von Jörn Schiemann, IKB Deutsche Industriebank

Kaum eine Börsenweisheit ist zutreffender als der Rat, niemals alle Eier in einen Korb zu legen. Schon vor über 60 Jahren hat der spätere Nobelpreisträger Harry Markowitz als Begründer der modernen Portfoliotheorie nachgewiesen, dass eine breite Diversifikation das Anlagerisiko senkt. Dies gilt insbesondere für Anlageklassen, deren Renditen nur gering miteinander korrelieren, wie es bei Aktien und Anleihen üblicherweise der Fall ist. Trotz des aktuell niedrigen Zinsniveaus kommen deshalb auch passionierte Aktienanleger eigentlich nicht darum herum, je nach Risikoneigung einen mehr oder weniger großen Teil ihres Vermögens in festverzinsliche Wertpapiere zu investieren. Unbedingt im Auge behalten sollten sie dabei allerdings das Zinsänderungsrisiko, dem sich insbesondere Besitzer von Schuldverschreibungen mit längeren Laufzeiten ausgesetzt sehen. Denn ein steigendes Marktzinsniveau führt in der Regel zu Kursverlusten bereits emittierter Anleihen.

In den USA sollten die zunehmende Beschäftigung und der sich daraus aufbauende Lohnkostendruck voraussichtlich zu einer ersten Zinsanhebung der Federal Reserve Bank seit über sechs Jahren führen. Da Notenbanken generell in Zyklen agieren, wäre die Zinswende damit zumindest angedeutet. Ein erster Schritt in diese Richtung ist schon in diesem Jahr zu erwarten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird dagegen geraume Zeit an ihrer derzeitigen Geldpolitik festhalten. Für die nächsten Monate geht sie weiterhin von einer konjunkturellen Erholung der EU-Staaten und einer nur moderat steigenden Inflationsrate aus, die zum Jahresende aber anziehen sollte. Der Leitzins wird einige Zeit auf seinem historisch niedrigen Niveau von 0,05 Prozent verharren. Die Einlagenfazilität - der Zinssatz, zu dem die Geschäftsbanken kurzfristig nicht benötigtes Geld bei der EZB anlegen können - wird noch länger negativ bleiben (aktuell minus 0,2 Prozent).

Dennoch werden sich die Renditen lang laufender Anleihen auch hierzulande sukzessive nach oben bewegen. In den kommenden sechs Monaten rechnet die IKB Deutsche Industriebank AG bei zehnjährigen Bundesanleihen mit einem Renditeanstieg auf bis zu ein Prozent. Bis Ende 2016 könnte der entsprechende Wert sogar auf 1,5 Prozent zulegen, vor allem wenn sich die erwartete Konjunkturerholung in der Eurozone bestätigen sollte. Das mag auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, die Folgen für die Kursentwicklung der Papiere sind allerdings keineswegs zu unterschätzen. Allein der Renditeanstieg auf etwa ein Prozent führt bei zehnjährigen Staatsanleihen zu Kursverlusten von rund vier Prozentpunkten. Bei einem Renditesprung auf 1,5 Prozent beträgt der Kursrückgang sogar über acht Prozentpunkte. Privatanleger sollten deshalb beim Anleiheerwerb auf relativ kurze Laufzeiten von zwei bis maximal vier Jahre zurückgreifen. Dies ist ein überschaubarer Zeitraum. Selbst bei einem vorzeitigen Verkauf sind keine größeren Kursverluste zu befürchten.

Attraktive Renditeaufschläge gegenüber deutschen Staatspapieren bieten Bankanleihen mit kurzen (Rest-)Laufzeiten. So werfen die Anleihen einiger weniger Banken bei Fälligkeit im August 2017 aktuell bis zu 1,3 Prozent Rendite ab. Bei Restlaufzeiten von drei oder vier Jahren liegt die jährliche Verzinsung von Anleihen ausgewählter Institute sogar bei bis zu 1,4 beziehungsweise 1,7 Prozent. Solche Anleihen können während der Zeichnungsfrist bei der ausgebenden Bank gezeichnet werden. Nach ihrer Begebung ist ein Kauf über die Börse zum jeweiligen Börsenkurs möglich. Die Stückelung liegt in der Regel bei 1000 Euro nominal, sodass sich die Papiere zur Anlage überschaubarer Sparbeträge eignen. Dabei erfolgt die Rückzahlung bei Fälligkeit immer zum Nominalwert, die Zahlungsfähigkeit der ausgebenden Bank vorausgesetzt. Wie der Kauf ist ein Verkauf (dann gegebenenfalls unter pari) über die Börse jederzeit möglich. Anders als Sparbriefe oder Festgelder bieten Anleihen somit Flexibilität bei der Kapitaldisposition.

Jörn Schiemann

Jörn Schiemann ist Direktor im Bereich Treasury bei der IKB Deutsche Industriebank AG und zuständig für die IKB-Wertpapiere. Die IKB bietet mittelständischen Unternehmen Kredite, Kapitalmarkt- und Beratungsdienstleistungen sowie Risikomanagement. Das Angebot für Privatanleger umfasst neben dem 2011 gestarteten klassischen Einlagengeschäft seit 2012 auch Anleihen wie Festzins- und Stufenzinsanleihen.