Gerade mal drei Wochen ist der neue Bayer-Chef Werner Baumann im Amt, da will er schon die größte Übernahme der 153-jährigen Konzerngeschichte stemmen. Bayer hat ein Übernahmeangebot für den amerikanischen Agrar-Riesen Monsanto, der vor allem für gentechnisch verändertes Saatgut und das umstrittene Herbizid Glyphosat steht, abgegeben.

Wieviel die Leverkusener auf den Tisch legen wollen, ist noch unbekannt. Billig wird es gewiss nicht. Monsanto ist an der Börse rund 37 Milliarden Euro wert, Bayer nur etwas mehr als doppelt so viel. Um einen Kaufpreis von grob geschätzt 53 Milliarden Euro zu stemmen, müssten die Deutschen wohl eine größere Kapitalerhöhung durchführen oder ihre Beteiligung an der Kunststoffsparte Covestro verkaufen. Auch die Tiermedizinsparte oder gar Teile des Pharmageschäfts stünden wohl zur Disposition. Bayer hatte zum Ende des ersten Quartals Nettoschulden in Höhe von 16,3 Milliarden Euro und eine Eigenkapitalquote von 32,3 Prozent.

Die Aussicht auf eine höhere Verschuldung schmeckt den Aktionären gar nicht: Der Kurs der Bayer-Aktie fiel am Donnerstag zeitweise um neun Prozent. "Wir sind zutiefst beunruhigt", erklärte Fondsmanager Maximilian Anderl von UBS Global Asset Management, die zu den 30 größten Investoren bei Bayer gehört. Bayer könne nicht so viele Schulden aufnehmen, eine mögliche Kapitalerhöhung sei wertzerstörend. Von den Kosten abgesehen, passen die beiden Geschäfte durchaus gut zusammen. Bayer wollte sich ohnehin auf dem Saatgutsektor verstärken, während Monsanto das Geschäft mit Pflanzenschutzmitteln ausbauen möchte. Auch geographisch ergänzen sich die beiden Unternehmen gut: Monsantos Hauptabsatzmarkt ist Nordamerika, Bayer ist in Europa und Asien stärker. Überschneidungen gibt es bei Baumwoll- und Gemüsesaaten.

Allerdings überrascht die Dimension des angestrebten Deals. Bayer hatte sich unter Baumanns Vorgänger Marijn Dekkers gerade vom weitverzweigten Konglomerat zu einem Unternehmen gewandelt, das sich stark auf Pharma und Gesundheit fokussiert. Entsprechend wurde der traditionsreiche Konzern wurde eher wie eine Pharmafirma - und somit höher - bewertet.

Findet die Übernahme statt, verwandelt sich Bayer auf einen Schlag wieder in ein ganz anderes Unternehmen. Der Umsatzbeitrag der Agrarsparte würde von 22 auf rund 40 Prozent klettern. Der diversifizierte Gesundheitskonzern wäre plötzlich ein halber Agrarchemieproduzent. Das bedeutet ein viel zyklischeres Geschäft und eine hohe Abhängigkeit von stark schwankenden Agrarrohstoffpreisen. Der aktuelle starke Kursrückgang ist bereits ein gutes Indiz dafür, dass das nicht die Vorstellung vieler Aktionäre war, als sie sich Bayer-Titel ins Depot nahmen. Wir stufen die Aktie deshalb auf "Beobachten" zurück. Anleger, die investiert sind, sollten sich mit Stoppkursen vor weiteren Verlusten schützen.

Stopp: 81,00 Euro