Politiker in Europa wie auch Wirtschaftsvertreter begrüßten das Ergebnis. An den Märkten atmeten die Anleger auf. Eine Abspaltung mit ungewissen politischen und wirtschaftlichen Folgen hätte vermutlich für Schockwellen gesorgt.

In Schottlands größter Stadt Glasgow und andernorts jubelten die Unabhängigkeitsgegner. Bei Auszählung der Stimmen küssten sie sich und prosteten sich mit Bier und Wein zu. Auf der Seite der Abspaltungsbefürworter gab es dagegen große Enttäuschung. "Ich bin stocksauer", sagte die 16-jährige Schülerin Alexandra McKintosh mit Tränen in den Augen. "Westminster kümmert sich nicht so um Schottland, wie es sich um England kümmert. Ich traue denen nicht."

Europa braucht mehr Schottländer."

Überschrift der Pressemitteilung des stellvertretenden CSU-Vorsitzenden Peter Gauweiler. Darin begrüßt er, dass ungeachtet der Niederlage der schottischen Separatisten der "übermächtige Zentralstaat" erstmals ernsthaft in Frage gestellt worden sei.

Der Erste Minister Schottlands, Alex Salmond, trat vor einer riesigen schottischen Flagge, dem weißen Andreaskreuz auf blauem Grund, vor die Kameras und räumte seine Niederlage ein. "Ich akzeptiere das Urteil des Volkes", sagte er mit gesenktem Kopf. Die britische Regierung forderte er auf, schnell ihr Versprechen weiterer Autonomierechte für Schottland einzulösen. Cameron, den eine Abspaltung möglicherweise das Amt gekostet hätte, kündigte bis Januar einen Gesetzentwurf an, in denen den einzelnen Regionen Großbritanniens weitere Befugnisse eingeräumt würden. Dies gelte für Steuer- und Haushaltsfragen sowie das Sozialsystem.

Die Frage der schottischen Unabhängigkeit sei nun "für eine ganze Generation" geklärt, sagte Cameron vor seinem Büro in der Londoner Downing Street. Es werde keine Streitereien geben, der Wille des schottischen Volkes sei gehört worden. Auch Königin Elizabeth II. wollte sich im Laufe des Tages zu dem Referendum äußern. Sie wäre in jedem Fall schottisches Staatsoberhaupt geblieben.

Vor dem Referendum hatten sich die Gegner und Befürworter der seit mehr als 300 Jahren bestehenden Union noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Als Reaktion darauf versprach die Regierung in London mehr Mitsprache für Schottland. Den Schotten wurden in der Vergangenheit bereits Sonderrechte eingeräumt. So haben sie ihr eigenes Parlament und können Gesetze etwa für die Bereiche Bildung und Gesundheit erlassen. Vielen geht dies aber nicht weit genug. Die Nationalisten werfen der Regierung insbesondere vor, den Reichtum Schottlands zu verschwenden. Die Einnahmen aus den schottischen Ölvorkommen flössen nicht in die armen Regionen vor Ort sondern vor allem nach London.

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EU UND MÄRKTE ZEIGEN SICH ERLEICHTERT

Der scheidende EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso begrüßte das schottische "No". Das Ergebnis sei gut für ein einiges, offenes und stärkeres Europa. Schottlands Bevölkerung habe ihr Engagement für Europa bekräftigt. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy sprach von der günstigsten Option für Europa. Die spanische Regierung hatte im Falle einer Abspaltung eine Art Domino-Effekt für die nach Unabhängigkeit strebende Region Katalonien befürchtet.

Die Finanzmärkte reagierten ebenfalls erleichtert auf das Votum. Das britische Pfund legte deutlich zu, nachdem es seit Anfang September in der Spitze mehr als drei Prozent verloren hatte. Der Dax und der Londoner Auswahlindex starteten mit Gewinnen in den Handel.

"Deutsche und europäische Unternehmen können aufatmen", sagte der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier. "Es stand mehr auf dem Spiel als der Freiheitswille der Schotten." Die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Folgen einer Abspaltung wären unkalkulierbar gewesen. "Mit der Entscheidung gegen die Unabhängigkeit hat sich die schottische Bevölkerung für politische und wirtschaftliche Stabilität entschieden", erklärte auch BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber.

Die Aussicht auf ein Auseinanderbrechen der weltweit sechstgrößten Volkswirtschaft und einer Atommacht mit ständigem Sitz im UN-Sicherheitsrat hatte weit über die Insel hinaus Besorgnis ausgelöst. Ein Ja zur Unabhängigkeit hätte viele Fragen aufgeworfen. Es wäre unklar gewesen, welche Währung dann in Schottland gegolten hätte, was aus der EU- und Nato-Mitgliedschaft geworden wäre und wie die Öl-Vorkommen in der Nordsee aufgeteilt worden wären.

Reuters