Apple-Boss Tim Cook stand lange im Schatten des übermächtigen Konzerngründers Steve Jobs. Doch seit gestern dürften auch die letzten Zweifler Abbitte leisten. Denn die Kalifornier haben ein Quartal für die Geschäftsbücher hingelegt. Trotz Gegenwinds von der Währungsseite kletterte der Umsatz um 30 Prozent das Rekordhoch von 74,6 Milliarden Dollar. Die Bruttomarge, also Umsatz minus Herstellkosten, lag bei satten 39,9 Prozent nach 37,9 Prozent im Vorjahr. Und das Ergebnis kletterte um 38 Prozent auf atemberaubende 18 Milliarden Dollar.

Bislang stammt der Gewinn-Weltrekord aus dem Jahr 2012. Damals hatte Exxon Mobil 15,9 Milliarden Dollar abgeräumt. Nun hat Apple auch diese Marke ausgelöscht.

Die Eckzahlen liegen meilenweit jenseits der ohnehin optimistischen Erwartungen der Wall Street: Die Auguren hatten Apple lediglich 67,4 Milliarden Dollar Umsatz und 2,60 Dollar Gewinn je Aktie zugetraut. Am Ende waren es 3,06 Dollar.



Den historischen Erfolg hat Apple vor allem seinem neuen iPhone 6 zu verdanken. Zwischen Oktober und Dezember setzten die Kalifornier weltweit insgesamt 74,5 Millionen Apfel-Handys. Das waren 46 Prozent mehr als im Vorjahresquartal und weit jenseits der 65,7 Millionen, die Analysten prognostiziert hatten.

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Das iPhone 6 ist vor allem ein Erfolg von Tim Cook

Apple-Ikone Steve Jobs hatte sich jahrelang gegen die Entwicklung von iPhones mit größeren Displays gestemmt. Doch angesichts des weltweiten Trends zu immer größeren Geräten - so genannten Phablets, also einer Mischung aus Phone und Tablets - verordnete Tim Cook dem Konzern vor gut anderthalb Jahren einen radikalen Schwenk. Statt wie zuvor auf Geräte mit vier Zoll-Display zu setzen, schickt Cook die aktuelle Version des iPhone mit der Versionsnummer 6 nun mit einem 4,7-Zoll-Bildschirm an den Start, das iPhone 6 Plus kommt sogar mit 5,5 Zoll.

Seither kriegen sich die Kunden nicht mehr ein. Weltweit hat der Konzern im abgelaufenen Quartal im Schnitt 34.000 iPhones verkauft - pro Stunde. "Die Nachfrage für das iPhone", sagte Cook gestern in einer Telefonkonferenz mit Analysten, "war atemberaubend".



Vor allem in China hat Apple mit dem iPhone zuletzt voll abgeräumt. In dem noch relativ jungen Markt hat der Konzern den Absatz zuletzt verdoppelt und schob sich damit auf Rang 1 unter den Smartphone-Herstellern im Reich der Mitte. Angesichts des phänomenalen Erfolgs in der Volksrepublik ist die Region Greater China um China, Hong Kong und Taiwan mit einem Umsatzwachstum von 60 Prozent auf 16,1 Milliarden Dollar inzwischen bereits fast so groß wie Europa. Bis der Alte Kontinent auf Rang 3 im Apple-Umsatz-Universum zurückfällt, ist es damit nur noch eine Frage der Zeit.

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Ein kleiner Wermutstropfen

Zwar kannibalisiert der umwerfende Erfolg des iPhones offenbar auch die iPad-Verkäufe - sie sanken zuletzt um 18 Prozent auf 21,4 Millionen Geräte. Dafür liegt Apple bei den Macs weiter zu. Im abgelaufenen Quartal reichte es für ein unerwartet deutliches Absatzplus von 14 Prozent auf 5,5 Millionen Einheiten. Damit rangiert der Konzern mit seinen hochpreisigen Rechnern inzwischen auch weltweit unter den Top 10-Anbietern. Noch vor kaum zwei Jahren tauchte Apple in dieser Statistik überhaupt nicht auf.



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Weshalb die Rallye noch nicht vorüber ist

Bei Investoren kamen die Zahlen entsprechend gut an. Nachbörslich notierte die Apple-Aktie fünf Prozent im Plus. Auf Sicht von 52 Wochen hat die Apple-Aktie inzwischen 40 Prozent zugelegt. Ist es für einen Einstieg also vielleicht schon zu spät? Nein. Und zwar aus vier Gründen:

1. Randvolle Produktpipeline

Apple hat eine randvolle Produktpipeline. Seit Wochen kursieren Gerüchte, wonach der Konzern demnächst mit einem komplett neuen 12-Zoll-Macbook an den Start gehen könnte. Es dürfte die Mac-Absätze kräftig ankurbeln. Dazu steht die lange erwartete Apple Watch vor der Markteinführung. Sie soll ab April in den Handel kommen, sagte Cook gestern in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Die Apple Watch wäre die erste völlig neue Produktkategorie des Konzerns seit der Einführung des iPads 2010. Zwar gibt es viele skeptische Stimmen, die Apples Wearable keine allzu großen Erfolge vorhersagen und dabei darauf verweisen, dass die Apfel-Uhr nur in Verbindung mit einem iPhone 5 S bzw. iPhone 6 all ihre Features voll ausspielen kann. Doch dürfte bereits alleine der Coolness-Faktor genügen, um für satte Nachfrage zu sorgen.

2. Steigende Brutto-Margen

Weltweit neigen immer mehr Kunden zu den iPhone 6-Varianten mit größerem Speicher. Weil die Kamera des Smartphones inzwischen für Schnappschüsse mehr als ausreichend ist, knipsen immer mehr User nur noch mit ihren Smartphones. Doch dafür braucht es größere Speicher. Beim iPhone liegt der Preisunterschied zwischen der 64 GB-Variante und der 128-GB-Variante bei 100 Euro bzw. Dollar. Der zusätzliche Speicher kostet im Einkauf aber nur 20 Dollar mehr, rechnet Citi-Analyst Jim Suva vor. Das treibt die Marge: Im Weihnachtsquartal lag der durchschnittliche iPhone-Preis bei 687 Dollar. Ein Jahr zuvor schaffte der Konzern noch einen Durchschnittserlös von 637 Dollar je Gerät.

3. Ausbau des Unternehmensgeschäfts

Apple hat sich in den vergangenen Jahren vor allem auf das Geschäft mit Endkunden konzentriert und hier Premium-Preise durchsetzen können. Nun wollen die Kalifornier sich offenbar auch verstärkt im Geschäft mit Firmenkunden breit machen. Erst im vergangenen Sommer hat Apple dazu eine Kooperation mit IBM angekündigt. Gemeinsam mit Big Blue will Apple-Boss Tim Cook nun Lösungen für Unternehmen vorantreiben. Apple ist ein attraktiver Partner. Privat nutzen ohnehin bereits viele Mitarbeiter die Produkte aus Cupertino. Daher dürfte der Konzern hier gemeinsam mit IBM offene Türen einrennen.

4. Attraktive Bewertung

Apple hat die Umsatzerwartung der Wall Street gerade um 11 Prozent übertroffen. Beim Gewinn lag der Konzern sogar 18 Prozent besser als gedacht. Doch trotz eines Kursanstiegs von 40 Prozent binnen Jahresfrist liegt das KGV immer noch bei 13. Zum Vergleich: Im S&P 500 liegt das KGV bei 16,7.

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Einschätzung der Redaktion

Die Apple-Story ist noch längst nicht vorüber - im Gegenteil. Zwar rechnet Apple-Finanzchef Luca Maestri im laufenden Jahr wegen der Dollarstärke mit weiterem Gegenwind von der Währungsseite. Zudem laufen viele aktuelle Hedging-Verträge aus und müssen nun zu verschlechterten Konditionen verlängert werden.

Aber das iPhone bleibt der Goldstandard in der Branche, die Margen sind auf Rekordniveau und die Produkt-Pipeline stimmt. Zudem ist die Aktie mit einem KGV von 13 immer noch günstig bewertet. Auch charttechnisch ist alles im grünen Bereich. Der Aufwärtstrend ist intakt. Bis das aktuelle Allzeithoch bei 120 Dollar fällt, dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein.

Apple bleibt ein Basisinvestment. Wir bleiben bei unserer Kaufempfehlung und erhöhen unser Kursziel auf Sicht von zwölf Monaten von bislang 120 auf 130 Euro. Kaufen.