Dividenden sind gerade für Börsenneulinge wichtig, weil einfach und verständlich: eine regelmäßige Ausschüttung, die viele Anfänger mit dem Zinsertrag einer Anlage bei der Bank vergleichen. Aber gerade besonders hohe Dividenden sind oft irreführend. Denn Renditen von sechs, sieben oder acht Prozent ergeben sich meist nur dann, wenn der Aktienkurs zuvor stark eingebrochen ist - in der Regel, weil das Unternehmen in Schwierigkeiten steckt.

Man kann natürlich trotzdem auf hohe Dividenden abzielen, so wie mit der Strategie "Dogs of the Dow", bei der Anleger regelmäßig die Aktien mit der höchsten Rendite kaufen und darauf hoffen, dass das Unternehmen die Kurve bekommt, die Dividende bezahlen kann und der Kurs stark steigt. Aber es gibt auch eine Alternative: Dividenden-Aristokraten.

So bezeichnen Börsianer Aktien mit Dividendenkonstanz, Unternehmen, die Jahr für Jahr die Dividendensumme steigern. Anleger, die nur Aktien kauften, welche die längste Anzahl von Jahren ununterbrochen ihre Ausschüttungen steigern konnten, fuhren sehr gut mit dieser einfachen Aktienauswahl. Untersuchungen zeigen, dass die Strategie der Dividend Aristocrats in der Vergangenheit eine deutlich Outperformance generierte. Langfristige Renditen von zwölf Prozent und mehr waren möglich.

Der entsprechende Aktienindex "Dividend Aristocrats", der stets in die Aktien des US-Index S & P 500 investiert, die mindestens 25 Jahre lang ihre Dividenden jedes Jahr erhöht haben, lieferte in den vergangenen Jahren über elf Prozent pro Jahr (mit Dividenden), schlug damit den S & P deutlich (rund neun Prozent pro Jahr) und das bei weitaus geringeren zwischenzeitlichen Kurseinbrüchen.

Das Erfolgsrezept: Dividenden-Aristokraten haben meist ein sehr stabiles Geschäftsmodell, sind in zumindest moderat wachsenden Märkten unterwegs und das Management handelt einigermaßen im Sinne der Aktionäre, und zwar langfristig. Klingt einfach - aber oft sind es die einfachen Dinge, die an der Börse langfristig funktionieren.

Global gibt es aktuell 70 Unternehmen, die 25 Jahre oder mehr in Folge ihre Dividenden gesteigert haben. Sie kommen meist aus den USA: Klassiker wie Coca-Cola und PepsiCo, Johnson & Johnson, McDonald’s, ExxonMobil und Chevron sowie der Hidden Champion VF Corporation. Auch völlig unbekannte Unternehmen wie conEdison (Energie), Community Trust Bancorp oder PPG Industries (Lacke) gehören dazu.

In Europa haben nur fünf Unternehmen, davon drei britische, mehr als 24 Jahre in Folge ihre Dividenden gesteigert, darunter Nestlé. Roche kommt immerhin auf 22 Jahre Dividendensteigerung. Unbekannte Unternehmen mit langjähriger Dividendenhistorie sind in Großbritannien zu finden wie der Dienstleistungs-Outsourcer Capita Group, Spirax-Sarco Engineering (Dampf und industrielle Flüssigkeiten) oder Spectris (Anzeigen und digitale Komponenten).

In den vergangenen Jahren stiegen die Aktien vieler qualitativ hochwertiger Aristokraten stark, die aktuellen Dividendenrenditen liegen häufig unter drei, teilweise unter zwei Prozent. Günstig bewertet sind Aristokraten nicht mehr, sodass Sie vielleicht besser von einer zukünftigen Rendite von langfristig acht Prozent ausgehen. Aber das wäre ja auch etwas.

Max Otte: Der in Princeton promovierte Ökonom lehrt nach Tätigkeiten an den Hochschulen Worms, Boston und Würzburg heute an der Universität Graz und ist als Vermögens- und Fondsberater tätig. Er ist Mitbegründer des Instituts für Vermögensentwicklung und des Zentrums für Value Investing.

Hinweis: Die von Max Otte beratenen Fonds Max Otte Vermögensbildungsfonds und PI Global Value Fonds sind in VF Corporation und Capita Group investiert.

Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des wöchentlichen Börsenbriefes DER PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer sowie Hauptgesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH.