"Eine deutliche Mehrheit ist dagegen, auf Basis des griechischen Vorschlages Verhandlungen für ein drittes Hilfs-Paket aufzunehmen", erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus EU-Teilnehmerkreisen am Samstag in Brüssel. Die 19 Euro-Finanzminister beendeten am Abend in Brüssel die erste Runde ihrer Beratungen, ohne eine Entscheidung zu treffen.

Die Eurogruppe berät bei dem Sondertreffen, ob die Vorschläge aus Athen ausreichen, um über ein dreijähriges Paket zu verhandeln. Es geht laut Vertretern der Euro-Zone um neue Finanzhilfen im Volumen von 82 Milliarden Euro. Die drei internationalen Institutionen Internationaler Währungsfonds (IWF), Europäische Zentralbank (EZB) und EU-Kommission hatten sich zuvor nach Angaben aus Verhandlungskreisen vorsichtig zustimmend zu den Vorschlägen aus Athen geäußert.

Allerdings zeigte sich in der Sitzung der Eurogruppe, dass die Mehrzahl der Finanzminister skeptisch war. "Wir brauchen Garantien, dass die Versprechen umgesetzt werden", hieß es in Verhandlungskreisen. "Wir werden uns ganz sicher nicht auf Zusagen verlassen können", hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schon vor der Sitzung gesagt. Die Hoffnung auf Besserung in Griechenland sei "bis in die letzten Tage und Stunden hinein" auf unfassbare Weise zerstört worden. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sprach von "schwierigen", Schäuble sogar von "außergewöhnlich schwierigen" Beratungen.

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GARANTIEN GEFORDERT



Zu den geforderten Garantien gehören ein klarer Zeitplan für die Umsetzung von Gesetzen. Laut einem Reuters vorliegenden Papier aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) wird zudem ein Treuhandfonds gefordert, der sicherstellen soll, dass die versprochenen Privatisierungen auch umgesetzt werden. In deutschen Regierungskreisen war zuvor kritisiert worden, dass von den früher versprochenen Erlösen von 50 Milliarden Euro durch den Verkauf staatseigenen Vermögens nur zwei Milliarden Euro realisiert wurden. Die griechische Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte die Privatisierung zunächst ganz gestoppt. Für Aufregung auch in der SPD sorgte, dass in dem auf Arbeitsebene in der Eurogruppe zirkulierenden BMF-Papier als Alternative ein fünfjähriges Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro vorgeschlagen wird.

Zudem wurde in der Eurogruppe bemängelt, dass die Regierung in Athen weitgehend die Forderungen der internationalen Institutionen übernommen habe. Diese seien aber nur für eine viermonatige Verlängerung des zweiten Hilfspakets bis November gedacht gewesen. Jetzt gehe es um ein sehr viel grundsätzliches Programm über drei Jahre, hieß es.

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WAS KANN UND WIRD ATHEN WIRKLICH UMSETZEN?



Hektische Aktivitäten gab es auch in Athen: Bereits in der Nacht zum Samstag hatte das griechische Parlament mit klarer Mehrheit die Pläne gebilligt, die eine Staatspleite und einen Abschied aus der Euro-Zone in letzter Minute abwenden sollen. Nach einer hitzigen Debatte stellten sich 251 der 300 Abgeordneten hinter die Reformagenda. Zehn der 149 Abgeordneten von Tsipras' linker Syriza stimmten gegen die Pläne oder enthielten sich, sieben Syriza-Parlamentarier waren nicht zum Votum erschienen. Auch deshalb forderten die Finanzminister Irlands und Frankreichs, Michael Noonan und Michel Sapin, nun eine schnelle Umsetzung. Noonan schlug vor, dass das griechische Parlament in den kommenden zwei Wochen entscheidende Reformen beschließen soll. Nur so könne angesichts der schrumpfenden eigenen Mehrheit für Tsipras das Vertrauen der Euro-Partner zurückgewonnen werden.

Allerdings will Tsipras selbst seine Machtbasis stärken: Der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis deutete eine baldige Regierungsumbildung an. Es mache Sinn, wenn einige Minister ersetzt würden, sagte er. Zudem sollten jene Syriza-Abgeordneten ihr Mandat abgeben, die im Parlament gegen die Reformvorschläge der Regierung gestimmt hätten. Stathakis kündigt zudem an, dass die Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland noch mindestens zwei Monate bestehen bleiben sollen. Die Banken sind bereits seit zwei Wochen geschlossen.

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ATHENS PAKET ERINNERT AN ALTE FORDERUNGEN



Die griechischen Vorschläge sehen Steuererhöhungen und eine Rentenreform vor. Danach sollen etwa Reeder stärker belastet und Steuervergünstigungen für Inseln gestrichen werden. Für Griechenland wurden seit 2010 bereits zwei Rettungspakete im Volumen von 240 Milliarden Euro geschnürt. Das Bruttoinlandsprodukt ist in den vergangenen Jahren dennoch um ein Viertel eingebrochen. Am 20. Juli muss das Land 3,5 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen, die es ohne neue Hilfen kaum aufbringen kann. Bleibt die Zahlung aus, könnten spätestens dann die Nothilfen für die griechischen Banken gestoppt werden.

Reuters