Die Fed gibt alles. In einer erneuten Notsitzung senkte die US-Notenbank in der Nacht zum Montag die Leit-zinsen um einen vollen Prozentpunkt auf die neue Spanne von null bis 0,25 Prozent. Ein Paukenschlag. Denn die aktuellen Sätze sind damit so niedrig wie während der Finanzkrise 2008/09. Außerdem war es der größte "Emergency Cut" seit 1984. Dass sich die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell nur drei Tage vor ihrer regulären Sitzung zu einem solchen Schritt gezwungen sahen und die Sitzung vorzogen, ist ebenfalls bemerkenswert. Ohnehin gibt es außerplanmäßige Senkungen nur in absoluten Krisenzeiten.

Schon Anfang des Monats hatte die Fed die Zinsen um 50 Basispunkte gesenkt. Dieses Mal kommt aber noch ein QE-(Quantitative Easing-)Programm dazu: Über Anleihekäufe wird massiv Liquidität in den Markt gepumpt. Via Podcast sprach Fed-Chef Powell von einem Volumen von 700 Milliarden Dollar. "Die Maßnahmen, die wir heute angekündigt haben, werden amerikanischen Familien und Unternehmen, ja unserer gesamten Wirtschaft helfen, diese schwierige Zeit zu überstehen", sagte Powell. Der virusbedingte Stillstand habe signifikante Effekte auf das Wirtschaftswachstum. Markantes Schlusswort: Die Fed, so -Powell, "ist noch nicht am Ende ihrer Maßnahmen angelangt".

Genutzt hat die Aktion zunächst aber nichts. Nachdem sich die wichtigsten Indizes am vorigen Freitag noch deutlich erholt hatten, ging es am Tag nach der Zinssenkung mit brachialer Gewalt weiter nach unten. Vermutlich sogar gerade weil die Fed den regulären Sitzungstermin nicht abwarten wollte und vorgeprescht ist. Die Notenbank weiß um die schwierige Lage, hat die Gefahren erkannt: eventuell platzende Kredite, Banken in Not, eine Rezession. Darum legt sie ein historisch beispielloses Tempo vor. Damit kann man Investoren letztlich aber auch verschrecken. Flapsig formuliert: Wenn das Leittier Panik zeigt, dreht die Herde durch.

Die Lage bleibt daher schwierig. "Wir erleben derzeit vier Schocks auf einmal", sagt Pimco-Ökonom Joachim Fels, "einen Angebotsschock wegen unterbrochener Lieferketten, die Störung der Nachfrage, die Gefahr einer Kreditklemme, weil Banken vorsichtiger bei der Kreditvergabe werden, und den starken Verfall des Ölpreises." In letzter Konsequenz bedeutet das: Das Risiko von Insolvenzen steigt, und gleichzeitig sind viele Arbeitsplätze in Gefahr. Für den Ökonomen Feld ist daher klar: "Eine Rezession ist unausweichlich. Wie schwer sie verläuft, hängt davon ab, wie schnell das Virus unter Kontrolle gebracht werden kann."

Für Anleger bedeutet dies, weiter extrem vorsichtig zu sein. Denn in Rezessionsphasen fällt eine Korrektur an den Aktienmärkten immer deutlich heftiger aus als eine Korrektur ohne Rezession. Zur Verdeutlichung: Sieben Rezessionen seit den 1950er-Jahren gab es in den USA. Im Schnitt verlor der Leitindex S & P 500 in diesen Phasen 37 Prozent vom Hoch zum Tief. Am schlimmsten fielen die Korrekturen in den Nullerjahren aus. In der Finanzmarktkrise 2008 waren es 56 Prozent, das Platzen der Dotcom-Blase verursachte ein Minus von 49 Prozent. Milder waren die Rezessionen in den 80er- und 90er-Jahren mit Verlusten von 27 und 30 Prozent.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com