Über die Bedeutung von aktivem Management wird gern kontrovers diskutiert; nur allzu oft bleiben vermeintlich aktiv gemanagte Fonds hinter ihren Vergleichsindizes zurück. Doch eigentlich reicht ein Blick auf die Untersuchung des US-Finanzwissenschaftlers Hendrik Bessembinder aus dem Jahr 2017, um zum Kern zu kommen. In seiner Studie "Do Stocks Outperform Treasury Bills?" hatte der Professor der Arizona State University belegt, dass die Nettogewinne am US-Aktienmarkt von 1926 bis heute vor allem auf die Entwicklung von lediglich vier Prozent der am besten performenden Aktien zurückzuführen war. Bessembinders Untersuchung zeigt eindrucksvoll, dass Investments in einen breiten Markt mitunter zwar rentabel sein können, jedoch kaum in der Lage sind, überdurchschnittliche Renditen zu erwirtschaften.

Das gilt - wie Untersuchungen unseres Hauses bestätigt haben - auch für die europäischen Aktienmärkte. Auch hier gehören nur wenige Aktienwerte zu den wirklichen Performancetreibern. Der Gesamtanteil liegt zwischen zehn und 15 Prozent. Das ist nicht schlecht und zeigt, dass Europa aus Sicht von Stockpickern nicht abgeschrieben, sondern aktiv angegangen werden sollte. Wie aber kann es gelingen, diejenigen Unternehmen mit dem größten Gewinnerpotenzial zu identifizieren? Im Jargon der Wall Street gelten Unternehmen als sogenannte Tenbaggers, wenn es ihnen gelingt, ihren Börsenwert mindestens zu verzehnfachen. Um den Tenbaggers in Europa auf die Spur zu kommen, wurden von 1988 bis zum Jahr 2018 Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mindestens 750 Millionen US-Dollar ins Visier genommen, die ihren Marktwert innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zumindest verzehnfachen konnten. Am Ende stand eine Liste mit 94 Unternehmen, die Aufschluss darüber gibt, was ein Gewinnerunternehmen ausmacht.

Intuitiv sollte man meinen, dass die großen Börsenstars vor allem durch ein rasantes Absatzwachstum glänzen. Bei näherer Betrachtung erscheint dieser Aspekt allerdings überbewertet. Denn bei lediglich rund 30 Prozent der europäischen Gewinnerunternehmen ging die Steigerung des Börsenwerts mit einem markant hohen Absatzwachstum einher. Es lohnt daher, auch auf andere Faktoren zu schauen, die das Gewinnwachstum beflügeln können. So lassen sich Gewinnmargen durch ökonomische Skaleneffekte, Innovationen oder die Fähigkeit zur Preisdurchsetzung am Markt erhöhen. Auch die Größe eines Unternehmens scheint ein Erfolgsfaktor zu sein. Small Caps finden sich jedenfalls auffallend oft bei den Gewinnern. Das kann unter anderem daran liegen, dass gerade in Europa eine Vielzahl von mittelständisch geprägten Firmen zu finden ist, die im Gegensatz zu großen Unternehmen am Markt unternehmerischer und wendiger agieren können. Dies hat eine höhere Innovationskompetenz kleiner Unternehmen zur Folge. Sie können dann nicht selten als "Hidden Champions" an den Weltmärkten glänzen.

Ob ein Unternehmen das Zeug dazu hat, in die Liga der Tenbaggers aufzusteigen, zeigt sich auch durch einen Blick darauf, wie es geführt wird. Hierbei lässt sich erkennen, dass Firmen besonders performen, wenn Unternehmerpersönlichkeiten beziehungsweise engagierte Privatpersonen eine enge Verbindung zum Unternehmen haben und dieses nicht allein durch angestellte Manager geleitet wird. Eine solche Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen unserer Untersuchung. So war in 60 Prozent der Fälle eine enge Verbindung von Gründern, Familien oder persönlich beteiligten Insidern mit dem Unternehmen festzustellen. Wie am US-Aktienmarkt treiben auch in Europa lediglich wenige Aktienwerte die Marktrendite. Diese Tenbaggers versprechen langfristig ausgerichteten Investoren überdurchschnittliche Renditen. Deshalb sollten Anleger neben den Wachstumstreibern und der Größe eines Unternehmens auch auf die Eigentümer- und Managementstruktur schauen.

Über Stephen Paice

Paice studierte Mathematik und ist Head of European Equities beim schottischen Asset Manager Baillie Gifford sowie Co-Manager der Fonds Baillie Gifford’s European und Baillie Gifford European Growth Trust. Baillie Gifford wurde 1908 gegründet, und verwaltet 258 Milliarden Euro für vornehmlich institutionelle Kunden mit langfristiger Anlageperspektive. Seit 2019 ist Baillie Gifford auch in Deutschland vertreten.