Airbus-Chef Tom Enders hält derzeit viele Bälle in der Luft. Der Manager verhandelt derzeit mit dem amerikanischen Luftfahrt-Dienstleister Standard Aero über den Verkauf seiner Wartungstochter Vector. Gestern schloss der 58jährige eine fast 23 Milliarden Dollar schwere Vereinbarung mit China über die Lieferung von 140 Flugzeugen ab und bildet mit sieben deutschen Firmen ein Konsortium für einen großen Hubschrauberauftrag.

Nachdem die Bestellungen im ersten Quartal stark weggebrachen zeigen die jüngsten Meldungen, dass der Flugzeugbauer trotz seines internen Umbaus auf Kurs bleibt. Bei der Umstrukturierung legt Airbus sein Zivilflugzeug-Geschäft mit der Zentralholding zusammen. Das Verkaufsteam des Flugzeugbauers berichtet nun direkt an Enders. Der Chef der Flugzeugbausparte, Fabrice Bregier, wird dabei umgangen. Enders begründete das damit, dass Bregier in seiner neuen Rolle als Vorstand für das operative Geschäft mehr Aufgaben erhalten habe. Er könne sich nun auf die Auslieferungen konzentrieren. Enders zufolge steht Airbus noch vor zahlreichen Herausforderungen wie der Übergang zum Neo, der Produktionshochlauf der A320-Familie, die A350-Familie oder der Militärtransporter A400m.

Der Auftrag aus China stammt von der China Aviation Supplies Holding Company. Der Staatskonzern teilt die bestellten Flieger an die chinesischen Fluggesellschaften zu. Ein entsprechender Vertrag sei während des Besuchs von Präsident Xi Jinping in Deutschland unterzeichnet worden, so Airbus. Darunter seien 100 Kurz- und Mittelstreckenflieger der A320-Familie sowie 40 Langstreckenflieger A350. Die Lieferung der A320-Flieger umfasst eine Mischung aus dem älteren CEO- und dem neuen Neo-Modell, während die Mehrheit der A350 aus der -900-Version besteht. Der Deal ist flexibel, abhängig von den Verhandlungen mit den Fluggesellschaften. Enders erwartet, dass knapp die Hälfte der Flieger aus der A320-Familie in China selbst gebaut werden. Auch die zuletzt sinkende Nachfrage für den A380 könnte etwas Belebung aus dem Reich der Mitte erfahren. Enders zufolge befindet sich der Flugzeugbauer zudem in Gesprächen mit China über eine Lieferung des Großraumflugzeugs A380. Das werde aber nicht über Nacht geschehen und müsse intensiv besprochen werden, erklärte er.

Neben den ersten quasi eigenen Verkaufserfolgen, arbeiten der Airbus-Chef weiter daran den Konzern auf sein Kerngeschäft auszurichten. Die Wartungstochter Vector Aerospace ist mit seinen 2200 weltweit verteilten Mitarbeitern auf die Instandhaltung von Helikoptern und Flugzeugtriebwerken spezialisiert. Im vergangenen Jahr machte die Konzerntochter einen Umsatz von gut 622 Millionen Euro. Die Sparte kam im Rahmen der Übernahme von Eurocopter 2011 zu Airbus. Kaufinteressent Standard Aero gehört dem Investmentfonds Veritas Capital. Ein möglicher Deal stehe unter dem Vorbehalt von Konsultationen der Arbeitnehmervertreter und Behörden-Genehmigungen, so Airbus.

Doch Airbus will nicht nur im zivilen Luftfahrtgeschäft punkten. Um sich einen großen Anteil an dem geplanten Auftrag im Volumen von 3,8 Milliarden Euro für neue Bundeswehr-Transporthubschrauber erhalten, schließt sich der Konzern mit sieben deutschen Firmen zu einem Konsortium zusammen. "Es geht um die Zukunft der deutschen Hubschrauberindustrie", kommentierte Wolfgang Schoder, Chef von Airbus Helicopters Deutschland den Schritt. Zwar hat Airbus keinen schweren Transporthubschrauber in Programm, der die Anforderungen der Bundeswehr erfüllt. Der Konzern will sich aber die Anforderungen genau anschauen, sobald sie vom Verteidigungsministerium vorgelegt werden - voraussichtlich 2018. Schoder sagte, man stehe in einem knallharten Wettbewerb mit der US-Industrie. Jetzt müsse zunächst sichergestellt werden, dass ein beträchtlicher Teil des Auftrags nach Deutschland gehe.

Auf Seite 2: Einschätzung der Redaktion

Nach dem Ordereibruch im ersten Quartal hellte sich das Bild bereits zur weltweit größten Luftfahrtmesse Ende Juni in Paris auf. Dort konnte sich Airbus Insidern zufolge über eine beachtliche Zahl an Bestellungen neuer Jets freuen. Perus neue Billigairline Viva Air Peru will 30 Flieger des Typs A320neo im Gesamtwert von fünf Milliarden Dollar ordern. Weitere 40 Flugzeuge dieser Kategorie bestellt die China Development Bank aus dem Reich der Mitte - jedoch zu einem deutlich günstigeren Gesamtpreis von 4,3 Milliarden Dollar. Die größte Order machte der Konzern selbst öffentlich: 100 Airbus A320 für die Leasing-Tochter des US-Konzerns General Electric. Für Airbus sind die Aufträge für den Bestseller ein wichtiges Signal für robustes Kundenvertrauen, vor allem mit Blick auf das große Interesse für die neue Variante der Boeing 737 Max des US-Konkurrenten, die auf der Pariser Messe vorgestellt wird. Die Aktie bleibt aussichtsreich.

Die jetzige Großorder aus China belegt das Kundeninteresse an den Airbus-Fliegern erneut. Gleichzeitig ist der Auftrag ein erster Erfolg für den unter Enders neu aufgestellten Vertrieb des Konzerns. Der Verkauf der Wartungstochter könnte zudem einen rentablen Sondergewinn einbringen. Die Erfolgsaussichten im Rüstungsgeschäft sind indessen deutlich schwerer abzuschätzen. Die Initiative von Airbus ist jedoch deutlich positiv zu werten.

Einschätzung: Kaufen

Kursziel: 100,00 Euro

Stoppkurs: 61,00 Euro