Woche für Woche erfahren die Akteure an den Goldmärkten durch den sogenannten Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission, welche Trends und Stimmungen bei Gold-Futures zu beobachten waren. In dem Stimmungsbericht wird unter anderem veröffentlicht, wie sich gegenüber der Vorwoche das allgemeine Interesse an Gold-Futures entwickelt hat. Dies kommt durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) zum Ausdruck, wobei ein Gold-Future den Gegenwert von 100 Feinunzen Gold repräsentiert. Besonders aussagekräftig wird das Update aber vor allem durch die angezeigten Positions- bzw. Stimmungsveränderungen diverser Gruppen von Marktakteuren. Dabei wird ersichtlich, wie sich die Transaktionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) verändert haben und wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.

In der Woche zum 5. Dezember waren zwei Dinge offensichtlich. Erstens: Das allgemeine Interesse an Gold-Futures - ablesbar an der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) - musste einen überdurchschnittlichen Rückgang von 503.800 auf 472.800 Futures (-6,2 Prozent) hinnehmen. Zweitens: Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten war ein regelrechter Sell-off zu beobachten. Sie musste nämlich innerhalb einer Woche mit einem Rückgang von 246.500 auf 189.900 Futures (-23,0 Prozent) den heftigsten Einbruch seit fast fünf Monaten hinnehmen. Während große Terminspekulanten ihre Netto-Long-Position im Berichtszeitraum von 224.400 auf 173.300 Kontrakte (-22,8 Prozent) reduziert haben, war bei kleinen Terminspekulanten ein "Kahlschlag" von 22.100 auf 16.600 Futures (-24,9 Prozent) registriert worden. Fazit: Es sieht so aus, dass immer mehr Investoren angesichts rekordhoher Kurse bei Aktien und Kryptowährungen wie dem Bitcoin bei Gold die Geduld verlieren.

Auf Seite 2: Charttechnisch angeschlagen

Aus charttechnischer Sicht hat sich in der vergangenen Woche das Marktsentiment bei Gold massiv eingetrübt. So rutschte das gelbe Edelmetall deutlich unter die langfristige 200-Tage-Linie, was in der Chartlehre als klares Verkaufssignal angesehen wird. In den vergangenen drei Jahren erwiesen sich Kauf- und Verkaufssignale in Zusammenhang mit der 200-Tage-Linie allerdings oft als "Bullen- bzw. Bärenfalle". Allein in diesem Jahr rutschte der Goldpreis zweimal unter diese Durchschnittslinie - ein nachhaltiger Trendwechsel nach unten blieb allerdings stets aus. Als zusätzlicher Belastungsfaktor ist jedoch das Verletzen der unteren Begrenzung des vor zwölf Monaten eingeschlagenen Aufwärtstrends zu sehen. Sollte sich die technische Korrektur fortsetzen, wäre aus zwei Gründen die Marke von 1.220 Dollar als wichtige Marke zu nennen. Erstens: Hier verläuft eine ausgesprochen robuste Unterstützungszone, die es dann zu verteidigen gilt. Zweitens: Der Bruch der 200-Tage-Linie wäre dann von nachhaltiger Natur und könnte die Interpretation eines Trendwechsels nach unten zur Folge haben.

Neben der charttechnischen Spannung dürften in den nächsten Tagen aber auch die Sitzungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank für erhöhte Nervosität sorgen. Derzeit deutet alles auf eine erneute Anhebung der US-Leitzinsen hin. So zeigt zum Beispiel das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group auf Basis der Fed-Fund-Futures seit Wochen eine Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent an, dass am Mittwoch ein Zinsschritt nach oben erfolgen wird. Besonders interessant ist aber vor allem der Umstand zu werten, dass die Wahrscheinlichkeit für einen großen Zinsschritt um 50 Basispunkte in den vergangenen vier Wochen von 3,3 auf 9,8 Prozent gestiegen ist. Steigende Zinsen werden an den Finanzmärkten aufgrund der höheren Opportunitätskosten (Zinsverzicht) in der Regel als nachteilhaft für Gold interpretiert.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.