten bei. US-Schutzzölle würden die Volksrepublik also nicht direkt hart treffen. Gelassen gab sich daher die chinesische Stahlvereinigung. Trump könne man nicht ändern. "Wir sind ihm gegenüber schon taub", sagte Vize-Chef Li Xinchuang.

Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland sagte, sollte es tatsächlich Beschränkungen für kanadische Produkte geben, werde das Land Maßnahmen "zur Verteidigung seiner Handelsinteressen und Arbeiter" ergreifen. Brasiliens Industrieministerium behielt sich vor, alleine oder gemeinsam mit anderen Ländern auf Trumps Zollschritte zu reagieren. Die Bundesregierung erteilte den Plänen eine klare Absage. Sie stünden nicht in Einklang mit der WTO. "Wir müssen alles dafür tun, einen internationalen Handelskonflikt zu vermeiden", sagte Gabriel den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Trumps Verweis auf die nationale Sicherheit sei für EU und Nato nicht nachvollziehbar.