Zahllose Bloggerinnen stellen im Internet die neuesten Kosmetiktrends vor, fachsimpeln über Lippenstift und Nagellack, tauschen Schminktipps aus und zeigen jede Menge Selfies und Videos ihrer Make-up-Kreationen in sozialen Netzwerken. Oft entwickeln sich Produkte, die dort besonders gelobt werden, zu echten Verkaufsschlagern. Die Schönheitsindustrie freut’s. Der Wunsch, sich stets von der besten Seite zu zeigen, kurbelt die Umsätze der Kosmetikbranche an. In den vergangenen Jahren wartete der Sektor mit sehr stabilen Wachstumsraten auf. Von 2010 bis 2015 erzielte der Markt für Schönheits- und Körperpflegeprodukte weltweit ein jährliches Plus von im Schnitt zwei Prozent.

Geht es nach Nicholas Micallef, schaltet der Sektor noch einen Gang hoch. Der Analyst, der beim Marktforscher Euromonitor für die Beautybranche zuständig ist, rechnet von 2015 bis 2020 mit einem durchschnittlichen Zuwachs von drei Prozent jährlich. Ein Teil des Schwungs stammt von der wachsenden Weltwirtschaft, der zunehmenden Weltbevölkerung und der Tatsache, dass weltweit immer mehr Menschen zur Mittelschicht zählen. Einige Schubkraft verspricht sich Micallef zudem vom sich wandelnden Konsumentenverhalten: "Wir rechnen damit, dass immer mehr Menschen eine Routine bei der Verwendung von Beautyprodukten entwickeln und das als einen Teil des Lebensstils dann auch beibehalten werden."

Seine Prognose passt zu dem, was die Bank of America Merrill Lynch bereits im April 2015 vorhergesagt hatte. Eine Studie mit dem Titel "Vanity Capital: The global bull market in narcissism" ("Der globale Narzissmus-Bullenmarkt") berichtete mit Blick auf gesellschaftliche Trends von Selbstverwirklichung durch eine Konzentration auf das eigene Ich und von einer regen Nachfrage nach allem, was dabei hilft, das individuelle Selbstvertrauen zu stärken. Unternehmen, deren Geschäft sich um die Befriedigung persönlicher Eitelkeiten dreht, hatten eine starke Wertentwicklung vorzuweisen.

Der Blick auf den Solactive-Beauty-Performance-Index bestätigt, dass dieser Trend andauert. Das Barometer, das die Kursentwicklung internationaler Kosmetikaktien abbildet, hat sich seit März 2009 fast vervierfacht. Aus charttechnischer Sicht fällt das Urteil also positiv aus. Hinzu kommen solide Wachstumsaussichten, die der Social-Media-Trend befeuert: In Zeiten, in denen jeder Schnappschuss sofort bei Instagram, Twitter oder Facebook landet, gilt es, stets und überall eine gute Figur abzugeben. Auch immer mehr Männer achten auf ihr Äußeres und kaufen Kosmetika. Hinzu kommt eine alternde Weltbevölkerung, die auf der Suche nach ewiger Jugend der Branche Geld in die Kassen spült.



Bloß keinen Beautytrend verpassen



Schönheit als Statussymbol ist in vielen Schwellenländern ein großes Thema. Das gilt insbesondere für Asien. Von dort schwappen immer mehr Beautytrends in den Westen. Darauf müssen alle Branchenvertreter reagieren - und sie müssen das Konsumverhalten der sogenannten Millennium-Generation beachten. Diese Gruppe der in den 80er- und 90er-Jahren Geborenen kauft gern im Internet und legt mehr Wert auf Make-up als auf Pflegeprodukte.

Wie schnell man einen Trend verpassen kann, zeigt der Kursverfall von Avon Products, dem Weltmarktführer beim Direktvertrieb von Schönheitsprodukten und Kosmetika. Damit ihnen dieses Schicksal erspart bleibt, achten Beautyunternehmen darauf, dass ihr Image nicht verstaubt. Vor dieser Gefahr ist selbst eine Branchengröße wie Estée Lauder nicht gefeit. Der Konzern hat daher Kendall Jenner als frisches Werbegesicht verpflichtet - das 20-jährige Model, Halbschwester von US-TV-Star Kim Kardashian, vermarktet sich selbst äußerst geschickt auf allen Kanälen und erreicht eine junge Zielgruppe. Die Strategie von Estée Lauder scheint aufzugehen: Marken wie Clinique oder M.A.C, die zum Konzern gehören, sind bei der jüngeren Kundschaft sehr angesagt. Belohnt wird die starke Marktstellung mit einem Aktienkurs, der sich seit 2009 fast verzehnfacht hat. Dieser Trend sollte sich so lange fortsetzen, wie es gelingt, prozentual zweistellig Wachstumsraten einzufahren.

Allerdings wird bei Estée Lauder ein Grundproblem vieler Beauty-aktien deutlich: Die Bewertungen sind oft sehr anspruchsvoll. Das macht die Titel anfällig für Rückschläge, sollte das Unternehmen einmal die Erwartungen verfehlen. Diese Gefahr wittert der Markt bei Ulta Salon Cosmetics & Fragrance noch nicht. Der Kurs des Newcomers unter den amerikanischen Kosmetikketten hat sich seit 2009 sogar versiebzigfacht. Das Chartbild ist schlichtweg beeindruckend. Die andauernde Rekordjagd wird befeuert durch ein zuletzt gemeldetes flächenbereinigtes Umsatzwachstum von 15 Prozent sowie der Aussicht auf ein bis auf Weiteres anhaltendes Ergebniswachstum von mehr als 20 Prozent jährlich.

Im Bereich Körper- und Anti-Aging-Pflege ist Beiersdorf mit Marken wie Nivea, Labello, Eucerin oder La Prairie gut positioniert. Aktuell bremsen hier den Aktienkurs noch Probleme bei der Klebefilm-Tochter Tesa sowie das Bewertungsniveau. Doch wenn die Gewinne wie erhofft kontinuierlich zulegen, dann wird die Aktie ein Dauerläufer bleiben.

Aussichtsreich sind auch Konzerne, deren Produkte die künstliche Formung des menschlichen Körpers erlauben, etwa Schönheitsoperationen. Zu diesem Bereich passt Align Technology. Die Amerikaner sind mit einer fast unsichtbaren Zahnspange auf dem Vormarsch. Der Vorstand strebt in den nächsten fünf Jahren ein Umsatzwachstum von 15 bis 25 Prozent jährlich an. Außerdem sollen 20 bis 25 Prozent jedes Umsatzdollars in freien Cashflow münden. Diese Pläne zeigen, wie gut sich auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit Geld verdienen lässt.