Mit großer Aufmerksamkeit verfolgen die Akteure an den Goldmärkten regelmäßig den von der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) veröffentlichten Stimmungsbericht über die aktuelle Lage an den Terminmärkten. Der sogenannte Commitments of Traders-Report zeigt zum Beispiel auf, wie sich auf Wochensicht das allgemeine Interesse an Gold-Futures entwickelt hat. Ablesbar wird dies durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), wobei einem Future (zumindest auf dem Papier) der Gegenwert von 100 Feinunzen Gold zugrunde liegt. Besonders aussagekräftig wird das Update für Investoren aber vor allem dadurch, dass man sich über konkrete Stimmungen diverser Gruppen von Marktakteuren informieren und entsprechend interpretieren kann. So zeigt der Marktbericht beispielsweise auf, wie sich innerhalb einer Woche die Transaktionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) entwickelt haben. Daraus lässt sich dann ableiten, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.

Obwohl sich der Disput zwischen Russland und dem Westen deutlich verschlimmert hat, ging es mit dem Goldpreis auf Wochensicht um 0,8 Prozent bergab. Bei der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), an der sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures ablesen lässt, war hingegen ein markanter Zuwachs von 508.100 auf 526.800 Kontrakte (+3,7 Prozent) zu beobachten. Zugleich sind die spekulativen Marktakteure jedoch spürbar skeptischer geworden. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten schlug sich dies in einem Rückgang von 204.900 auf 188.800 Futures (-7,6 Prozent) nieder.

Unter großen Terminspekulanten war die Skepsis besonders stark ausgeprägt. Deren Netto-Long-Position ermäßigte sich nämlich innerhalb einer Woche von 183.800 auf 167.900 Kontrakte (-8,7 Prozent), während bei kleinen Terminspekulanten im selben Zeitraum lediglich ein marginales Minus von 21.100 auf 20.900 Futures (-1,0 Prozent) registriert worden war. Fazit: Der Glaube an die Attraktivität von Aktien und steigende Zinsen scheint gegenwärtig größer zu sein als der Bedarf an Krisenschutz.

Auf Seite 2: Steigende US-Leitzinsen voraus

Am Mittwoch dürften wieder einmal die US-Leitzinsen nach oben geschraubt werden. Darauf deuten diverse Umfragen unter Analysten und das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group hin. Letzteres zeigt derzeit nämlich eine Wahrscheinlichkeit von über 94 Prozent an, dass am Mittwoch die Fed-Funds erhöht werden, nachdem vor einem Monat hier lediglich ein Wert von fast 82 Prozent angezeigt worden war. Dies wäre dann (seit Dezember 2015) die sechste Zinserhöhung in Folge, während sich die EZB lediglich zu einer Reduktion des Anleihekaufprogramms durchringen konnte. Derzeit gehen die europäischen Notenbanker davon aus, dass bis September weiterhin monatliche Käufe im Volumen von 30 Milliarden Euro getätigt werden.

Das Problem steigender Zinsen, dass normalerweise als Verkaufsargument für Gold interpretiert wird, können deutsche Anleger derzeit noch vernachlässigen. Grund: Im Gegensatz zu US-Staatsanleihen bieten deutsche Staatsanleihen weiterhin extrem dürftige Zinsen, die nicht einmal auf Inflationsniveau liegen. Das heißt: Wer diese kauft, praktiziert systematische Vernichtung von Geldvermögen. Selbst die 30-jährige Bundesanleihe rentiert mit aktuell 1,23 Prozent p.a. unter der Februar-Inflationsrate von 1,4 Prozent p.a. Zuletzt hat sich hierzulande die Inflation deutlich dynamischer nach oben entwickelt als die Zinsen. Während in den vergangenen zwei Jahren die von der Bundesbank berechnete Umlaufrendite lediglich von 0,14 auf 0,41 Prozent gestiegen ist, kletterte die Inflation im selben Zeitraum von null auf 1,4 Prozent (Februar 2018) deutlich stärker. Aufgrund der enormen Schuldenberge ist davon auszugehen, dass sich die Geldentwertung auch in Zukunft dynamischer nach oben entwickeln dürfte als die Zinsen.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.