Die Rendite für 10-jährige US-Staatsanleihen hat mit 3,2 Prozent den höchsten Wert seit 2011 erreicht. Damit könnte aus technischer Sicht der schon drei Jahrzehnte andauernde Abwärtstrend bei den Zinsen zu Ende gehen. 1981 lagen die Zinsen bei unglaublichen 16 Prozent und fielen auf nur noch ein Prozent. Und auch wenn es in Europa immer etwas anders aussieht, der Zeitgeist ist derselbe. Die deutschen 10-jährigen Renditen fielen von über zehn Prozent im Jahr 1981 auf unter Null in 2016 und sind nun zurück bei 0,5 Prozent.

Dies sind keine zufälligen Schwankungen. Den Trend bestimmen die Notenbanken, die auf ein stärkeres Wirtschaftswachstum und eine höhere Inflation reagieren. Jerome Powell, seit Februar Chef der US-Notenbank Fed, markierte in dieser Woche einen entscheidenden Bruch mit seiner Vorgängerin Janet Yellen und setzte zudem ein klares Zeichen, dass er Donald Trump nicht fürchtet, als er in Bezug auf die Zinssätze sagte: "Wir sind noch ein ganzes Stück weg von neutral … und wir können auch über neutral gehen". Der Begriff "neutral" steht dabei für das Zinsniveau, mit dem die Zentralbank die Wirtschaft weder stimuliert noch einschränkt. Das bedeutet nicht weniger, als dass die Fed die Zinsen von derzeit zwei Prozent sehr wahrscheinlich noch viel weiter erhöhen wird. Bei der Europäischen Zentralbank kann man zwar davon ausgehen, dass sie erst weit in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres an der Zinsschraube dreht. Aber auch wenn das eher ruhige Tempo den Renditeanstieg in Europa etwas dämpft, immun gegen die steigenden Zinsen in den USA sind wir nicht.

Es mehren sich die Anzeichen, dass es an den Aktienmärkten noch im Oktober zu einer Korrektur kommen kann - also ein Rückgang um circa zehn Prozent, um die neue Realität höherer Anleiherenditen widerzuspiegeln. Giles Keating, Präsident des Werthstein Instituts, erwartet aber keinen Crash, da die andere Seite der Gleichung, nämlich eine starke Weltwirtschaft und damit steigende Unternehmensgewinne weiterhin intakt ist. Vor diesen Hintergrund bleibt er bei seiner pessimistischen Einschätzung von "1" für den Werthstein-Index. Valerie Plagnol ist ebenfalls vorsichtig, aber nicht in gleichem Maße wie Keating. Auch sie sieht das Risiko steigender Zinsen in Kombination mit einer steigenden Verschuldung vor allem in den USA. Sie macht sich zudem Sorgen über die italienischen Defizitpläne und den sich verschärfenden Handelskrieg zwischen den USA und China. Positiv stimmen sie die erfolgreichen Handelsabkommen, die Donald Trump mit Südkorea, Mexiko und Kanada abgeschlossen hat. So kommt sie in ihrer Bewertung zu einer "3" und erwartet ebenfalls eine Korrektur im Oktober.

Im Gegensatz dazu ist Robert Halver positiver. Er sieht zwar auch die Situation in und rund um Italien, aber erwartet daraus keine europaweite Krise. Er ist beeindruckt von der "stoischen Ruhe" in deutschen Unternehmen trotz der zunehmenden Risiken, die sich in stabilen Konjunkturumfragen wie dem ifo-Index widerspiegelt. Robert Halver blendet die Risiken zwar nicht aus, aber schaut über die kurzfristig aufkommenden Schwankungen hinweg und ist auf längere Sicht optimistisch, bleibt bei seiner Einschätzung "7".

Somit ergibt sich aus den drei Stimmen ein Durchschnitt für den Werthstein-Index Oktober von 3,7 Punkten - ein Niveau von Zurückhaltung geprägt, mit dem Werthstein in das vierte Quartal geht. Die mittelfristigen Aussichten sind zwar immer noch recht gut, aber die kurzfristige Zukunft könnte turbulent werden. Um die zunehmenden Risiken an den Aktienmärkten aufzufangen, können Sie als Anleger in den Zeitgeist "Zinswende" investieren. In Kombination mit dem etwas zurückhaltenden Basisportfolio und interessanten Zeitgeists ist man dann mit Blick auf die langfristige Geldanlage gut aufgestellt.