Doch bis zum Ende des ersten Quartals 2019 will DowDuPont einen ersten Unternehmensteil abspalten, bis Juni soll die von Beginn an geplante Aufspaltung in drei Firmen perfekt sein. Eine Blaupause auch für BASF? "Wir fragen uns, ob BASF nicht kleiner werden sollte, um wertvoller zu werden", sagt Analyst Sriharsha Pappu von HSBC.

Und so wird sich der künftige BASF-Chef Martin Brudermüller, der im Mai das Ruder von Bock übernimmt, die Frage stellen lassen müssen, wohin er das Chemie-Dickschiff steuern will. Noch glauben viele Investoren an die Vorteile des Verbundsystems von BASF. Dieses ermöglicht es den Ludwigshafenern, eine große Bandbreite von Chemikalien in ihrer Wertschöpfungskette selbst herzustellen - von Grund­che­mi­ka­lien bis hin zu hochveredelten Produkten wie Lacken oder Pflanzenschutzmitteln. Abfallprodukte oder überschüssige Energie aus einer Anlage dienen an anderer Stelle wieder als Einsatzstoff.

BASF kann dadurch mehr als eine Milliarde Euro jährlich einsparen, für die Pfälzer bietet das Verbundkonzept nach eigener Einschätzung einen "einzigartigen Wettbewerbsvorteil." Dieses Modell steht aber zunehmend im Widerspruch zu den Erwartungen der Kapitalmärkte - das Konglomerat ist dort schon lange out - und den Plänen der Konkurrenz. Bei BASF stelle sich die Frage, ob der Konzern noch die optimale Portfoliostruktur habe, sagt Analyst Pappu. BASF würde nach seiner Einschätzung zwar nicht von einer größeren Aufspaltung im Stil von DowDuPont profitieren, aber es sei klar, dass einige Geschäfte in der gegenwärtig Struktur unterbewertet seien und auf eigenen Füßen besser dastünden.

ZU TRADITIONELL?



"Das Schöne an dem Verbund ist: Der Verbund kann natürlich jederzeit aufgelöst werden, ohne dass man die Vorteile verliert", sagt Fondsmanager Patrick Jahnke von Deka Investment. "Man kann die Assets verkaufen, aber die Fabrik bleibt dort." Nach seiner Einschätzung gibt es viele, die dafür hohe Preise zahlen würden. So könnten Beteiligungsgesellschaften das Geschäft mit einer höheren Verschuldung betreiben, auf Cashflow hin optimieren und so eine bessere Profitabilität erreichen. "Jetzt wäre eigentlich ein guter Zeitpunkt, Teile der Basischemie zu verkaufen, aber dafür ist die BASF vielleicht doch etwas zu traditionell", urteilt Jahnke.

Fondsmanager Arne Rautenberg von Union Investment erwartet kurz- bis mittelfristig keine Veränderungen am Verbundsystem der BASF. "Das ist aktuell sehr unwahrscheinlich. Im Verbund steckt noch eine ganze Menge Wert." Doch eine Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting kommt zu dem Ergebnis, dass fokussierte Spezialchemieunternehmen höhere Aktienrenditen (Total Shareholder Return) für ihre Eigner erzielen als breit aufgestellte Chemieriesen. In einigen Fällen kämpften letztere sogar mit ihrer eigenen Komplexität. Fokussierung habe sich als der Unterscheidungsfaktor in der Chemiebranche herauskristallisiert und sei ein Gradmesser für den Erfolg eines Unternehmens, erklären die Berater. Spezialisierte Chemieunternehmen seien besonders gut darin, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu verstehen und darauf einzugehen.

Neben Dow und Dupont haben auch andere Großkonzerne begonnen, sich zu fokussieren. So hat Bayer seine Kunststofftochter Covestro 2015 an die Börse gebracht, die Chemiefirma Lanxess wurde schon mehr als zehn Jahre zuvor abgespalten. In den Niederlanden will sich Akzo Nobel bis April von der Spezialchemie trennen und sich künftig nur noch auf Farben und Lacke konzentrieren. Ein Trend, der auch außerhalb der Chemiebranche herrscht: Entsprechende Pläne verfolgen etwa der Technologiekonzern Siemens oder der Autozulieferer Continental - der Handelskonzern Metro hat sie schon hinter sich.

NICHTS ÜBERSTÜRZEN



Auch BASF hat erste Schritte getan: Im Herbst wurde der Einstieg ins Saatgutgeschäft angekündigt, nachdem Bock zuvor lange abgewinkt hatte. Dafür übernimmt der Konzern für fast sechs Milliarden Euro wesentliche Teile der Geschäfte mit Saatgut und Unkrautvernichtungsmitteln von Bayer. Ende 2017 kündigten die Ludwigshafener zudem an, ihre Tochter Wintershall - mit der BASF einen eigenen Öl- und Gasförderer hat - mit dem Rivalen Deal zusammenschließen zu wollen. Ein Schritt, den Fondsmanager Rautenberg begrüßt. "Das vereinfacht die Struktur und setzt im Zweifelsfall eine Menge Kapital frei, um BASF weiterzuentwickeln." Dieses Geld wäre nach seiner Einschätzung am besten in der Spezialchemie investiert. In Frage kämen Teile des Spezialchemiegeschäfts von DowDuPont, die nach der Abspaltung zum Verkauf stehen könnten.

"Ich würde mir wünschen, dass das margenstarke Geschäft weiter gestärkt wird und die Profitabilität weiter wächst", sagt ein weiterer Fondsmanager, der nicht namentlich genannt werden wollte. "Man darf sich nichts vormachen, die BASF wird immer Massenchemie haben. Der Wettbewerb wird aber immer stärker. Vor allem aus Asien." Zu überstürzten Deals sollte sich das Management jedoch nicht hinreißen lassen - das sei aber auch nicht Stil der Ludwigshafener. "Man kann der BASF zwar etwas zu starkes Zögern vorwerfen, aber ich glaube, dass es am Ende gar nicht so schlecht ist, wenn man eher mittelgroße Transaktionen macht und das Risiko besser beherrschbar ist."

rtr