Vor zehn Jahren machten Finanzunternehmen ein Drittel der Gewinne aller börsennotierten Unternehmen in den USA. Dann kam die Finanzkrise. Heute ist der Sektor zu großen Teilen ein Schatten seiner selbst. Der Europäische Bankenindex dümpelt bei ungefähr 40 Prozent seines Vorkrisenhochs. Viele Institute bringen nur noch zehn Prozent des Marktwerts, den sie vor der Krise hatten, auf die Waage. Etliche Geldhäuser wurden bereits reorganisiert oder geschlossen, zum Beispiel Banco Espírito Santo in Portugal, Banco Popular in Spanien und Monte dei Paschi di Siena in Italien.

Die Aktien der Deutschen Bank und der Commerzbank notieren bei der Hälfte oder weniger ihres Buchwerts. Zahlreiche Kapitalerhöhungen haben die Anteile für Altaktionäre verwässert. Und nicht immer wurde das Geld sinnvoll eingesetzt. Bei der Deutschen Bank entsprechen die zwischen 2008 und 2014 durch mehrere Kapitalerhöhungen eingesammelten 20 Milliarden Euro ungefähr der Höhe der Boni in diesem Zeitraum. Auch Aktien gut geführter Banken wie der spanischen Banco Santander machten Anlegern nicht wirklich Freude und brachten heute - selbst wenn man Dividenden mit einrechnet - auf Sicht von zehn Jahren keinen Wertzuwachs.

Die Branche hat ein perfekter Sturm erwischt. Da sind einerseits hohe Abschreibungen auf schlechte Investments vor der Krise. Andererseits erlebt die Branche eine Flut von planwirtschaftlichen Vorschriften, deren Erfüllung viel Geld und Profitabilität kostet. Das alles in einer Zeit, in der aufgrund der Nullzinsen mit klassischem Kreditgeschäft kaum Marge zu machen ist. Zudem sind mit der Digitalisierung viele neue Konkurrenten erwachsen. Immer größere Teile des Zahlungsverkehrs gehen den Banken verloren und werden von E-Pay-Gesellschaften oder den E-Commerce-Unternehmen selbst abgewickelt. Der Anteil der Nichtbanken am Finanzdienstleistungssektor ist in der EU von 43 Prozent im Jahr 2008 auf 55 Prozent Anfang 2017 gestiegen.

Trotzdem wird es auch in zehn Jahren noch Banken geben. Sie sind integraler Bestandteil einer modernen Wirtschaft.Und in einem so ausgebombten Sektor finden sich oftmals interessante Investments. Beispiel Royal Bank of Scotland: Seit der Finanzkrise sind die Erträge um 80 Prozent zurückgegangen. Das englische Institut wurde aber radikal restrukturiert und arbeitet seit einigen Quartalen wieder profitabel. Die Bank macht jetzt einen klaren Schritt Richtung E-Banking und schließt 259 Filialen.

Bei der Deutschen Bank und der Commerzbank sind weitere schlechte Nachrichten nicht unwahrscheinlich und es sind wohl weitere Restrukturierungen nötig. Aber beim jetzigen Kurs können beide Aktien durchaus gute konträre Investments sein. Weniger riskant ist die Aktie der Svenska Handelsbanken. Sie hat schon umfangreiche Erfahrungen mit der bargeldlosen Gesellschaft in Schweden gemacht, ist also auf neue Trends ausgerichtet. Ihre Filialleiter können viele Entscheidungen autonom treffen und werden an der Kreditausfallquote gemessen, die eine der niedrigsten im Bankensektor überhaupt ist. Nach einer Kursdelle macht eine Dividendenrendite von 4,5 Prozent die Aktie zu einem interessanten Investment.

Max Otte
Der in Princeton promovierte Ökonom lehrte nach Tätigkeiten an den Hochschulen Worms, Boston und Würzburg zuletzt an der Universität Graz. Er ist ordentlicher Professor an der Hochschule Worms und als Vermögens- und Fondsberater tätig. Otte ist Mitbegründer des Instituts für Vermögensentwicklung und des Zentrums für Value Investing. Er schreibt an dieser Stelle jeden Monat über die aktuelle Börsenentwicklung und Leitlinien für erfolgreiches Anlegen.

Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des wöchentlichen Börsenbriefes DER PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer sowie Hauptgesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH.