Obwohl der Gesetzgeber - zumindest im Finanzsektor - regulierend eingegriffen hat, sind Managergehälter weiterhin ein Politikum. Die öffentlich diskutierten Beispiele kommen nun halt aus anderen Sektoren der Wirtschaft. Neu ist, dass sich auch unter Investmentprofis und institutionellen Investoren immer mehr Widerstand regt. Das ist gut so. Schließlich sind sie es, die treuhänderisch die Interessen der Aktionäre vertreten, die in Fonds für ihre Altersvorsorge sparen. So ist es auch zu begrüßen, dass beim Thema Vorstandsvergütung die Eigentümer einen größeren Einfluss haben werden, weil die Reform der europäischen Aktionärsrichtlinie vorsieht, dass die Hauptversammlung mindestens alle vier Jahre über die Grundsätze der Vergütung abstimmen soll.

Was monieren die Investmentprofis? Eine bereits zum dritten Mal von den Professoren Markus Arnold, Universität Bern, und Martin Artz, Frankfurt School of Finance & Management, durchgeführte Umfrage unter den Mitgliedern der DVFA zeigt, dass es ihnen weniger um die absolute Höhe der Vergütung geht als um deren Zusammensetzung und Nachvollziehbarkeit. Die in der DVFA organisierten Analysten, Fondsmanager, Banker et cetera fordern einen deutlich höheren Anteil des fixen Gehalts und einen geringeren Anteil kurzfristiger Boni an der Vergütung der CEOs der 30 DAX-Unternehmen. Sie wünschen sich einen variablen Anteil von 40 Prozent an der Gesamtvergütung, faktisch betrug er in der Berichtssaison 2017 aber 60 Prozent, wovon beinahe die Hälfte kurzfristig war. Gut ein Viertel der Befragten hält die tatsächliche durchschnittliche Gesamtvergütung von 6,15 Millionen Euro im Jahr 2016 implizit für zu hoch. Wichtigstes Prinzip bei der Gestaltung der variablen Vergütung sollte sein, dass der Empfänger die Entlohnung nicht manipulieren kann, gefolgt von einer einfachen Strukturierung von Leistungsmaßstäben, Zielgrößen und Vergütungsbestandteilen. Ebenfalls ein Viertel der Befragten fordert, dass CEOs mehr Verantwortung übernehmen und negative Boni in Kauf nehmen sollten.

Die Aufsichtsräte sollten sich all diese Punkte zu Herzen nehmen. Am Ende sind sie es, die als Vertragspartner des Vorstands die Verantwortung tragen. Gelingt es ihnen nicht, die Interessen aller Beteiligten auszugleichen und zu moderieren, ist es durchaus denkbar, dass der Gesetzgeber noch einmal der Versuchung unterliegt, in die Vertragsfreiheit einzugreifen. Denn es ist der Gesellschaft nicht vermittelbar, warum sich Vorstandsgehälter so unterschiedlich zu denen der Belegschaft entwickeln. Es deutet einfach wenig darauf hin, dass es einen unabweisbaren Zusammengang gibt zwischen dem Wertschöpfungsbeitrag des Managers und der Steigerung des Unternehmenswerts. Ist nicht vielmehr die schiere Größe eines DAX-Konzerns der entscheidende Hebel für die Wertsteigerung? Rechtfertigte die Steigerung des Gewinns von Volkswagen im Jahr 2014 um zwei Milliarden Euro ein Gehalt von 16 Millionen Euro für Martin Winterkorns Managementleistung? Und wie war es angesichts des Verlusts von 4,1 Milliarden Euro 2015 um die Langfristigkeit bestellt?

Um die Governance eines Unternehmens ist es jedenfalls schlecht bestellt, wenn nur das Geld die Angestellten - und ein solcher ist auch der Vorstand - motiviert. Anreizsysteme, die vor allem auf Geld basieren, ziehen die falschen Leute an; das kann eine Unternehmenskultur nachhaltig beschädigen. Aufsichtsräte sollten vielmehr darauf achten, dass sich im Markt die "weichen" Faktoren wie das Renommee des Unternehmens, der Gestaltungsspielraum des Vorstands und der Reiz der Aufgabe etablieren und diese bei der Rekrutierung ihrer Vorstände als Asset nutzen. Wenn ein Aufsichtsrat nur gegen eine überhöhte Bezahlung gutes Personal bekommt, sollte man sich über die Positionierung des Unternehmens Gedanken machen. Ein Gehalt im zweistelligen Millionenbereich lässt sich vor diesem Hintergrund aus meiner Sicht nur in Ausnahmefällen wirklich rechtfertigen.

Stefan Bielmeier ist Vorstandsvorsitzender des DVFA e. V. und Chefvolkswirt sowie Bereichsleiter Research und Volkswirtschaft der DZ Bank. Der DVFA e. V. ist die Standesorganisation aller Investment Professionals in den deutschen Finanz- und Kapitalmärkten mit 1400 Mitgliedern. Der DFVA engagiert sich für die Professionalisierung des Berufsstands, erarbeitet Standards und fördert den Finance-Nachwuchs.