Einmal pro Woche informiert die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission, wie sich die diversen Gruppen von Marktakteuren bei Gold-Futures gegenüber der Vorwoche positioniert haben. Daraus ist unter anderem ersichtlich, ob sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures verstärkt oder abgeschwächt hat. Ablesbar ist dies an der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest). Noch interessanter ist für die Beobachter an den Goldmärkten aber vor allem, welche Transaktionen kommerzielle Branchenangehörige (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) auf Wochensicht durchgeführt haben. Dadurch erfahren sie nämlich, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist - eine für die eigene Markteinschätzung relativ wichtige Information.

In der Woche zum 9. Mai dominierten ganz klar die negativen Vorgaben. Zum einen rutschte die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) von 461.905 auf 433.033 Futures (-6,3 Prozent) ab. Zum anderen gab es bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten einen regelrechten "Aderlass" zu beobachten. Auf Wochensicht schlug hier ein Minus von 203.986 auf 164.422 Futures (-19,4 Prozent) zu Buche. Ausschließlich verantwortlich für diese Negativentwicklung waren große Terminspekulanten (Non-Commercials), die ihre Long-Seite um fast 40.000 Kontrakte zurückgefahren haben. Dadurch hat sich deren Netto-Long-Position von 189.634 auf 150.006 Kontrakte (-20,9 Prozent) reduziert, während Kleinspekulanten zum zweiten Mal in Folge leicht optimistischer geworden sind. Ihre Netto-Long-Position zog im Berichtszeitraum von 14.352 auf 14.416 Futures (+0,4 Prozent) leicht an.

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Risikoappetit generiert Verkaufsdruck



Die Wahlsiege der Europa-Befürworter in den Niederlanden und in Frankreich haben die Sorgen um den Fortbestand der Eurozone spürbar abflauen lassen. Dies hat unter den Investoren zu einem verstärkten Risikoappetit geführt und zahlreichen Aktienindizes neue Rekordstände beschert. Dass in einem solchen Umfeld der Krisenschutz Gold weniger gefragt ist und folglich unter erheblichen Verkaufsdruck gerät, ist sehr gut nachvollziehbar. Doch überflüssig werden Goldinvestments deshalb wahrlich nicht, schließlich gibt es zahlreiche Argumente, die für das gelbe Edelmetall sprechen. Erstens: Die in der vergangenen Woche veröffentlichten Inflationsdaten gehören zweifellos dazu. So kletterten zum Beispiel in Deutschland die Konsumentenpreise auf Jahressicht um 2,0 Prozent. In den USA war für April sogar eine Geldentwertung in Höhe von 2,3 Prozent gemeldet worden. Gold gilt seit Jahrhunderten als eine gute Idee, die Kaufkraft zu erhalten.

Zweitens: Explodierende Geldmengen und Schuldenberge verleihen alternativen Währungen mit Substanz - wie Gold und Silber - vor allem bei langfristigem Anlagehorizont erheblichen Glanz. Weltweit stehen laut International Institute of Finance Staaten, Unternehmen und Privathaushalte mit über 215 Billionen Dollar in der Kreide. Diese Beträge werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemals zurückgezahlt, sondern so lange wie möglich vor sich hergeschoben. Man sollte schon froh sein, wenn das Konstrukt im Falle von steigenden Zinsen nicht in sich zusammenbricht. Bei Gold und Silber gab es noch nie einen Totalverlust zu beklagen.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.