von Roland Klaus, Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf

Die besinnliche Adventszeit ist für viele ein willkommener Anlass, einmal zurückzuschauen. Mancher Immobilienbesitzer erinnert sich dabei mit Schrecken an eine Vorfälligkeitsentschädigung, die er gezahlt hat, um vorzeitig aus seiner Baufinanzierung auszusteigen. Dabei geht es nicht selten um etliche Tausend Euro, die die Bank kassiert hat, um den Kredit vor dem ursprünglich geplanten Ende abzuwickeln.

Mit etwas Glück können Sie sich dieses Geld zurückholen. Denn der Widerrufsjoker, mit dem Häuslebauer aus ihrem Vertrag aussteigen können, wenn dieser eine falsche Widerrufsklausel beinhaltet, kann nicht nur für laufende Kredite ausgespielt werden. Er kann auch für Kredite, die man in der Vergangenheit durch Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung beendet hat, eingesetzt werden. Beinhaltet der Kreditvertrag nämlich eine unklare oder falsche Widerrufsbelehrung, dann wurde die Vorfälligkeitsentschädigung von der Bank zu Unrecht erhoben und ist zurückzuzahlen.

Die Argumentation verläuft folgendermaßen: Ist die Widerrufsbelehrung unklar formuliert, dann weiß der Kreditnehmer nicht, wann seine üblicherweise 14-tägige Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Dies hat zur Folge, so sagen höchstrichterliche Urteile, dass die Frist überhaupt nicht zu laufen beginnt und der Vertrag auch Jahre später noch wirksam widerrufen werden kann. Juristen sprechen hier von einem sogenannten "ewigen Widerrufsrecht". Für einen Vertrag, der jederzeit widerrufen werden kann, muss der Kreditnehmer aber auch keine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen. Wurde sie bereits bezahlt, dann kann sie zurückgefordert werden - und zwar verzinst. Wer nun glaubt, dies mit einem freundlichen Schreiben an die Bank erledigen zu können, der täuscht sich. Unsere Erfahrung bei der IG Widerruf (www.widerruf.info) zeigt, dass die Banken solche Schreiben erst dann ernst nehmen, wenn sie von einem Anwalt kommen. Enthält der Vertrag aber klare Fehler, dann zeigen sich viele Kreditinstitute nach Einschaltung eines Rechtsbeistands verhandlungsbereit.

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Das heißt nicht, dass man gleich die volle Vorfälligkeitsentschädigung zurückbekommt - das gelingt meist nur vor Gericht und birgt entsprechende Risiken. Aber ein Vergleich, der die Rückzahlung eines Großteils der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung umfasst, ist durchaus realistisch. Wer dennoch die Kosten für einen Anwalt scheut, für den gibt es auch Angebote, die das Kostenrisiko ausschalten. Sogenannte Streitfinanzierer oder Prozessfinanzierer übernehmen die Kosten für Anwalt und Gericht, im Gegenzug kassieren sie einen Teil der zurückgezahlten Vorfälligkeitsentschädigung.

Der erste Schritt zum Widerruf ist stets die Prüfung der Widerrufsbelehrung in Ihrem Kreditvertrag. Dies kann kostenpflichtig bei einer Verbraucherzentrale geschehen oder kostenlos bei der IG Widerruf. Danach wissen Sie, woran Sie sind. In rund 30 Prozent der Fälle ist die Widerrufsbelehrung korrekt. Dann ist die Sache an dieser Stelle beendet. In den übrigen rund 70 Prozent weist die Klausel Fehler auf. Dann besteht Handlungsbedarf. Aber falsch ist nicht gleich falsch. Denn bestimmte Abweichungen von den Mustertexten sind so evident, dass es dazu bereits einschlägige BGH-Urteile gibt. Dann stehen die Chancen auf eine Rückzahlung sehr gut.

Andere Fehler dagegen sind eher marginal und werden von einem Richter so und von einem anderen Richter anders bewertet. Hier gilt es gut abzuwägen, ob man die möglichen Kosten für einen Rechtsstreit in die Hand nehmen will oder ob möglicherweise die eigene Rechtschutzversicherung einspringt. Unter dem Strich aber gilt: Die Chancen, sich eine in der Vergangenheit gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zumindest teilweise wieder zurückzuholen, sind gut. Es gibt zwar keinen Grund zu Übermut, aber wer nichts tut, verliert.

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Roland Klaus

Der Autor arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf. Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerruf von Kreditverträgen informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für die n-tv-Telebörse, N24 sowie CNBC.