Den beiden Edelmetallen Gold und Silber werden an den Finanzmärkten ähnliche Eigenschaften nachgesagt. Beide gelten als alternative Währungen und Krisenschutz - der eine mehr (Gold), der andere (Silber) weniger. Gold und Silber wird zudem eine positive Korrelation nachgesagt, wobei letzteres normalerweise eine Hebelwirkung gegenüber dem gelben Edelmetall aufweist, was zu stärkeren Kursschwankungen führt und somit ein stärkeres Risiko zum Ausdruck bringt. Die Risikokennzahl Volatilität liefert hierfür den besten Beweis. So übertrifft zum Beispiel die historische 250-Tage-Volatilität von Silber (14,8 Prozent) den vergleichbaren Wert von Gold (8,5 Prozent) um den Faktor 1,7. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen die vom Terminbörsenbetreiber Chicago Board Options Exchange (CBOE) Volatilitätsindizes auf die beiden Edelmetalle, denen entsprechende ETF-Optionen zugrunde liegen. Für Gold wird hier ein Wert von 10,8 Prozent und für Silber ein markant höherer Wert von 18,3 Prozent angezeigt.

An den Terminmärkten gab es mit Blick auf Silber-Futures in der Woche zum 26. Juni erneut eine massive Eintrübung der Stimmung unter den Terminmarktprofis zu vermelden, während beim allgemeinen Interesse an Silber-Futures (Open Interest) mit 218.500 Futures eher Stagnation angesagt war. Sowohl Großspekulanten (Non-Commercials) als auch Kleinspekulanten (Non-Reportables) sind im Berichtszeitraum deutlich skeptischer geworden. Ablesbar wird dies durch das dicke Minus bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt). Diese hat sich nämlich innerhalb einer Woche von 58.500 auf 49.000 Futures (-16,3 Prozent) reduziert, nachdem in der Vorwoche ein Rückschlag um 13,1 Prozent gemeldet worden war.

Sowohl große als auch kleine Terminspekulanten sind deutlich skeptischer geworden. So reduzierte sich zum Beispiel die Netto-Long-Position der Großspekulanten von 40.900 auf 34.200 Kontrakte (-16,4 Prozent), während bei kleinen Terminspekulanten ein Rückgang von 17.600 auf 14.800 Futures (-15,9 Prozent) registriert worden war. Grundsätzlich hat man derzeit aber den Eindruck, dass der Silberpreis den wachsenden Verkaufsdruck von der Terminbörse relativ gut verkraftet.

Auf Seite 2: Relative Stärke seit Anfang April

Im ersten Halbjahr 2018 musste der Silberpreis einen Kursverlust in Höhe von 2,3 Prozent hinnehmen. Das mag für Silberinvestoren zwar enttäuschend sein, seit Anfang April hat sich das häufig auch als "Gold des armen Mannes" titulierte Edelmetall aber besser entwickelt als Gold. Dies lässt sich besonders gut am Gold/Silber-Ratio ablesen. Diese Kennzahl gibt an, wieviel Feinunzen Silber benötigt werden, um eine Feinunze Gold zu kaufen. Seit Anfang April war hier in der Spitze ein Rückgang von 82 auf 75 registriert worden (aktuell: 77,8). In den vergangenen zehn Jahren schwankte das Gold/Silber-Ratio zwischen 30 und 89. Hohe Werte werden als Kaufargument für Silber interpretiert, während niedrige Werte normalerweise für Gold sprechen.

Aus charttechnischer Sicht belasten derzeit mehrere Umstände das Sentiment. Zum einen verletzte das mit großem Abstand günstigste Edelmetall die bei 16,30 Dollar angesiedelte untere Begrenzung der diesjährigen Tradingrange. Dadurch droht nun ein Rückschlag in Richtung nächste Unterstützung, die bei 15,50 Dollar verläuft. Zum anderen notiert der Silberpreis unter der langfristigen 200-Tage-Linie, deren Tendenz abwärtsgerichtet ist. Beides gilt in der Chartlehre als negative Begleiterscheinung. Trotz der markanten Kursschwäche im Juni zeigt der Timingindikator Relative-Stärke-Index noch keine überverkaufte Lage an. Bei Werten unter 30 Prozent wächst dann aber die Chance auf eine technische Gegenbewegung. Ein charttechnisches Kaufsignal entstünde nämlich beim Überschreiten der 30-Prozent-Marke.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.