Politiker aus aller Welt haben sich kürzlich bei den Vereinten Nationen in New York versammelt, um die Fortschritte beim Kampf gegen den Klimawandel zu bewerten und neue Verpflichtungen zur Emissionsminderung zu beschließen. Betrachtet man das Ausmaß der Klimakrise, kommen wir nicht annähernd so schnell voran wie nötig. Um den Wandel zu beschleunigen, brauchen wir die Bemühungen aller Beteiligten - sowohl aus dem öffentlichen als auch aus dem privaten Sektor.

Glücklicherweise gibt es bereits eine wachsende Koalition privater Akteure, die sich über die Arbeit der Finanzierungsinitiative CFLI (Climate Finance Leadership Initiative) dem Kampf gegen den Klimawandel widmet. Unter der Leitung von Michael Bloomberg, dem UN-Sonderbeauftragten für Klimapolitik, wurde die CFLI gegründet, um auf globaler Ebene privates Kapital zu mobilisieren. In diesem Monat veröffentlichte die CFLI einen neuen Bericht, der die Möglichkeiten beschreibt, wie grüne Finanzierungen umfangreich genug werden können, um den reibungslosen Übergang hin zu einer kohlenstoff­armen Wirtschaft zu unterstützen.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist weltweit der größte multilaterale Investor für klimabezogene Projekte. Nun aber wollen wir als Antwort auf den Aufruf der europäischen Staats­chefs und der zukünftigen Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, unsere Bemühungen noch vergrößern und die Rolle der EIB als spezialisierte Klimabank der Europäischen Union stärken. Indem sie klimabezogene Themen etabliert und entsprechende Finanzierungsmaßnahmen bündelt, kann die EIB im nächsten Jahrzehnt mindestens eine Billion Euro in kohlenstoffarme Projekte investieren.

Dazu werden bis 2025 mindestens 50 Prozent der EIB-Finanzen der ökologischen Nachhaltigkeit und dem Kampf gegen den Klimawandel gewidmet. Und bis Ende 2020 werden wir all unsere Finanzierungsaktivitäten auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens ausrichten. Ein wichtiger erster Schritt besteht darin, unsere Energieprojekte, die von fossilen Energieträgern abhängen, auslaufen zu lassen. Und wir werden die EIB als Inkubator für grüne Finanzierung und Expertise positionieren, um andere Akteure zu mobilisieren und damit allen Volkswirtschaften zu helfen, den Übergang in eine kohlenstoffarme Zukunft zu bewältigen.

Als Bank der EU ist es unsere Mission, in Europas Zukunft zu investieren, und dabei ist kein anderes Thema so wichtig wie der Klimawandel. Die Stärke unserer Entschlossenheit spiegelt die Dringlichkeit der Klimakrise wider. Überschwemmungen und andere klimatisch bedingte Phänomene gefährden nicht nur Menschenleben, sondern kosten die Städte jährlich Milliarden. Aber die Klimakrise bietet auch neue Möglichkeiten: Die Finanzierung grüner Infrastruktur schafft Arbeitsplätze, kurbelt das Wirtschaftswachstum an und verringert die Luftverschmutzung.

Veränderte Investitionsmuster werden die Abkehr von den fossilen Energien, die bereits jetzt im Gang ist, noch beschleunigen. Die Marktkräfte entscheiden sich immer weniger für fossile Energieträger und immer mehr für saubere Energie. Seit 2011 wurde über die Hälfte der Kohlekraftwerke in den Vereinigten Staaten in Rente geschickt, und das Land verfügt nun über 3,3 Millionen Arbeitsplätze im Bereich der sauberen Energien - verglichen mit weniger als 100.000 im Kohlebergbau. Darüber hinaus haben sich immer mehr Städte und Bundesstaaten in den USA verpflichtet, bis 2050 Nettonullemissionen zu erreichen. Dabei werden sie von Beyond Carbon unterstützt, einer Initiative, die voriges Jahr von Bloomberg Philanthropies gegründet wurde, um sich für die vollständige Dekarbonisierung der US-Wirtschaft einzusetzen.

Investitionen in den Wandel bringen umfassende Renditen


Als internationale Gemeinschaft müssen wir nicht nur die Investitionen in saubere Energien verstärken, sondern auch die Finanzierung schmutziger Energien beenden. Momentan bezahlen wir dadurch, dass wir fossile Energieträger subventionieren, den Klimawandel und die Luftverschmutzung. Diese öffentlichen Gelder müssen in Elektrofahrzeuge und andere moderne Technologien fließen, die den grünen Wandel fördern. Solche Investitionen bringen umfassende Renditen - nicht zuletzt deshalb, weil sie den enormen Schaden der Luftverschmutzung für die öffentliche Gesundheit verringern.

Darüber hinaus gibt es einige zusätzliche Schritte, die wir unternehmen können, um die nötige Finanzierung zu sichern. Erstens müssen wir die Daten verbessern und die nötigen Standards offenlegen. Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial ­Disclosures helfen Unternehmen, ihr Kapital nachhaltiger einzusetzen, und den Investoren, Firmen zu belohnen, die den Klimawandel ernst nehmen.

Zweitens müssen wir die Investitionsrisiken klären, die mit grüner Finanzierung einhergehen. Die Städte sind für über 70 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, aber nur wenige Metropolen in den Entwicklungsländern ­verfügen über eine Einschätzung ihrer Kreditwürdigkeit. Darunter leiden die Investitionen in saubere Massenverkehrsmittel, energieeffizientes Bauen und andere Projekte zur Emissionsminderung. Um den Städten zu helfen, Kapital für solche Projekte zu beschaffen, können die Regierungen und öffentlichen Banken viel mehr tun - über Initiativen wie den Globalen Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie, den die EIB unterstützt und den Bloomberg Philanthropies mit leitet.

Drittens müssen wir das Stromnetz modernisieren. Anreize wie Preisnachlässe und Steuererleichterungen führten bereits zu mehr Wind- und Solar­energie und damit zu sinkenden Kosten für Unternehmen und Endkunden. Jetzt sollten wir ähnliche Programme einführen, um die Bereitstellung von Speicherkapazitäten und anderen Technologien zu beschleunigen, mit denen wir die Probleme des Übergangs lösen können.

Und schließlich müssen wir den Markt für grüne Investitionen weiter vergrößern. Seit 2007, als die EIB an der Luxemburger Börse die weltweit ersten grünen Anleihen emittierte, ist der Markt für solche Papiere auf über 136 Milliarden Dollar gewachsen. Aber auf dem weltweiten Anleihemarkt, der 100 Billionen Dollar umfasst, ist dies immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Also hilft die EIB der EU dabei, eine Standardklassifizierung für nachhaltige Finanzen zu entwickeln, damit Investoren Äpfel mit Äpfeln vergleichen können. Mit mehr und besseren Informationen können Investoren qualifizierte Entscheidungen treffen und damit mehr private Gelder in kohlenstoffarme Projekte leiten. So finanzieren wir den grünen Wandel.

Kurzvita

Werner Hoyer
Präsident der Europäischen Investitionsbank
Von 1994 bis 1998 war Werner Hoyer Staats­minister im Auswärtigen Amt und von 2002 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestags­fraktion. Er ist seit 2012 Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB). Seit 2012 ist Hoyer zudem Präsident des Instituts für Europäische Politik.