Punkt 1: Artikel 75 der italienischen Verfassung verbietet ein Referendum über internationale Verträge. Italien müsste die Verfassung ändern, bevor ein Referendum über den Euro-Austritt erlaubt wäre. Dazu bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Parlament, die sich auch bei der neuen Regierung nicht erreichen lassen wird.

Punkt 2: Die Regierung verlangt von der Europäischen Zentralbank (EZB) einen Schuldenerlass von 250 Milliarden Euro. Die EZB hat bis heute bereits italienische Staatsanleihen in Höhe von etwa 350 Milliarden Euro aufgekauft - Schulden, die Italien niemals zurückzahlen kann. Deshalb muss die EZB bei Fälligkeit der Bonds diese immer wieder verlängern. Das gilt ebenso für andere europäische Anleihen. Ohne die EZB-Hilfe wären Italien und andere EU-Länder schon längst bankrott. Die Geldpolitik der EZB läuft auf einen faktischen Schuldenerlass hinaus, ohne dass Italien und andere Länder ihn extra einfordern müssen.

Punkt 3: Trotz des Ausgabenprogramms der neuen Regierung bleibt die EZB der Garant dafür, dass Italien nicht in eine Staatsschuldenkrise stürzen wird. Sollte der Euro wegen Italien oder eines anderen Landes in Gefahr geraten, haben die Währungshüter Maßnahmen getroffen, um einen Kollaps zu verhindern. Das Outright Monetary Transaction Program sieht vor, dass die EZB notfalls unbeschränkt italienische Staatstitel kaufen kann.

Punkt 4: Italiens Banken sitzen auf faulen Krediten in Höhe von 350 Milliarden Euro, die Jugendarbeitslosigkeit beträgt 30 Prozent. Das Land braucht dringend Wachstum, um Schulden abbauen und seine Probleme angehen zu können. Aber Wachstum ohne neue Schulden gibt es nicht. Die Europäer müssen Italien unterstützen, ob sie wollen oder nicht. Unsere Bundeskanzlerin spricht zum ersten Mal von einem Investitionsplan in zweistelliger Milliardenhöhe für strukturschwache Länder. Für Italien wäre dies nur ein Tröpfchen auf den heißen Stein. Besser wäre eine Art Marshallplanhilfe für Europa von mindestens 1000 Milliarden Euro. Dies lässt sich aber nicht mit EU-Steuergeldern finanzieren. Hierzu bedarf es der Unterstützung durch die EZB.

Punkt 5: Japan hat eine Staatsverschuldung von 250 Prozent. Die dortige Notenbank hat mittlerweile fast die Hälfte aller japanischen Staatsanleihen aufgekauft. Ohne diese Hilfe wäre das Land bankrott. Die USA haben eine Staatsverschuldung von 110 Prozent zum Bruttosozialprodukt erreicht und sind mit mindestens 10 000 Milliarden US-Dollar der größte Auslandsschuldner der Welt. Trotzdem sind die Währungen der beiden Länder nicht zusammengebrochen. Die EU-Staaten sind mit nur 85 Prozent zum EU-Bruttosozialprodukt verschuldet. Wieso sollte da nur wegen Italien der Euro kollabieren?

Punkt 6: Von 1946 bis heute hatte Italien 64 Regierungen. Es ist fraglich, wie lange die aktuelle bestehen wird. Ob sie ihr Ausgabenprogramm ohne Unterstützung ihrer europäischen Partner zeitlich überhaupt durchsetzen kann, ist völlig offen.

Fazit: Italien wird in den nächsten Monaten für weitere Turbulenzen an Europas Börsen sorgen. Das Land wird mit allen Mitteln versuchen, die EU unter Druck zu setzen. Wahrscheinlich kommt es irgendwann zu einem Kompromiss. So könnte Italien etwa das Haushaltsdefizit zeitweise erhöhen dürfen. Wegen der Italien-Krise allein sehen wir keine dauerhafte Gefahr für Ihr Vermögen. Ein Handelskrieg mit den USA wäre viel gefährlicher. Wir bei PSM bleiben zuversichtlich, dass die EU sich mit Italien verständigen und das Land nicht aus der Währungsunion austreten wird. Die populistische Regierung könnte der Anstoß dafür sein, dass Italien und auch Frankreich darauf drängen, dass Deutschland im Interesse strukturschwacher EU-Staaten seine Sparpolitik aufgibt. Eine stärkere Wachstumspolitik in Europa könnte die Börsen erneut beflügeln. Für uns als Vermögensverwalter ergeben sich dann wieder neue Einstiegschancen.

Eckart Langen von der Goltz: Ist Gründer und Gesellschafter der PSM Vermögensverwaltung GmbH mit Sitz in Grünwald bei München. Das Unternehmen zählt zu den ältesten privaten Vermögensverwaltungsgesellschaften in Deutschland und ist bekannt für seine treffsicheren Prognosen.