Noch keine Übertreibungen bei Schulden oder Häuserpreisen



Aber dieses Konjunkturmodell gilt nicht mehr uneingeschränkt. Anders als noch bis Mitte der 80er Jahre ist die Inflation in den Aufschwüngen danach kaum noch gestiegen - und zwar nicht nur in den USA, sondern auch in den anderen entwickelten Volkswirtschaften. Die Integration Chinas in die Weltwirtschaft und der Aufbau globaler Wertschöpfungsketten haben die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer geschwächt, ohne dass der zuletzt zunehmende Protektionismus sie bereits verbessert hätte. Hinzu kommt die hohe Glaubwürdigkeit, die die Fed und andere Zentralbanken durch ihre Anti-Inflationspolitik gewonnen haben. Aufschwünge sterben heute nicht mehr, weil die Inflation stark steigt und die Fed die Zinsen kräftig anheben muss. Stattdessen wurden Rezessionen in den letzten zwanzig Jahren meist durch das Platzen von Schulden- oder Immobilienblasen ausgelöst, also dadurch, dass der Finanzzyklus überhitzte, und Unternehmen und private Hausbauer anschließend ihre Schulden abbauen mussten.

Aber unsere Berechnung des US-Finanzzyklus auf Basis der privaten Schulden und Häuserpreise zeigt noch lange keine Überhitzung (Grafik). So sind die Schulden der Unternehmen und privaten Haushalte relativ zum Bruttoinlandsprodukt und zum Verbraucherpreisindex eher niedrig. Außerdem sind die realen Immobilienpreise in den USA noch nicht übertrieben hoch, auch wenn ihr Anstieg seit fünf Jahren nicht mehr vollständig durch Einkommenszuwächse der Arbeitnehmer und andere Fundamentaldaten gedeckt ist.



Wachstumsdelle statt Rezession



Das Fehlen von Übertreibungen ist unser Hauptargument, warum wir für die USA im kommenden Jahr keine Rezession erwarten. Wir rechnen lediglich mit einer bloßen Wachstumsverlangsamung und zwar vor allem wegen der US-Fiskalpolitik. Denn die Trump-Regierung hat in diesem Jahr die Steuern massiv gesenkt und Ausgaben erhöht. Dieser Fiskalimpuls beträgt 1% des Bruttoinlandsprodukts. Weil die Steuern im kommenden Jahr nicht noch einmal so stark sinken, lässt der Schub für die Konjunktur von dieser Seite nach.

Das Wirtschaftswachstum sollte insbesondere im laufenden Winterhalbjahr schwächer ausfallen und sich später stabilisieren. Für das gesamte Jahr 2019 rechnen wir mit einem Plus von 2,5% nach 2,9% für 2018. Die Prognose für 2019 läge damit weiter etwas über dem Wachstum des Produktionspotenzials, das wir bei 1¾% sehen. Der Aufschwung setzt sich also fort. Wenn das im Verlauf des kommenden Jahres in den harten Konjunkturdaten sichtbar wird, dürfte sich der gebeutelte US-Aktienmarkt erholen - zumal er gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis nicht mehr überbewertet ist.