Das vielbeachtete Konjunkturbarometer des Ifo-Instituts stieg im März um einen vollen Punkt auf 106,7 Zähler und damit stärker als von Fachleuten erwartet. Dies gilt als Hoffnungszeichen, da zuvor drei Rückgänge in Folge eine Trendwende zum Schlechteren signalisiert hatten. Die befragten 7000 Führungskräfte beurteilten sowohl die Geschäftsaussichten als auch die Lage besser als zuletzt. "Die deutsche Wirtschaft startet weniger skeptisch in den Frühling", sagte der scheidende Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Dienstag. Auch Börsenprofis sind wieder zuversichtlicher, wie die Umfrage des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigte. Experten erwarten nicht, dass die Stimmung wegen der Anschläge von Brüssel kippt.

Ifo-Experte Klaus Wohlrabe verwies darauf, dass auch die Gewalttaten islamistischer Attentäter in Paris im November die Konjunktureinschätzung kaum beeinträchtigt hatten. Nun schlugen Extremisten in Brüssel zu: Medienberichten zufolge wurden bei Bombenanschlägen am Flughafen und in einer Metrostation Dutzende Menschen getötet und über 130 verletzt. "Die extremistische Bedrohung bleibt ein Risikofaktor für die Konjunktur", warnte Volkswirt Oliver Rakau von der Deutschen Bank. Die Ifo-Befragung erfolgte vor den Anschlägen in Belgien.

Experten verwiesen zudem darauf, dass die wirtschaftliche Lage kürzlich noch deutlich negativer wahrgenommen wurde: "Die schlimmsten Befürchtungen im Hinblick auf eine globale Rezession, die noch vor einigen Wochen grassierten, waren übertrieben", sagte DZ-Bank-Ökonom Michael Holstein. Auch KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner sieht die deutsche Wirtschaft nach den jüngsten Börsenturbulenzen im Sog der Konjunkturabkühlung in China auf gutem Kurs: "Der Frühling kommt, der Nebel der vergangenen Monate verzieht sich und gibt den Blick auf eine insgesamt gute wirtschaftliche Entwicklung frei."

Zu Jahresbeginn waren die Kurse an den Börsen in China abgestürzt und hatten andere Finanzplätze in Mitleidenschaft gezogen. Mittlerweile hat sich Lage wieder stabilisiert. Zur Beruhigung trug zudem bei, dass die US-Notenbank Fed einen behutsameren Kurs bei Zinserhöhungen signalisiert hat.

WACHSTUMSAUSSICHTEN DURCHWACHSEN



Das Ifo-Institut erwartet, dass das deutsche Wirtschaftswachstum 2016 wohl nicht höher als voriges Jahr ausfallen wird. Im Dezember hatten die Forscher noch ein Plus von 1,9 Prozent vorhergesagt, nachdem 2015 ein Zuwachs von 1,7 Prozent erreicht wurde. Die Münchner stehen mit ihrer Ansicht nicht allein: Auch das Essener RWI-Institut und das DIW aus Berlin schraubten ihre Vorhersagen zuletzt zurück. Gespannt warten Experten darauf, ob auch die Wirtschaftsweisen am Mittwoch ihre Schätzungen revidieren. Die Sachverständigen um den Essener Forscher Christoph Schmidt hatten im November ein Plus von 1,6 Prozent prognostiziert.

Die Umfrage des Finanzdienstleisters Markit unter Einkaufsmanagern zeigte derweil, dass die deutsche Industrie so langsam wächst wie seit 16 Monaten nicht mehr. Das Barometer fiel im März um einen Tick auf 50,4 Zähler, wie aus der Befragung von rund 800 Firmen hervorgeht. Damit hält sich der Industrie-Sektor knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. "Der Indikator ist nun auf einem Niveau, das fast Stagnation anzeigt", sagte Markit-Experte Oliver Kolodseike. Die stark vom Export abhängige Industrie spüre die nachlassende Nachfrage aus Übersee. Der Service-Sektor wächst hingegen noch kräftiger als im Vormonat.

Reuters