DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Abbau der Lagerbestände von Pharmakunden hat den Verpackungshersteller Gerresheimer zum Jahresstart gebremst. Überraschend kommt das nicht, denn viele Pharma- und Biotech-Unternehmen hatten sich während der Corona-Pandemie die Lager gefüllt und verbrauchen nun erst einmal überschüssiges Material. Die Führung von Gerresheimer setzt nun weiter auf bessere Geschäfte in der zweiten Jahreshälfte und hält an ihrem Geschäftsausblick fest. Für die Aktien des Unternehmens ging es am Vormittag um 1,5 Prozent nach unten.

Der Abbau der Lagerbestände gehe zurück, werde aber im zweiten Quartal noch zu spüren sein, erklärte Finanzchef Bernd Metzner im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Bis zum Quartalsende werde man aber wohl aus dem Gröbsten raus sein.

Für das zweite Halbjahr rechnet Metzner auch daher mit einem anziehenden Wachstum. Dann wird jedoch auch die Vergleichsbasis aus dem Vorjahr niedriger, denn damals waren die coronabezogenen Erlöse weggebrochen.

Im abgelaufenen ersten Geschäftsquartal (bis Ende Februar) steigerte Gerresheimer seinen Umsatz im Jahresvergleich um 1,8 Prozent auf gut 466 Millionen Euro. Aus eigener Kraft - also Portfolio- und Wechselkurseffekte herausgerechnet - lag das Wachstum bei 2,8 Prozent, wie der MDax-Konzern am Donnerstag weiter mitteilte.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte um 3,7 Prozent auf 80,9 Millionen Euro zu. Unter dem Strich entfiel auf die Aktionäre der Düsseldorfer im ersten Quartal ein Überschuss von gut 13 Millionen Euro, fast eine Million mehr als ein Jahr zuvor. Mit dem Umsatz übertraf Gerresheimer die durchschnittlichen Schätzungen von Analysten, der operative Gewinn traf die Erwartungen.

Den Lagerabbau bekam vor allem das Geschäft mit pharmazeutischen Primärverpackungen der Sparte PPG rund um Glas-Fläschchen, Karpulen und Ampullen zu spüren. Der Geschäftsbereich Plastics & Devices mit dem Fokus unter anderem auf Kunststoffverpackungen, vorfüllbare Spritzen, Inhalatoren und Pens wuchs hingegen, und zwar deutlich.

Die Blicke von Investoren und Analysten dürften sich aber auch auf die kleinste Sparte Advanced Technologies richten, erklärte Analyst James Vane-Tempest vom Investmenthaus Jefferies. Hier knickten die Erlöse wegen niedrigerer Umsätze im Projektgeschäft um gut 80 Prozent auf nur noch 0,6 Millionen Euro ein. Dabei entstand vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sondereffekten ein Verlust von 5,1 Millionen Euro. Entwicklungsprojekte wie digitale Plattformen für die Therapieunterstützung, körpergetragene Medikamentenpumpen und die eigene Autoinjektor-Plattform würden aber planmäßig weitergeführt, betonte Gerresheimer.

Gerade an der Pumpe gebe es viel Interesse, aber da brauche man ein wenig Geduld, sagte Metzner. Zudem rechnet er weiterhin noch in diesem Jahr mit einer Zulassung des Mittels Furosemid in Verbindung mit einer Mikropumpe zur Behandlung von Ödemen bei Herzinsuffizienz durch die US-Arzneimittelbehörde FDA. Gerresheimer arbeitet hier mit dem Schweizer Biopharma-Unternehmen SQ Innovation zusammen. Metzner betonte zudem erneut, dass der Bereich Advanced Technologies nicht im Unternehmensausblick enthalten sei.

Analyst David Adlington von der US-Bank JPMorgan stellte in einer ersten Einschätzung vor allem auf den Geschäftsausblick des Unternehmens ab. Dass Gerresheimer die Ziele für 2024 und 2025 bestätigt habe, signalisiere Zuversicht in eine Beschleunigung des Wachstums.

Für das Geschäftsjahr 2024 peilt Konkurrent von Schott Pharma ein Umsatzplus aus eigener Kraft von 5 bis 10 Prozent an. Das operative Ergebnis (bereinigtes Ebitda) soll organisch 430 bis 450 Millionen Euro erreichen. Eine Eingrenzung und Präzisierung der Ziele könnte es laut Finanzchef Metzner bei der Veröffentlichung der Zahlen fürs zweite Jahresviertel im Juli geben.

Mit Blick auf seine Wachstumsziele will der Konzern auch von einem hohen Auftragsbestand und der Expansion der Fertigungskapazitäten profitieren. "In den nächsten Monaten laufen wie geplant weitere neue Linien für langjährige Großaufträge an", erläuterte der Vorstandsvorsitzende Dietmar Siemssen laut Mitteilung.

Eine wichtige Rolle spielt dabei das profitable Geschäft rund um empfindliche biopharmazeutische Medikamente, die spezielle Verpackungen benötigen. Auch das Geschäft mit Verpackungen, Spritzen und Auto-Injektoren für GLP-1-Medikamente zur Behandlung von Diabetes und starkem Übergewicht nimmt weiter Fahrt auf.

Vor diesem Hintergrund peilt Gerresheimer für das Jahr 2025 weiterhin ein Umsatzwachstum aus eigener Kraft von 10 bis 15 Prozent an. Die bereinigte operative Marge soll mindestens 22 Prozent erreichen. Mittelfristig strebt das Management ein jährliches Umsatzplus von mindestens 10 Prozent sowie eine Marge von 23 bis 25 Prozent an./mis/stw/nas

Quelle: dpa-Afx