Liebe Anlegerinnen und Anleger,

nach wie vor gibt es keinen Platz für Langeweile an den globalen Börsen - trotz der zuletzt sinkenden Schwankungsbreite der meisten Aktien und Indizes. Während sich die weltweit beachteten US-Indizes bis in die unmittelbare Umgebung ihrer bisherigen zyklischen Hochs kämpfen konnten, befinden sich der DAX und die europäischen Indizes noch in sicherer Distanz von diesem Kunststück. Trotzdem ist es nicht verwunderlich, dass Aktien die relativ betrachtet stärkste Anlageklasse bleiben, angeführt übrigens nach wie vor von den US-Aktien.

Als weitere Anlageklassen (nach Aktien) folgen Rohstoffe und Anleihen vor den abgeschlagenen Währungen.

Da relative Stärke kein Zufall ist gehe ich davon aus, dass sich in naher Zukunft wenig am positiven Aktienklima ändern wird. Nach wie vor ist das Umfeld für Investoren günstig, die möglichst in den stärksten Anlageklassen engagiert sein wollen - und welcher Anleger will das nicht?

Viele Anleger fragen sich derzeit, wer oder was die Kurse aktuell nach oben treibt und warum die bestehenden Risiken und Stolpersteine für die Konjunktur scheinbar übersehen werden?

Meiner Meinung nach werden die zahlreichen Risiken weder ignoriert noch übersehen - aber immer mehr Anleger werden förmlich in den Markt gesaugt, je stärker die Kurse steigen.

Dazu müssen wir uns wieder einmal vergewissern, dass institutionelle Investoren nicht nur die Möglichkeit haben Aktien zu kaufen, sondern auch leer zu verkaufen (ohne diese also jetzt zu besitzen). Problematisch bei derartigen meist hoch gehebelten Geschäften oder auch Absicherungen ist jedoch, das quasi unbeschränkte (Verlust) Risiko bei steigenden Kursen. Deswegen müssen an jedem freundlichen Börsentag weitere Spekulanten ihre zuvor leer verkauften Positionen wieder eindecken, also zu jetzt geltenden Kursen zurückkaufen, um Ihre Verluste zu begrenzen. Bei steigenden Börsen ist das natürlich sehr schmerzhaft und wirkt außerdem kurstreibend. Dies ist der wichtigste Grund, warum die Kurse einfach so und ohne besondere Nachrichten steigen können.

Dazu gesellen sich noch psychologische Argumente wie z.B. die Tatsache, dass bestimmte Nachrichten und Ereignisse wie der Brexit oder die nachlassende Konjunktur sich abnutzen und keinen Schrecken mehr verbreiten.

Der HDAX

Heute will ich mit Ihnen einen Blick auf den HDAX riskieren, der leider von den meisten Anlegern recht stiefmütterlich behandelt wird, obwohl er einen großen Vorteil gegenüber seinem viel bekannteren Bruder, dem DAX, aufzuweisen hat. Natürlich beziehe ich mich auf die Marktbreite des HDAX, der es auf 101 Mitglieder bringt und sich aus dem DAX, TECDAX und MDAX zusammensetzt. Dadurch werden im Vergleich zum DAX natürlich einige weitere wichtige und für uns private Anleger interessante Titel abgedeckt. Vor allem aber ist der HDAX viel repräsentativer für die Depots der meisten Anleger als der bekanntere DAX.

Dies liegt wiederum daran, dass der DAX leider nicht besonders viele innovative Technologieführer enthält, sondern ganz im Gegenteil die Vergangenheit zu repräsentieren scheint. Deshalb hat sich der marktbreite HDAX in diesem Jahr viel besser als sein großer Bruder geschlagen. Es wirkt sich nachteilig aus, dass der DAX leider vor allem Vertreter aus traditionellen Branchen und Sektoren enthält, die ihre besten Jahre schon längst hinter sich haben.

Jedenfalls wenn man mal von Wirecard absieht, die derzeit ganz eigene Probleme haben, wird der DAX von Autotiteln, Versicherungen- und Bank-Sauriern dominiert, sowie den Sanierungsfällen Bayer und Thyssen- Krupp.

Falls sich die Autoaktien und weitere zyklische Titel jetzt fangen, könnte der DAX auch global betrachtet wieder ein interessanter und starker Index werden - jedenfalls für Anleger, die sich auf die Signale der relativen Stärke konzentrieren.

Auch wenn sich die Bewegungen und der Verlauf der beiden Indizes wegen der hohen Marktkapitalisierung der DAX-Titel ähneln, bestätigt der breitere HDAX in unklaren Situationen den DAX und wirkt sogar als häufig als charttechnischer Vorläufer.

Wie der folgende Chart zeigt, kämpft aktuell der HDAX, ganz ähnlich wie übrigens der DAX, mit dem wichtigen Widerstand des zyklischen Zwischentiefs von Anfang September des vergangenen Jahres, welches sich bei etwa 6700 Punkten befindet. Diese Kursregion bis etwa zum Bereich von 7.000 ist wichtig für die Anhänger der klassischen Charttechnik, da erst dort eine stabile Bodenbildung vollendet wäre. Auf diese Problematik deutet auch die nach wie vor fallende wichtige 200- Tage- Linie, deren Neigungswinkel für viele Charttechniker von großer Bedeutung ist.

Trotzdem scheint mir der Weg frei zu sein bis zum Zwischenhoch von Ende September bei etwa 6.950, da ein markantes zyklisches Hoch ähnlich wie eine "runde Zahl" eine große Anziehungskraft auf die Investoren ausübt.

Davon einmal abgesehen sind alle gleitenden Durchschnitte intakt bzw. befinden sich unterhalb des nach oben ziehenden Index. Der einzige Schönheitsfehler ist die nach wie vor fallende 200- Tage- Linie. Zum Ausgleich wurde diese aber kürzlich erstmals seit dem vergangenen Sommer wieder von der kurzfristigen 20-Tage-Linie und vor allem vom Kurs des Index von unten überkreuzt. Ein weiteres mittelfristiges Kaufsignal würde entstehen, wenn auch die mittelfristig relevante 50-Tage-Linie diesem Beispiel folgen würde - wonach es derzeit aussieht.

Den derzeitigen "Punch" und die Überlegenheit der Nachfrage erkennen Sie auch an der positiven Kurslücke (Up-Gap), die am Widerstand des Hochs von Mitte März bei 6.600 vor wenigen Tagen aufgerissen wurde.

Auch die Markttechnik, hier der trendfolgende MACD, weisen mit einem erneuten Kaufsignal auf das Bullenlager. Da der Index oberhalb aller wichtigen gleitenden Durchschnitte notiert, spricht aktuell wenig gegen eine recht hohe Aktienquote.

Der Innere Markt signalisiert eine kurzfristige Konsolidierung

Falls Sie ab und zu meine Kolumne hier verfolgen wissen Sie, dass der folgende Indikator kein Timing- sondern ein Risikoindikator ist. Erkenntlich sind diejenigen Marktphasen, in denen sich die führende US- Börse tendenziell in einem überhitzten oder in einem überverkauften Zustand - oder irgendwo dazwischen befindet.

Genauer gesagt sehen Sie hier die Relation derjenigen an der New Yorker Börse NYSE notierten Aktien, die oberhalb ihrer wichtigen 50- Tage- Linie notieren.

Die Indikatoren des so genannten inneren Marktes zeige ich gerne als gelassene P & F Charts, da durch diese Notierung die unterschiedlichen Marktzustände besser zur Geltung kommen.

Aktuell notieren etwa 74 % der an der NYSE gehandelten Aktien oberhalb Ihres gleitenden 50- Tage- Durchschnitts. Anders ausgedrückt werden 74 % der Aktien eindeutig von der Nachfrage gelenkt und befinden sich oberhalb einer sehr wichtigen Unterstützung.

Bitte beachten Sie, dass der aktuelle Impuls leicht nach unten geneigt ist, was Ihnen die negative 0-Spalte ganz rechts zeigt. Obwohl gestern wieder 6 % weitere Aktien ihre 50- Tage- Linie zurückerobert haben, dominiert noch das Verkaufssignal. Dieses wurde durch die erste 0-Achse im März (Ziffer 3) ausgelöst, die unter die vorhergehende aus dem Februar (Ziffer 2) wanderte. Aus irgendwelchen Gründen war der Druck der Verkäufer Anfang März also größer als zuvor auf diesem Niveau. Damals dominierte übrigens kurzfristig die Angst vor der berüchtigten inversen Zinsstruktur.

Dieser Indikator zeigt uns, dass seitdem wenigstens kurzfristig die großen und Kursbestimmenden Anleger etwas zurückhaltend sind. Ebenfalls wurde im Sinne der P & F- Philosophie ein kurzfristiges Warnsignal ausgelöst als die damalige negative 0-Achse von oben unter die wichtige Marke von 70 % wanderte. Mittlerweile hat sich die Lage wieder beruhigt und wir stabilisieren uns oberhalb von 70 %. Trotzdem empfehle ich, in den kommenden Tagen diesen Indikator noch im Blick zu behalten, da sich die Verkäufer (mit abnehmender Tendenz) noch leicht im Vorteil befinden.

Nach wie vor ist eine Ausweitung der Konsolidierung nicht vom Tisch.

Bitte beachten Sie aber, dass die wichtige US- Börse nach wie vor eine sehr gesunde Marktbreite zeigt, da die hohe Anzahl von 76 % der notierten Aktien oberhalb einer wichtigen Unterstützung handeln.

Falls Sie sich für die Philosophie der P & F Charts interessieren, beachten Sie bitte auch meinen informativen wöchentlichen (Gratis) Infobrief.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit ihren Positionen und einen angenehmen Tag,

Ihr Klaus Buhl

Klaus Buhl, Geschäftsführer der Libra Invest GmbH (www.libra-invest.de), bekennender Anhänger von Point and Figure Charts und der Philosophie des "inneren Marktes".