Die Konflikte drehen sich zum einen um die Flüchtlingspolitik, da sich die rechtspopulistische Lega für eine besonders harte Gangart gegen Zuwanderung ausspricht. Zum anderen gibt es einen größeren Dissens sowohl in der Wirtschafts- als auch in der Finanz- sowie der Verkehrspolitik. Während die Lega das Regierungsvorhaben zum Grundeinkommen eher widerwillig mitträgt, wehrt sich die linkspopulistische M5S gegen teure Infrastrukturprojekte wie die Bahnverbindung zwischen Turin und Lyon (Gesamtkosten: 26 Mrd. Euro).

Zwar bestreiten beide Regierungspartner bislang, mit einem Bruch der Koalition zu liebäugeln. Die Lega lotet Medienberichten zufolge aber bereits ein alternatives Rechtsbündnis mit Forza Italia und den rechtsnationalen "Brüder Italiens" nach etwaigen Neuwahlen aus. Auf Basis der aktuellen Wahlumfragen könnte ein Rechtsbündnis mit rund 45% der Stimmen rechnen. Da 36,8% der Sitze aber über ein Mehrheitswahlrecht vergeben werden, könnten die derzeitigen Zustimmungswerte der rechten Parteien für eine absolute Mehrheit der Parlamentssitze reichen. v Aus Marktsicht wäre ein Bruch der Koalition ein zweischneidiges Schwert: Einerseits nähme im Fall von Neuwahlen die politische Unsicherheit schlagartig zu, was Investoren zunächst meist mit steigenden Risikoprämien quittieren. Andererseits würde die Mehrheit der Anleger eine Regierung mit nur einer populistischen Kraft bevorzugen, da sich M5S und Lega dann nicht mehr in einem Überbietungswettbewerb von Sozialleistungen und Steuersenkungen befänden und das Haushaltsdefizit weniger hoch ausfallen könnte. Im direkten Vergleich der beiden größten politischen Kräfte in Italien gilt die Lega trotz ihrer migrationskritischen Haltung überdies als marktfreundlicher - auch wegen ihrer Ideen zur Senkung der Unternehmenssteuern. Aktuell lasten allerdings die schlechten wirtschaftlichen Daten auf den Risikoaufschlägen italienischer Bonds gegenüber Bundesanleihen. Italien fiel im zweiten Halbjahr 2018 nicht nur in eine technische Rezession, auch die Frühindikatoren sind auf Kontraktionsniveau gefallen - ein weiterer Grund für Investoren, zuletzt mit erhöhter Vorsicht zu agieren.

Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.