Drei Rückgänge hintereinander signalisieren in der Regel eine Wende zum Schlechteren. "Die deutsche Konjunktur kühlt ab", betonte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Führungskräfte beurteilten sowohl ihre Geschäftslage schlechter als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate.

Der erneute Rückgang des wichtigsten Frühindikators der deutschen Wirtschaft säht Zweifel an einem starken Comeback am Jahresende, nachdem sie im abgelaufenen Quartal erstmals seit dreieinhalb Jahren geschrumpft ist. Dies deute auf ein Wachstum "von allenfalls 0,3 Prozent im vierten Quartal hin", sagte Fuest. "Eine schnelle Trendwende der Konjunktur ist damit unwahrscheinlicher geworden", sagte auch LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert. "Die Hoffnungen werden sich ins Auftaktquartal 2019 verschieben." Wegen massiver Produktionsprobleme der Autobauer im Zuge eines neuen Abgastests war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal um 0,2 Prozent gesunken. Das war der erste Rückgang seit dreieinhalb Jahren.

Damit dürfte die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr verfehlen. Sie rechnet bislang mit einem Plus von 1,8 Prozent, doch wäre dazu nach Berechnungen von Experten im Schlussquartal ein BIP-Anstieg von 1,3 Prozent notwendig. "Die deutsche Wirtschaft wird im Gesamtjahr mit Sicherheit nur um 1,5 Prozent wachsen", sagte Ifo-Ökonom Klaus Wohlrabe. Zudem sei die bisherige Regierungsprognose für 2019 von ebenfalls 1,8 Prozent "eine sehr optimistische Einschätzung".

"ZUSEHENDS GEGENWIND"



Die Stimmung trübte sich im November sowohl in der Industrie als auch bei den Dienstleistern, im Handel und in der Baubranche ein. "Nur noch wenige Industriefirmen erwarten eine Verbesserung in den kommenden sechs Monaten", sagte Ifo-Chef Fuest. Der exportabhängige Sektor leidet unter zahlreichen Risiken. "Es macht derzeit einfach keine Freude nach vorne zu blicken: Es droht eine Eskalation der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China beziehungsweise der EU, es droht ein Haushaltsstreit mit Italien im Vorfeld der Wahlen zum EU-Parlament und es droht der Brexit", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. "So ganz nebenbei kriselt es in einigen Schwellenländern, und härtere Sanktionen gegenüber Saudi-Arabien mit möglichen Gegenreaktionen sind nicht vom Tisch."

Europa kann die fehlende Nachfrage aus Übersee nicht wettmachen. "Aus der Konjunktur der Euro-Zone kommen keine Impulse", sagte Ifo-Experte Wohlrabe. In einem Umfeld von Protektionismus, Schwankungen an den Finanzmärkten und anfälligen Schwellenländern mache sich "zusehends Gegenwind bemerkbar", betonte EZB-Chefökonom Peter Praet in Frankfurt. Jüngste Entwicklungen deuteten daraufhin, dass das Wachstum etwas an Fahrt verliere. Die Europäische Zentralbank (EZB) sehe daher weiterhin Bedarf, für einen erheblichen geldpolitischen Impuls zu sorgen. Wenn nötig, könnten alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente angepasst werden.

Die EZB hat in Aussicht gestellt, ihre billionenschweren Anleihenkäufe zur Stützung der Konjunktur zum Jahresende einzustellen. Ab nächstem Jahr will sie keine Zukäufe mehr tätigen, sondern nur noch auslaufende Papiere ersetzen. Die Leitzinsen, die seit März 2016 bei 0,0 Prozent liegen, will sie noch bis mindestens über den Sommer 2019 hinaus nicht antasten.

rtr