Der Begriff "Lieblingsaktie" wird in Finanzmedien gern verwendet. Zum Beispiel wird der Börsenlegende Warren Buffett eine besondere Zuneigung zur Coca-Cola-Aktie nachgesagt. Während es sich dabei um eine mehr als 25 Jahre alte Liebe handelt, sind Analysten und Investmentbanker etwas sprunghafter. Auf gut Deutsch gesagt, treiben sie beinahe wöchentlich eine neue Sau durchs Dorf.

Eine exakte Definition von "Lieblingsaktie" existiert nicht. Das ist wie im richtigen Leben: Die einen sehen es relativ kurzfristig, die anderen binden sich quasi für immer. Dabei kommt es entscheidend auf den Anlegertyp an. Der klassische deutsche Kleinanleger kauft in der Regel Standardwerte aus dem DAX und behält diese über einen längeren Zeitraum. Verschiedene Umfragen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass vor allem Standardwerte wie Allianz, BASF oder auch Deutsche Telekom in den Depots der Privatanleger zu finden sind. "Ich besitze immer noch Telekom-Aktien der ersten Stunde", berichtet Dietmar G. stellvertretend für viele Kleinanleger. 1996 betrat der Exmonopolist zum Kurs von 14,57 Euro das Börsenparkett, dann folgte eine Achterbahnfahrt: erst rauf auf über 100 Euro und dann runter unter zehn Euro.

Grundsätzlich ist es durchaus sinnvoll, Aktien als Langfristanlage zu betrachten. Allerdings nur dann, wenn man wie im Fall von Dietmar G. das eingesetzte Kapital entbehren kann. Mittlerweile ist die Telekom- Aktie wieder nahe an ihrem IPO-Preis, und Dietmar G. liegt mit dem Investment - Dividenden eingerechnet - trotz des jahrelangen Gefühlschaos sogar im Plus. Jedoch gibt es auch hoffnungslose Fälle, von denen man sich trennen sollte, wie etwa Intershop. Die Aktie des ehemaligen Highflyers aus den Zeiten des Neuen Marktes befindet sich immer noch in vielen Depots, der Wert liegt aber nur noch im Ein-Euro-Bereich. Hier schlägt die Börsenpsychologie bei den Anlegern durch. Da sie sich Fehlinvestments oft nicht eingestehen wollen und auch keinen Verlust realisieren möchten, kann aus einer zu großen "Verliebtheit" am Ende eine sehr teuere Angelegenheit werden.

Auf Seite 2: Der Rückgang der Aktienkultur



Was Aktien betrifft, übt sich das Gros der Deutschen in Zurückhaltung. Anders als etwa in den USA hat sich hierzulande noch keine richtige Aktienkultur entwickelt. Flammte zur Jahrtausendwende die Begeisterung für die Börse im Zuge des Neuen Marktes kurzfristig auf, ist heute nicht mehr viel davon übrig. Laut dem Deutschen Aktieninstitut haben von 2001 bis 2013 rund 3,9 Millionen Menschen das Interesse an Aktien verloren. Das entspricht einem Rückgang von 30 Prozent oder einem Anteil von nur noch 13,8 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre. Besonders die Fondsanleger verloren zuletzt die Geduld. Nahezu jeder 13. hat sich im Laufe des vergangenen Jahres aus dieser Assetklasse zurückgezogen. Dagegen ist die Zahl der Aktionäre, also jener Anleger, die direkt in Aktien investieren, stabil geblieben. Rund 4,6 Millionen Menschen, das entspricht 7,1 Prozent der Bevölkerung, halten Aktien in ihren Depots.



Auf Seite 3: Die Favoriten der Anleger



Für welche Aktien sich Anleger besonders interessieren, zeigt eine Auswertung auf unserem Internetportal www.boerseonline. de. Börsentäglich wird eine Statistik erstellt, nach welchen Aktien am häufigsten gesucht wird. Zwar kommt es dabei bei kleinen Nebenwerten oft zu Ausreißern nach oben, wenn gerade eine besonders heiße Nachricht über den Ticker läuft, aber im Allgemeinen tauchen unter den ersten 20 Titeln häufig die gleichen auf. So sind schon seit längerer Zeit die Klickraten für Apple die höchsten. Dominiert werden die Top 20 aber von DAX-Titeln, die knapp drei Viertel der Rangliste stellen.

Das Verhältnis deutscher zu internationalen Werten spiegelt sich auch in den Portfolios der Privatanleger. Nach Berechnungen der Onlinebank Comdirect befinden sich in den von ihnen betreuten Kundendepots 63 Prozent heimische und 37 Prozent ausländische Aktien.



Auf Seite 4: Die beliebtesten Aktien der Deutschen im Check



In der Übersichtstabelle unten haben wir die 20 meistgesuchten Aktien in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet und geben zudem zu jedem Titel eine Einschätzung ab. Zu neun der beliebtesten Titel auf www.boerse-online.de haben wir eine positive Einschätzung. Die sechs Top-Favoriten der Redaktion stellen wir Ihnen auf den Seiten 15 und 16 noch genauer vor. Auf der "Beobachten"-Liste finden sich zehn der populärsten Werte, darunter beispielsweise die Aktie von Daimler. Auch wenn es bei dem schwäbischen Autobauer operativ derzeit rundläuft, hat die jüngste Marktkorrektur den Titel unter unseren Stoppkurs rutschen lassen. Seither hat sich der Titel aber bereits wieder stark erholt und steht derzeit unter genauer Beobachtung - Hochstufung möglich. Denn die jüngsten Absatzzahlen aus Europa und den Vereinigten Staaten zeigen eine beschleunigte Autokonjunktur, was Daimler wiederum sehr entgegenkommt.

Zum Verkauf raten wir dagegen bei der Deutschen Lufthansa. Hohe Umstrukturierungskosten sowie lange Streiks haben die Kranich-Airline zuletzt erneut zu einer Gewinnwarnung veranlasst und die Aktie in den Sinkflug gesteuert. Solange sich die Rahmenbedingungen für Europas größte Fluglinie nicht verbessern, bleibt unser Daumen nach unten gesenkt.



Auf Seite 5: Die Lieblingsaktien im Überblick



Adidas: Nach kurzer Trennung wächst die Zuneigung

Die berühmten drei Streifen aus Herzogenaurach zeigten zuletzt deutliche Abnutzungserscheinungen. Adidas steckt operativ in Schwierigkeiten: Neben dem schwachen Markt für Golfausrüstungen wirkt sich vor allem die Russland-Krise negativ auf die Bilanz des Sportartikelherstellers aus. Dies führte dazu, dass das Unternehmen bei seiner Prognose bereits mehrmals zurückrudern musste. Die Folge: ein ausgeprägter Kurssturz. Von über 90 Euro im Januar dieses Jahres ging es bis auf knapp 50 Euro nach unten. Auf diesem Niveau hat sich der Kurs dann stabilisiert. Seit Kurzem probt die Aktie sogar für ein Comeback. Das bringt dem Bluechip wieder verstärkt Sympathien ein. Positiv stimmte der jüngste Zwischenbericht. So sackte das Ergebnis im dritten Quartal nicht so stark ab wie von Analysten befürchtet, und das Geschäft zeigte insgesamt eine Normalisierung. Zudem hält Adidas an seinem Jahresziel fest: Der Umsatz soll im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich steigen und sich der Nettogewinn auf 650 Millionen Euro belaufen. Das starke Momentum und die attraktive Bewertung stimmen uns positiv, dass die Aktie ihren Erholungskurs fortsetzt. Unterstützend kommt ein 300 Millionen Euro schwerer Aktienrückkauf dazu.



Auf Seite 6: Apple



Apple: Die Begeisterung reißt nicht ab Umfragen zeigen, dass der Name Apple weit mehr als 60 Prozent der deutschen Bevölkerung bekannt ist. Weltweit hat der "Apfel" mit seinem Produkttrio - iPhone, iPad und iPod - Coca-Cola im Bekanntheitsgrad bereits überholt. Daher verwundert es auch nicht, dass der Aktie viel Interesse entgegengebracht wird. Der Tech- Titel führt regelmäßig die Liste der meistgesuchten Aktien auf unserer Website boerse-online.de an. Das liegt auch daran, dass der US-Kultkonzern mit dem neuen iPhone 6 derzeit viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das kommt der Aktie zugute, die inzwischen neue Höchststände erklimmt. Für Apple-Großinvestor Carl Icahn sind die Kursgewinne von 50 Prozent in diesem Jahr noch nicht genug, er fordert von Apple-Chef Tim Cook weitere kursstützende Maßnahmen wie Aktienrückkäufe. 200 Dollar je Aktie oder knapp 1,2 Billionen Dollar soll der Konzern nach Ansicht von Icahn wert sein. Auch wenn dieses Ziel nicht über Nacht erreicht werden kann, stehen die Ampeln weiter auf Grün. Nach Bestmarken im vierten Quartal des Geschäftsjahres 2013/2014, das am 30. September endete, verspricht Oberhaupt Cook mit Erlösen von 63 bis 66,5 Milliarden Dollar für das laufende Weihnachtsquartal weitere Rekorde.



Auf Seite 7: Allianz



Allianz: Lange verschmäht, nun wieder geliebt Während der Finanzkrise 2007/08 hat die Beliebtheit der Allianz-Aktie enorm gelitten. Ebenso der Unternehmenswert, der innerhalb kürzester Zeit auf weniger als ein Drittel zurückging. Aktuell nimmt der Beifall für den Versicherungskonzern aber wieder spürbar zu. Ein Grund dafür ist die steigende Dividende. Als erster DAX-Konzern kündigte die Allianz kürzlich an, die Ausschüttungsquote werde von 40 auf 50 Prozent angehoben. Das ist klar über dem Durchschnitt, der im DAX bei 35 bis 40 Prozent liegt. Damit nicht genug: Für Zukäufe reservierte Gelder, für die der Konzern keine Verwendung findet, sollen ebenfalls alle drei Jahre an die Aktion.re ausgekehrt werden. Die Allianz kann sich das leisten, der Konzern wies nach neun Monaten einen Gewinn von fünf Milliarden Euro aus. Der mit Turbulenzen verbundene Weggang von Bill Gross vom Pensionsfondsverwalter Pimco scheint allmählich überstanden. Nach Milliardenabflüssen zeigte sich Finanzchef Dieter Wemmer zuletzt überzeugt, dass sich die Tochter Pimco schnell von dem Schock erholt. Auch die Börse glaubt daran: Die Allianz- Aktie markierte jüngst ein Sechsjahreshoch. Der Titel weist eine attraktive Kombination aus 5,1 Prozent Dividendenrendite und einem KGV von unter 10 auf.



Auf Seite 8: BMW



BMW: Autos aus München sind weltweit begehrt Autoaktien üben auf Anleger einen speziellen Reiz aus: Mit dem Produkt der Unternehmen kann man sich leicht identifizieren. Eine besondere Stellung hat hier BMW: Das weiß-blaue Emblem ist millionenfach auf Straßen in aller Welt vertreten. Nach dem Motto "Teurer, größer, luxuriöser" verzeichnet der Premiumhersteller seit Jahren steigende Auslieferungszahlen. So legte der Absatz seit 2009 Jahr für Jahr kontinuierlich zu. Dabei verdient BMW deutlich besser als die Konkurrenz. In den vergangenen drei Jahren erreichten die Münchner jeweils eine Rendite vor Zinsen und Steuern von über zehn Prozent. 2014 soll nahtlos an diese Entwicklung angeknüpft werden. Der Vorstand erwartet neue Bestmarken bei Umsatz und Gewinn. Um dieses Ziel auch zu erreichen, zündete BMW ein Modellfeuerwerk: Insgesamt 16 neue Karossen beziehungsweise Überarbeitungen verlassen dieses Jahr die Werke. Mit sichtbarem Erfolg: Bei den Auslieferungen erzielte BMW im Oktober einen neuen Rekord. Auch die Zahlen zum dritten Quartal fielen besser aus als erwartet. Insgesamt erwirtschaftete die Pkw-Sparte von Juli bis September eine operative Marge von 9,4 Prozent und ließ damit die Rivalen einmal mehr hinter sich.



Auf Seite 9: Deutsche Telekom



Deutsche Telekom: Eine alte Liebe rostet nicht Bereits 1996 beim Börsengang der Deutschen Telekom zog die Leitfarbe Magenta die Anleger in ihren Bann. Kaum jemand kam an der Zeichnung der "T-Aktie" vorbei. Von der damaligen Euphorie ist zwar heute nichts mehr zu spüren, doch der altbewährte Rosaton ziert seit Neuestem sogar die Mobilfunktarife des Konzerns. Und nachdem es der DAX-Titel vor gut einem Jahr wieder in zweistellige Kursregionen geschafft hat, nimmt auch das Anlegerinteresse zu. Eine Analyse der DAB Bank aus dem vergangenen Jahr ergab, dass noch in jedem fünften Depot Telekom-Papiere stecken. Mit der jüngsten Klettertour gehen operative Erfolge einher. Insbesondere die US-Mobilfunktochter macht derzeit Freude. Aber auch in Europa entfalten die Wachstumsinitiativen der Bonner immer mehr Wirkung. Das neue Bündelangebot - auf Neudeutsch Bundle - "MagentaEINS" für Festnetz- und Mobilfunktelefonie, Internet und Fernsehen zeigt, dass der Konzern mehr auf wertschöpfende Zusatzangebote als auf Rabatte setzt. "Zudem dürfte die Neukundengewinnung im Breitbandbereich an Dynamik gewinnen", glaubt Société-Générale-Analyst Ottavio Adorisio und empfiehlt den Titel weiter zum Kauf. Auch bei uns bleibt der Daumen oben.



Auf Seite 10: Nordex



Nordex: Der Beifall für den Ökotitel nimmt zu Eine wahre Gefühlsachterbahn durchlebte Nordex in den vergangenen Jahren. Als vielgeliebter Ökotitel Anfang des Jahrtausends durchgestartet, folgte eine lange Zeit mit Höhen und noch mehr Tiefen. Zuletzt fühlten sich aber wieder mehr Anleger zu dem Windkraftspezialisten hingezogen. Nicht ohne Grund: 2013 ist dem Anlagenbauer der Turnaround gelungen. Im laufenden Jahr konnten die Hamburger den positiven Trend fortsetzen und hoben dank eines guten Auftakts nach dem ersten Quartal gleich die Jahresziele an. Nach neun Monaten lag das Unternehmen mit seinen Geschäftszahlen erneut über Plan und legte auf die Prognose abermals eine Schippe drauf. Erwartet wird nun ein Umsatz zwischen 1,65 und 1,75 Milliarden Euro und eine operative Marge im Bereich von 4,5 bis 5,0 Prozent. Damit nicht genug: Auch die mittelfristigen Ziele bis 2017 signalisieren weiteres Umsatz- und Ergebniswachstum. So sollen Erl.se von zwei Milliarden Euro bei einer Ebit-Marge von sieben bis acht Prozent erreicht werden. Damit ist klar: Der Gewinn wird künftig deutlich schneller als der Umsatz wachsen, was wiederum der Nordex-Aktie zugutekommen sollte. Die Windkraft-Aktie ist für uns einer der Toptitel aus dem TecDAX.