Edelmetalle sind für viele Anleger als Anlagealternative gerade in einem Niedrigzinsumfeld wie aktuell interessant. Doch ein Investieren ist auch deshalb nicht leicht, weil das Segment meist von schwierig zu vorhersagenden kurzfristigen Kursschwankungen geprägt ist. Hinzu kommen die vielen verschiedenen Einflussfaktoren, die auf die Preisfindung Einfluss nehmen und die in ihrer Bedeutung für Laien nicht immer so ohne weiteres richtig einzuordnen sind.

Deshalb macht es Sinn, den Blick etwas stärker nach vorne zu richten und nach etwas mehr langfristiger Orientierung zu suchen. Genau dabei hilft die Commerzbank, denn in der regelmäßig erscheinenden Publikation Rohstoffe kompakt Edelmetall geht es auch um eine längerfristige Einschätzung der Preisaussichten von Gold, Silber, Palladium und Platin.

Wir haben uns die aktuelle Publikation etwas näher angesehen und auf den nachfolgenden Seiten berichten wir, was die Commerzbank zum derzeitigen Umfeld in dem Segment zu sagen hat. Vorab schon einmal der Hinweis, dass gemessen an den Jahresdurchschnitts-Prognosen für 2018 die Edelmetall-Optimisten durchaus auf ihre Kosten kommen. Denn nur in einem Fall beinhaltet die Vorhersage lediglich stagnierende Notierungen, während in den drei anderen Fällen von teilweise deutlich steigenden Preisen ausgegangen wird.

Auf Seite 2: Gold



Gold



Der Goldpreis ist bis zum 06. Juni auf ein Sieben-Monatshoch von 1.296 Dollar je Feinunze gestiegen. Gold handelte damit am oberen Ende der seit Anfang März in einer Handelsspanne (Grafik), gab zuletzt aber wieder etwas nach. Die Preisbewegung in den vergangenen drei Monaten lässt sich laut Commerzbank vor allem mit der Zinspolitik der US-Notenbank Fed, der Wechselkursentwicklung und politischen Faktoren erklären. Das Preistief bei knapp 1.200 Dollar falle zeitlich zusammen mit der Fed-Zinserhöhung Mitte März.

Das darauffolgende Preishoch sei Mitte April wenige Tage vor der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen erreicht worden. Der Preisanstieg seit Mitte Mai hänge wiederum eng mit den jüngsten politischen Verwerfungen in den USA zusammen. Diese kulminierten in der Weitergabe von Geheimdienstinformationen durch US-Präsident Trump an Russland, der umstrittenen Entlassung von FBI-Chef Comey durch Trump und gegen den US-Präsidenten erhobene Vorwürfe der Justizbehinderung.

Die scharfe Kritik Trumps an den Handelsbilanzüberschüssen Deutschlands auf dem NATO/G7-Gipfel Ende Mai habe für zusätzliche Verunsicherung unter den Marktteilnehmern gesorgt. Die Fed-Zinserhöhungserwartungen seien zudem nach einer Reihe enttäuschender US-Konjunkturdaten spürbar zurückgegangen.

Sehr robust entwickelt habe sich in den vergangenen Monaten die physische Goldnachfrage in den beiden wichtigsten Konsumentenländern Indien und China. China importierte auf Nettobasis in den ersten vier Monaten des Jahres 266 Tonnen Gold aus Hongkong. Das sind 17 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Im März gab es mit 112 Tonnen die stärksten Netto-Einfuhren seit zehn Monaten. Indien importierte zwischen Januar und April sogar 341 Tonnen Gold und damit fast doppelt so viel wie im allerdings schwachen Vorjahreszeitraum. Insbesondere seit Februar habe es einen starken Anstieg der Importtätigkeit gegeben. Dies dürfte neben niedrigeren lokalen Preisen und der frühen Lage des hinduistischen Feiertages Akshaya Tritiya Ende April teilweise auch auf Sondereffekte zurückzuführen sein.

So sei es zunächst zu Nachholeffekten gekommen, nachdem die Bargeldreform Ende 2016 zu Kaufzurückhaltung geführt hatte. Da in Indien ab dem 1. Juli eine neue Mehrwertsteuer von drei Prozent auf Gold eingeführt wird, dürfte es auch zu vorgezogenen Goldkäufen gekommen sein. Im zweiten Halbjahr sei daher mit einem merklichen Abflauen der indischen Goldimporte zu rechnen. Thomson Reuters GFMS erwarte für das erste Halbjahr relativ hohe Goldimporte (450 Tonnen), gefolgt von relativ niedrigen Einfuhren im zweiten Halbjahr (250 Tonnen). Für China erwarte das World Gold Council im Gesamtjahr 2017 unverändert eine Goldnachfrage von 900-1.000 Tonnen, für Indien von ebenfalls unverändert 650-750 Tonnen, wobei die Importe nur bei rund 525 Tonnen liegen sollen.

Die Investmentnachfrage sei nach starkem Start in den vergangenen drei Monaten spürbar abgeflaut. Die Gold-ETFs hätten im ersten Quartal noch Zuflüsse von 109 Tonnen verzeichnet. Der Großteil der Zuflüsse sei dabei im Februar erfolgt. Die Zuflüsse im zweiten Quartal seien bislang deutlich hinter denen zu Jahresbeginn zurückgeblieben. Sehr verhalten sei in diesem Jahr auch die Nachfrage nach Goldmünzen. Laut US-Münzanstalt wurden in den ersten fünf Monaten des Jahres nicht einmal die Hälfte der im Vorjahreszeitraum verkauften Menge an US-Goldmünzen verkauft.

Sollte dies so bleiben, drohe dem Goldpreis ein erneuter Rücksetzer auf 1.250-1.200 Dollar, zumal der Markt das Tempo der Fed-Zinserhöhungen aktuell deutlich unterschätze. So rechnen die Commerzbank-Volkswirte nach dem Juni-Zinsschritt mit noch einer weiteren Erhöhung in diesem Jahr. Der Markt sehe die Wahrscheinlichkeit dafür bei lediglich 50 Prozent.

Die Analysten der Commerzbank sind dennoch zuversichtlich, dass die Investmentnachfrage im Jahresverlauf aus mehreren Gründen wieder zulegen wird. So dürfte die (geo-)politische Unsicherheit nicht zuletzt aufgrund der Unberechenbarkeit von US-Präsident Trump hoch bleiben. Zudem stünden im Herbst weitere richtungsweisende Wahlen in Europa ins Haus (Deutschland, Österreich, möglicherweise Italien). Der anhaltende Höhenflug der Aktienmärkte auf immer neue Rekordstände mahne ebenfalls zur Vorsicht. Das Risikobarometer VIX handele in der Nähe eines 24-Jahrestiefs, was auf eine übertriebene Sorglosigkeit und Selbstgefälligkeit der Finanzmarktteilnehmer hindeute.



Sollte es zu einer stärkeren Korrektur an den Aktienmärkten kommen, wäre Gold als sicherer Hafen einer der Hauptprofiteure. Mit einer anziehenden Investmentnachfrage sollte Gold im Herbst seinen Aufwärtstrend wieder aufnehmen und bis zum Jahresende auf 1.300 Dollar je Feinunze steigen. Die durchschnittliche Preisprognose für 2018 bewegt sich dann sogar bei 1.375 Dollar je Feinunze, was sich mit einer derzeit gültigen Notiz von 1.245Dollar vergleicht.

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Silber



Der Silberpreis hat sich seit Jahresbeginn etwas schlechter entwickelt als der Goldpreis. Ein klarer Trend hat sich zuletzt nicht herausgebildet. Der Preisverlauf in diesem Jahr ist laut Commerzbank vielmehr von einem stetigen Auf und Ab geprägt. Bis Mitte April sei bei Silber noch eine Outperformance festzustellen gewesen, welche den Silberpreis auf 18,7 Dollar je Feinunze habe steigen lassen und das Gold/Silber-Verhältnis deutlich unter 70 gedrückt habe (siehe Grafik). Danach sei eine ausgeprägte Schwächephase gefolgt. Der Silberpreis sei innerhalb von drei Wochen bis Anfang Mai auf gut 16 Dollar je Feinunze zurückgefallen. Das Gold/Silber-Verhältnis sei daraufhin auf 75 gestiegen.

Daraufhin folgte dann eine bis Anfang Juni währende Erholung. Zuletzt sei Silber wieder unter 17 Dollar je Feinunze gefallen. Letztlich sei der Silberpreis damit weitgehend der Entwicklung des Goldpreises mit der üblichen verstärkenden Wirkung in beide Richtungen gefolgt.

Die Preisentwicklung bei Silber lasse sich ansonsten sehr gut mit dem Verhalten der spekulativen Finanzanleger erklären. Diese hätten ihre Netto-Long-Positionen in den ersten 3½ Monaten des Jahres bis Mitte April auf ein Rekordniveau von 98.600 Kontrakten erhöht. Dies entspreche umgerechnet Käufen von gut 9.200 Tonnen Silber über den Futures-Markt. Daher überrasche es nicht, dass der Silberpreis in diesem Zeitraum zulegen konnte. Noch schneller hätten sich die Spekulanten danach aber wieder zurückgezogen und hätten damit maßgeblich zum folgenden Preisrückgang beigetragen.

Innerhalb von nur fünf Wochen seien die Netto-Long-Positionen auf weniger als 18.000 Kontrakte gesunken, was Verkäufen von umgerechnet 12.500 Tonnen entspreche. In den drei Wochen bis Anfang Juni seien sie wieder auf gut 50.000 Kontrakte gestiegen, was mit einem Anstieg des Silberpreises einhergegangen sei.

Das auf Edelmetalle spezialisierte Research- und Beratungsunternehmen Metals Focus erwarte für das Jahr 2017 einen um 34 Prozent höheren Angebotsüberschuss von 90,4 Millionen Unzen (2.811 Tonnen). Metals Focus mache dafür in erster Linie eine erneut schwache physische Investmentnachfrage (Münzen und Barren) verantwortlich, welche nach einem Rückgang um ein Drittel im Vorjahr nochmals einen zweistelligen Rückgang aufweisen soll. So habe der Absatz von US-Silbermünzen nach fünf Monaten nur etwa halb so hoch gelegen wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Allerdings gehe Metals Focus davon aus, dass der Überschuss durch die Nachfrage institutioneller Investoren problemlos absorbiert werden kann.

Dazu zählten auch die ETF-Anleger, die in den ersten gut fünf Monaten 475 Tonnen Silber gekauft hätten. Deren Verhalten in diesem Jahr sei eher als antizyklisch zu bezeichnen. In den ersten 3½ Monaten, als der Silberpreis mit Ausnahme einer kurzen Korrektur Anfang März kontinuierlich zulegte, hätten die Silber-ETFs merkliche Abflüsse verzeichnet. Als der Silberpreis dann Ende April deutlich abrutschte, sei es zu verstärkten Käufen der ETF-Anleger gekommen. In den vergangenen Maitagen und Anfang Juni sei es bei einem steigenden Silberpreis dagegen wieder zu Abflüssen gekommen.



Der Silberpreis dürfte nach Einschätzung der Commerzbank auch weiterhin vor allem durch die Preisentwicklung bei Gold bestimmt werden. Mit der hausintern im Sommer erwarteten Korrektur beim Goldpreis sollte Silber kurzzeitig in Richtung 16,5 Dollar je Feinunze fallen. Begünstigt durch den erwarteten Goldpreisanstieg sollte Silber bis zum Jahresende dann aber wieder auf 18 Dollar je Feinunze steigen. Die durchschnittliche Preisprognose für 2018 beträgt 19,50 Dollar je Feinunze, was um gut 18 Prozent über dem Stand beim Schreiben dieses Artikels liegt.

Auf Seite 4: Palladium





Palladium



Mit Blick auf Platin und Palladium hält die Commerzbank zunächst allgemein fest, dass normalerweise zwischen den Preisen dieser beiden Edelmetalle aufgrund der häufig gemeinsam anfallenden Produktion und der Verwendung beider Edelmetalle in Autokatalysatoren ein enger Verbund bestehe. Nicht so jedoch in diesem Jahr. Die Preise bewegten sich stattdessen ungewöhnlich häufig entgegengesetzt zueinander (siehe Grafik). Der Palladiumpreis habe kürzlich mit mehr als 900 Dollar je Feinunze das höchste Niveau seit 16 Jahren erreicht und seit Jahresbeginn liege Palladium 30 Prozent im Plus. Platin habe sich im selben Zeitraum dagegen nur um drei Prozent verteuert. Die Preisdifferenz zwischen Platin und Palladium sei zwischenzeitlich auf weniger als 40 Dollar je Feinunze geschrumpft und sei damit so niedrig wie zuletzt Anfang 2002 gewesen.

Die unterschiedliche Preisentwicklung lasse sich mit den unterschiedlichen Prognosen für die jeweiligen Marktbilanzen erklären. Bei Palladium prognostizierten dabei alle führenden Institutionen für das Jahr 2017 beträchtliche Angebotsdefizite. Laut Johnson Matthey soll sich dieses auf 792.000 Unzen belaufen, laut Metals Focus sogar auf 1,131 Millionen Unzen (siehe Grafik). Die oberirdischen Lagerbestände würden trotzdem aber noch immer bei beträchtlichen 13,9 Millionen Unzen liegen. Auch GFMS erwarte ein anhaltend hohes Angebotsdefizit.

Die Einschätzungen von Platin und Palladium würden sich vor allem in der erwarteten Nachfrageentwicklung unterscheiden. Die weltweite Palladiumnachfrage soll demnach weiter kräftig steigen. Johnson Matthey erwartet einen Anstieg um 7,6 Prozent. Wichtigster Treiber sei die Nachfrage aus der Automobilindustrie, welche ein neues Rekordniveau von gut 8,2 Millionen Unzen erreichen solle. Im Gegensatz zum Dieselmarkt hätten die aktuellen Abgasnormen in Europa keine Verschärfung der Emissionsobergrenzen bei Benzin zur Folge und somit auch keine dämpfenden Auswirkungen auf den Palladiumbedarf in Katalysatoren.



Die neuen Abgasvorschriften in Europa und Nordamerika dürften laut Johnson Matthey sogar zu einem höheren Palladiumbedarf führen. Zudem solle es zu einer fortgesetzten Verdrängung von Platin durch Palladium in Diesel-Katalysatoren kommen. Die übrige Industrienachfrage solle ebenfalls zulegen, falle wegen der geringeren Größe aber weniger stark ins Gewicht. Ein positiver Impuls solle auch von der Investmentnachfrage ausgehen, allerdings nur, weil diese nicht mehr ganz so negativ ausfallen soll wie im letzten Jahr. Die Schmucknachfrage schrumpfe abermals, spiele inzwischen aber so gut wie keine Rolle mehr.

Weniger stark ausgeprägt seien die Unterschiede auf der Angebotsseite. Bei Palladium erwarten sowohl Johnson Matthey als auch Metals Focus einen Anstieg des Angebots um etwa ein Prozent. Laut Johnson Matthey stehe einem Rückgang der Minenproduktion ein deutlicher Anstieg des Recyclingangebots gegenüber. Metals Focus rechnet mit einem leichten Anstieg des Minenangebots und einem nahezu unveränderten Recyclingangebot.

Mit Blick auf die Automobilindustrie findet die anhaltende Substitution von Platin durch Palladium in Dieselkatalysatoren Erwähnung. Dennoch würden sich die Nachfrageaussichten für Palladium eintrüben. Denn die zuletzt rückläufigen Verkaufszahlen in den beiden wichtigsten Autoabsatzmärkten USA und China deuteten auf eine Abkühlung der Nachfrage hin. In den USA sei der Absatzboom in den vergangenen Jahren stark kreditgetrieben gewesen, was nun bei höherer Verschuldung und steigenden Zinsen für Gegenwind sorge.



In China wirke sich die Reduzierung der Steueranreize zum Kauf von Autos jetzt offenbar doch auf die Absatzzahlen aus. Der dortige Branchenverband sehe die chinesische Autoindustrie an einem kritischen Punkt angelangt, der die Wende ins Negative darstellen könnte. Die Märkte in den USA und China seien stark benzinlastig. Der Palladiumbedarf in Europa könnte zwar wegen verschärfter Abgasvorschriften und der sich abzeichnenden Verschiebung der PKW-Neuzulassungen zugunsten von Benzinern steigen. Die Schwäche in den USA und China dürfte dies allerdings nicht ausgleichen. Zudem bleibe abzuwarten, ob sich die Substitution von Platin zu Palladium in Dieselkatalysatoren bei der inzwischen stark gesunkenen Preisdifferenz wie erwartet fortsetzt. Außerhalb der Autoindustrie gebe es kaum etwas, was eine Nachfrageschwäche abfedern könnte.

Dass die ETF-Anleger in Scharen zurückkehren, sei kaum vorstellbar, wenn sie schon beim gegenwärtigen Preisanstieg und trotz der prognostizierten hohen Angebotsdefizite auf der Verkäuferseite stünden. Der positive Impuls seitens der Investmentnachfrage in diesem Jahr relativiere sich dahingehend, dass dieser von geringeren Verkäufen seitens der ETF-Anleger ausgeht als im Vorjahr. Ein Zeichen von Nachfragestärke sehe anders aus.

Die spekulativen Finanzanleger setzten dagegen auf einen steigenden Palladiumpreis. Die Netto-Long-Positionen hätten Anfang Mai fast wieder das Rekordniveau von September 2014 erreicht und auch zuletzt sei der Überhang an Long-Positionen noch beträchtlich gewesen. Gänzlich anders ist dagegen das Verhalten der ETF-Anleger. Die Palladium-ETFs hätten seit Jahresbeginn beträchtliche Abflüsse verzeichnet. Nach 5½ Monaten hätten sich diese auf gut 234.000 Unzen belaufen. Die Bestände der von Bloomberg erfassten Palladium-ETFs seien Anfang Juni auf weniger als 1,5 Millionen Unzen gefallen, das niedrigste Niveau seit Anfang 2010. Seit Sommer 2015 hätten sie sich mehr als halbiert.

Der insgesamt hohe Optimismus bei Palladium dürfte sich laut Commerzbank als übertrieben herausstellen. Die spekulativen Finanzanleger dürften ihre nahezu rekordhohen Netto-Long-Positionen zurückführen. Der Preisanstieg auf ein 16-Jahreshoch sei letztlich trotz der Erwartung eines beträchtlichen Angebotsdefizits überzogen und dürfte zumindest teilweise korrigiert werden. Denn die Autoindustrie als mit Abstand wichtigster Treiber der Palladiumnachfrage verliere spürbar an Dynamik.

Die Analysten erwarten daher nach dem überzogenen Preisanstieg der Vorwochen eine Preiskorrektur bis auf einen Durchschnittspreis im dritten Quartal von 800 Dollar. Wegen dem zu erwarteten hohen Angebotsdefizit und des allgemein positiven Preistrends bei Edelmetallen bis zum Jahresende auf 850 Dollar je Feinunze steigen. Für 2018 bewegt sich die durchschnittliche Preisprognose bei 870 Dollar je Feinunze, was sich in etwa mit dem derzeit gültigen Niveau deckt.

Auf Seite 5: Platin





Platin



Zur bereits erwähnten unterschiedliche Preisentwicklung von Platin und Palladium in diesem Jahr lässt verweist die Commerzbank in Sachen Marktbilanzen, dass der weltgrößte Platinverarbeiter Johnson Matthey für Platin 2017 zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder einen globalen Angebotsüberschuss erwarte, welcher mit 302.000 Unzen zudem recht groß ausfallen soll (siehe Grafik).



Laut Metals Focus soll das globale Platinangebot die weltweite Platinnachfrage in diesem Jahr um 215.000 Unzen übertreffen und die oberirdischen Lagerbestände auf ein Vier-Jahreshoch von 9,1 Millionen Unzen steigen. Es gebe aber auch davon abweichende Schätzungen. Thomson Reuters GFMS und der World Platinum Investment Council WPIC erwarteten im Jahr 2017 geringe Angebotsdefizite. GFMS mache zur Größe keine genauen Angaben, der WPIC beziffere dieses auf 65.000 Unzen.

Zur erwarteten Nachfrageentwicklung heißt es, die weltweite Platinnachfrage soll laut Johnson Matthey um 7,5 Prozent fallen. Die Nachfrage aus der Automobilindustrie als wichtigstes Segment solle deutlich sinken. Johnson Matthey verweise auf die schrittweise Einführung neuer Abgasnormen in Europa, welche mit einem geringeren Platinbedarf in Katalysatoren bei Diesel-PKW einhergeht. Noch deutlich stärker - sowohl absolut als auch prozentual - solle der Rückgang bei der Investmentnachfrage zu Buche schlagen. Johnson Matthey erwarte hier ein Minus von 65 Prozent, Metals Focus und der WPIC jeweils eine Halbierung im Vergleich zum Vorjahr.



Dies sei dem Abflauen der in den vergangenen beiden Jahren sehr robusten Nachfrage nach Platinbarren seitens japanischer Investoren geschuldet. Die bislang in diesem Jahr zu beobachtenden Zuflüsse in die Platin-ETFs würden dies nicht kompensieren können. Die Schmucknachfrage als zweitwichtigstes Segment soll Johnson Matthey und dem WPIC zufolge nochmals leicht zurückgehen. Metals Focus erwarte hier eine Stabilisierung. Der nahezu rekordhohe Preisabschlag von 340 Dollar von Platin zu Gold habe somit auch weiterhin keinen sichtbaren positiven Einfluss auf die Schmucknachfrage. Möglicherweise würden potenzielle Käufer von Platinschmuck dadurch sogar abgeschreckt.

Zur Angebotsseite führt die Commerzbank aus, Johnson Matthey und der WPIC prognostizierten einen Rückgang des weltweiten Platinangebots im Ausmaß von bis zu zwei Prozent, Metals Focus eine Stagnation. Alle genannten Marktbeobachter rechneten dabei mit einem Rückgang der Platinminenproduktion. Das Recyclingangebot soll laut Johnson Matthey und WPIC ebenfalls schrumpfen. Metals Focus rechne hier mit einem Plus. Zudem würden die strukturellen Faktoren im Bereich der Automobilindustrie gegen Platin sprechen.

Hier seien nicht nur die bereits erwähnten negativen Auswirkungen der neuen Abgasnormen in Europa sowie die anhaltende Substitution durch Palladium in Dieselkatalysatoren zu nennen. Laut einer Forsa-Umfrage würden in Deutschland vielmehr auch nur zwei von fünf Dieselfahrern künftig sicher wieder einen mit Diesel betriebenen Pkw kaufen. Die hohe Feinstaubbelastung und entsprechend drohende Fahrverbote in Innenstädten wögen offensichtlich schwerer als der niedrigere CO2-Ausstoß, zumal die Benzinmotoren diesbezüglich aufgeholt hätten.

Hinzu komme, dass die niedrigeren Ölpreise das Verkaufsargument der höheren Kraftstoffeffizienz untergraben. In Europa sei der Anteil der Dieselfahrzeuge an den Neuzulassungen von in der Spitze über 55 Prozent im Jahr 2011 unter 50 Prozent gerutscht. Vor kurzem habe Volvo als erster namhafter Automobilhersteller angekündigt, keine neue Generation Dieselmotoren mehr entwickeln zu wollen. Diese negativen Nachrichten dürften laut Commerzbank aber bereits hinreichend im Platinpreis berücksichtigt sein. Dies zeige sich am weiterhin hohen Preisabschlag von Platin gegenüber Gold, dem geringen Preisaufschlag von Platin gegenüber Palladium und an der pessimistischen Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger.

Was die spekulativen Finanzanleger angeht ist davon die Rede, dass diese auf einen fallenden Platinpreis setzen würden. Anfang Mai hätten bei Platin rekordhohe Netto-Short-Positionen bestanden und diese hätten trotz einer Korrektur auch zuletzt noch überwogen. ETF-Anleger hätten dagegen bei Platin seit Jahresbeginn für Zuflüsse gesorgt, welche im Mai noch an Dynamik gewonnen hätten. In den ersten fünf Monaten des Jahres seien auf diese Weise fast 160.000 Unzen in die Platin-ETFs geflossen, davon nahezu 100.000 Unzen im Mai. Die von Bloomberg erfassten ETF-Bestände hätten Ende Mai mit 2,517 Millionen Unzen das höchste Niveau seit November 2015 erreicht. Offensichtlich teilen die ETF-Anleger den Optimismus bei Palladium genauso wenig wie den Pessimismus bei Platin.

Insgesamt sei die Stimmung gegenüber Platin aber bereits zu pessimistisch, weshalb die Commerzbank eine Preiserholung erwartet. Zumal die Wetten auf einen fallenden Platinpreis mit der Korrektur bei Palladium rückabgewickelt werden dürften. Dies dürfte eine Preiserholung bei Platin auslösen. Doch diese starte von einem niedrigeren Ausgangsniveau und wegen der für Platin weniger allgemein weniger günstigen Rahmenbedingungen sei eine Senkung der Jahresendprognose bei Platin auf 1.000 Dollar je Feinunze erforderlich. Die durchschnittliche Preisprognose für 2017 beträgt 1.125 Dollar je Feinunze, was bei einer Zielerreichung einen Anstieg von fast 22 Prozent verspricht.

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Die Prognosen und Daten im Überblick