Er ist im Bewertungsverfahren zu suchen und gerade in voller Aktion zu beobachten. Die Immobilien der britischen Fonds werden wesentlich marktnäher (Stichwort "Open-Market-Value") bewertet als die ihrer deutschen Pendants, wo sich die Verkehrswerte vor allem an langfristigen Durchschnittsparametern der Erträge und Marktzinsen orientieren. Beispielsweise können aktuelle vergleichbare Transaktionen bei der Wertermittlung von Bestandsimmobilien auch schon kurzfristig mit berücksichtigt werden. Britischen Asset Managern stehen zudem fondsspezifische und in den Satzungen begründete Handlungsalternativen und Instrumente zur Verfügung, wie beispielsweise "Swingpreise" und kurzfristig aktivierbare "Rücknahmeabschläge".

Anders formuliert: ein Immobilienboom wird in den Kursen britischer Gewerbeimmobilienfonds, wie Charts belegen, ebenso schnell eingepreist (Branchendurchschnitt plus 10% im vergangenen Jahr) wie Schocks nach unten durchschlagen. Vor diesem Hintergrund haben die ersten Fonds in der vergangenen Woche bereits Sicherheitsabschläge vorgenommen. Sie schwanken zwischen 5 und 17%.

Einer Ventillösung gleich wird auf diesem Wege dem Verkaufsdruck der Anteilinhaber entgegenwirkt. Der "potentielle Schaden" und damit Verkaufsgrund wird eingepreist. Im Umkehrschluss wird ein Anreiz zum Verbleib im Fonds in der Weise geschaffen als Aussicht auf Aufwertungspotenzial und Wegfall von Rücknahmegebühren für jenen Fall entsteht, dass der tatsächlich eintretende Schaden kleiner als der unterstellte ausfallen sollte.

Angesichts der Tatsache, dass die zumeist institutionellen und professionellen Investoren britischer Immobilienfonds traditionell an größere Volatilität als die Anteilinhaber deutscher Immobilienfonds gewohnt sind, dürfte der Schutzmechanismus früher oder später greifen.

Da die gängigen deutschen offenen Immobilienfonds lediglich mit ihren britischen Teilportfolien direkt von den Auswirkungen des Votums betroffen sind, die maximal 25% des Gesamtbestands ausmachen, ihre Pfund-Engagements weitestgehend gesichert sind und die Bewertungsverfahren puffern, darf man deutlich gedämpfte Effekte erwarten. Eine Massenflucht im Sinne früherer Ereignisse steht allein schon von daher nicht zu erwarten als die betroffenen Fonds allesamt auf die Vertriebsunterstützung großer Filialnetze setzen können. Überdies müssen sich Investoren, die nach Einführung des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes und später des Kapitalanlagegesetzes ihre Anteile erwarben ohnehin an Verkaufsfristen halten.

Mithin, eine unschöne Entwicklung, - wie eigentlich alles rund um den Brexit -, aber kein Grund zur Hektik. Einmal mehr zeigt sich, dass Immobilieninvestments langfristig zu planende Anlagen sind und entsprechend durchdacht werden müssen.

Björn Drescher ist Gründer des auf Fonds spezialisierten Finanzinformationsdienstleisters Drescher & Cie (www.drescher-cie.de).