von Axel Retz

Liebe Leserinnen und Leser,

von mindestens zwei ehemaligen US-Präsidenten ist mir bekannt, dass sie zur Veröffentlichung anstehende Wirtschaftsdaten so lange an die bearbeitenden Behörden zurück sandten, bis sie dem gewünschten Ergebnis entsprachen. Eine "präsidiale Konstruktion der Wirklichkeit" ist mitnichten mehr das Alleinstellungsmerkmal kommunistischer Diktaturen. In Zeiten, in denen Zins und Zinseszins wieder einmal auf den ihnen innewohnenden und mathematisch letztlich unausweichlichen Systemkollaps zudriften, muss der Mummenschanz halt ein wenig deftiger werden.

Ob das bei der Berechnung des BIP anfängt, in die man ja nun auch die Erlöse aus Prostitution, Drogenhandel, Schmuggel und Waffenhandel hereinrechnet, ob man sich die Arbeitsmarktdaten ansieht, deren euphemistische Berechnung auch ganz offiziell damit begründet wird, dass es "die Anderen" ja auch nicht anders machen oder ob man den Nullizismus festverzinslicher Wertpapiere auch noch als Segen verkauft - je näher das "Tilt" der expansiven Schuldenorgie rückt, umso illustrer werden die Bemühungen, die Fakten ein wenig oder auch ein wenig mehr ins Positive zu schminken.

Das klappt auch ganz hervorragend. Sonst würde man’s nicht machen. Am besten funktioniert es allerdings immer dann, wenn offenkundige Falschmeldungen auf Leute treffen, die (Pardon) so dämlich sind, dass sie jeden Unfug glauben. "Iraqi rockets to New York" lautete der Text eines Anfang Februar 2003 bei CNBC durchlaufenden Infobandes, mit dem die Bevölkerung auf die Gefahr eines irakischen Raketenangriffs auf US-Städte hingewiesen wurde. Nun ja. Kurz vorher hatte der schwedische UN-Chefwaffenkontrolleur Hans Blix vor Ort festgestellt, dass der Irak sich an UNO-Resolution 687 hielt und seine Scud-Raketen eine maximale Reichweite von 150 km hatten. Zwischen dem Irak und den USA liegen aber ein paar Tausend Kilometerchen. Was CNBC herzlich egal war. Und eine Menge Leute dazu brachte, im Keller zu schlafen. Will man Leute dazu bringen, etwas zu wollen oder nicht zu wollen, muss man sie einfach mit falschen Informationen füttern. Glücklicherweise aber nimmt die Anzahl der Medien-Veganer in der letzten Zeit erstaunlich stark zu. Die Hoffnung, auch wenn es platt klingt, stirbt wirklich zuletzt.

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Griechenland: Wieder auf Kurs

Ja, da kommt Freude auf. Ob der griechische Finanzminister nun irgendwann den "Stinkefinger" in Richtung Deutschland gestreckt hat oder nicht oder ob er an seiner linken Hand überhaupt einen Mittelfinger hat, der ihm nicht im Nachhinein von gewieften ITlern dort hingezaubert wurde, kann ich nicht beurteilen. Die Musik spielt aber auch anderswo:

Athens letzte Statements zur Haushaltslage wirken, um es im Rahmen des mir Möglichen neutral auszudrücken, etwas manisch-depressiv: Heute lässt man verlautbaren, eigentlich gar kein Zahlungsproblem zu haben, am nächsten Tag sendet man einen Brandbrief an mögliche Geldgeber, kurz darauf geht es wieder um Marginalien und direkt danach sieht man den Untergang heraufziehen. Seinem Naturell entsprechend, dem er ja noch weniger davonlaufen an als die Meisten von uns, kommt Bundesfinanzminister Schäuble damit (auch) nicht zurecht. Was zur bekannten Schlammschlacht zwischen Athen und Berlin führte, die keinem weiterhilft.

Jetzt sind - angeblich - die Griechen wieder "auf Kurs". Was im Klartext bedeuten würde, dass die Tsipras-Regierung die ihr von der Troika (den Institutionen) aufgezwungene Austeritätspolitik wieder aufnimmt und neben der Eintreibung ausstehender Steuern (das wird nichts werden) die eigene Bevölkerung weiter kaputtspart. Für den sgn. kleinen Mann bedeutet das: Seine Fähigkeit, Schulden zurückzuzahlen, wird weiter unterminiert, was letztlich nichts Anderes heißt, als dass beispielsweise seine Immobilie letztlich an die Bank fällt. Vom Schuldner zum Gläubiger. Genau das Gleiche, auf etwas anderem Level, sehen wir auch in der Industrie oder bei öffentlich finanzierten Bereichen, die nach den Vorgaben der Troika mehr und mehr "privatisiert" werden sollen, also an internationale Investoren gehen sollen. Griechenland wird verscherbelt, der wirtschaftliche Niedergang noch einmal verlängert. Die EU zahlt diesen Transfer von Vermögen nach oben. Und wer diese EU letztlich ist, das können Sie morgen Früh sehen. Beim Rasieren oder Schminken. Die dabei meist unumgänglichen Grimassen passen gar nicht mal übel dazu.



Quelle: www.querschuesse.de

Wie Sie wissen, ist die offizielle Lesart der griechischen Rettungspolitik ja die, dass Athen "auf einem sehr guten Weg" ist und dass es nach der letzten, allerletzten und dann allerallerletzten Kraftanstrengung jetzt nur noch einer allerallerallerletzten bedürfte, um das Blatt zu wenden. Das ist schon richtig großes Kino, will ich meinen. Sehen Sie sich den abgebildeten Chart zu den nominalen Umsätzen der griechischen Industrie an. Wie die griechische Statistikbehörde ELSTAT vorgestern veröffentlichte, brach der nominale Umsatz der griechischen Industrie im Januar gg. dem Vorjahresmonat um sage und schreibe 16 Prozent ein. Ja, es geht wieder aufwärts. Und nur weiter so! Der bis heute immer noch nicht in den Köpfen der Wirtschaftswissenschaftler geschweige denn der Brüsseler Eurotiker angekommene Sachverhalt, dass eine Internationalisierung der (mit "Hartz IV von Deutschland ausgehenden) Austeritätspolitik den wirtschaftlichen Niedergang nicht aufhält, sondern schnurstracks beschleunigt, ist dermaßen evident, dass man am Sachverstand der Verantwortlichen zweifeln muss. Wenn sich ein Land damit Wettbewerbsvorteile erkauft, funktioniert das. Wenn es alle machen, bedeutet das die Abwärtsspirale. Why the hell wird denn das nicht begriffen?

Auf Seite 3: Berlin: Wirklich nur Marionetten?



Berlin: Wirklich nur Marionetten?

Nur kurz: Als Ende letzter Woche vom Snowden-Vetrauten, den Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald veröffentlicht wurde, dass ihm der SPD-Vorsitzende Gabriel in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt habe, dass die Bundesregierung seitens der USA "aggressiv" unter Druck gesetzt worden sein solle, Edward Snowden kein Asyl zu gewähren, dementierten die USA das umgehend. Sigmar Gabriel aber schweigt. Was ja auch schon mal eine Aussage ist.

Die USA hören uns alle inkl. der Kanzlerin ab (Ohrbamacare). Und diktieren uns ihre Politik. Acht Kriege haben die Vereinigten Staaten in den vergangenen 14 Jahren exportiert. Exportiert, wohlgemerkt. Daheim wäre das ja auch unschöner. Die Wirtschaftskraft des "militärisch-industriellen Komplexes" ist zweifellos größer denn je. Wenn Sie meine letzten Kolumnen oder gar meinen wöch. kostenlosen Newsletter lesen, wissen Sie, um was es geht. Und ganz egal, mit was NSA und GCHQ und andere Total-Voyeure wen auch ausspähen: Hier ist alles in Gefahr. Vor allem die Demokratie und die sgn. Freiheit.

Der Hund beißt sich allerdings auch immer dann selbst in den Schwanz, wenn die, die die totale Überwachung veranlassen, selbst zu ihren Opfern werden. Aber das ist eine lange Geschichte. Und wenn Sie einmal nach dem Wort "Notstandsgesetze" googeln, sehen Sie zumindest einen der Anfänge. Das war 1968, ich war 14. Und mein Vater glühender Anhänger der Vereinigten Staaten. Was sich später wandelte. Europa sollte aufhören, sich nur über eine fehlkostruierte Gemeinschaftswährung definieren zu wollen. Und ein für die Welt Weg weisendes "Friedensprofil" entwickeln. Das täte auch den Märkten gut. Und uns allen.

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EUR/USD: Angriff der größeren Art

Juni 1944, Bretton Woods, USA. Dort wird eine neue Währungsordnung, der IWF und die Weltbank begründet. Der US-Dollar gilt ab da als Weltleitwährung, in ihm werden vor allem (bis heute) alle wichtigen Rohstoffe gehandelt.

Was geschah, als Saddam Hussein 2002 die Gründung einer eigenen Ölbörse ins Gespräch brachte, in der Öl eben auch neben des seit Bretton Woods unabdingbaren Dollars in anderen Währungen ins Gespräch brachte, wissen Sie.

Genau 70 Jahre nach Bretton Woods, im Juni letzten Jahres, wurde, angeregt durch Brasilen, die New Development Bank BRICS (NDB) ins Leben gerufen. Was nun ein heftigeres Kaliber als der Irak ist. BRICS steht für Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika.

Das sind keine "Peanuts", verglichen mit dem Irak. Und es ist die m. E. beste Erklärung dafür, warum nun der Euro steigt, obwohl die FED zuletzt hinsichtlich Ihrer Zinspolitik immer deutlicher wurde. Die in Gründung befindliche NDB, deren Forrmularien Anfang März vom russischen Präsidenten Putin unterzeichnet wurden, sind eine Kampfansage an den Dollar, die Weltbank und den IWF. Und diese Kampfansage wiegt bei weitem schwerer als Sanktionen, mit denen sich der Westen selbst mehr weh tut als ihrem Ziel.



Quelle: www.secretz-online.de

Die Aufwärtszacke von EUR/USD kommt daher nicht von ungefähr. Und charttechnisch konnte sie perfekter gar nicht sein, da sie genau auf der unseren Parallelen des langfristigen Abwärtstrends startete. Und dass es dazu kam, obwohl die FED ihre Zinserhöhungsabsichten noch einen Tick klarer kommunizierte unterstreicht, dass die Märkte die durch die NDB auf den Dollar zukommende Bedrohung zu verstehen begonnen haben. Ich meine: Da bahnt sich ein schöner Trade an!

Auf Seite 5: Kupfer: Ring frei zur zweiten Runde



Kupfer: Ring frei zur zweiten Runde

Der letzte von mir empfohlene Kupfer-Trade war auch nicht schon schlechten Eltern. Geschlossen haben wir ihn mit einem Gewinn von 57,22 Prozent. Und wie der Chart aussieht, könnte das Metall kurz vor der Neuauflage eines solchen Erfolgs-Trades stehen. Denn vom Ende Januar markierten Tief aus hat sich hier eine charttechnisch lupenreine "Flagge" gebildet.



Quelle: www.secretz-online.de

"Flaggen" sind gegen den übergeordneten Trend vorgetragene Konsolidierungsformationen, nach deren Ende eine Wiederaufnahme des Trends zu erwarten ist, bei der (so die Regel) häufig mit einer gleich langen Wegstrecke zu rechnen ist wie vor dem Beginn der Konsolidierung. Achten wir also in aller Ruhe darauf, ob Kupfer wieder den Weg nach unten antritt. Fällt der Tonnenpreis an der Londoner Metallbörse (LME) aus der charttechnischen Flagge heraus, dürfte es soweit sein. An der Börse wird manchmal eben doch geklingelt.

Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt die Portale www.private-profits.de und www.moneyversum.de .