Der Flughafen-Attentäter Ibrahim El Bakraoui habe ein Testament auf einem Computer hinterlassen, sagte Bundesanwalt Frederic Van Leeuw bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Sein Bruder Khalid habe sich in der Metro in die Luft gesprengt. Ein weiterer Selbstmordattentäter vom Flughafen sei noch nicht identifiziert. Bei den Anschlägen wurden nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch Deutsche verletzt. Es sei nicht auszuschließen, dass auch unter den Toten Deutsche seien, hieß es in Diplomatenkreisen.

Bei den Attentaten wurden mindestens 31 Menschen getötet und mehr als 270 verletzt. Die Zahl der Toten kann sich nach Van Leeuws Worten noch erhöhen, da die Opfer in der Metro-Station Maelbeek schwer verstümmelt wurden. Außerdem seien einige Überlebende noch in Lebensgefahr. Zu den Attentaten in Brüssel bekannte sich wie auch zu der Anschlagsserie mit 130 Toten im November in Paris die Extremistenmiliz IS.

Van Leeuw sagte, die erste Bombe am Flughafen sei um 07.58 Uhr nahe dem Schalter 11 explodiert. Die zweite Detonation habe sich neun Sekunden später nahe Schalter 2 in der Abflughalle ereignet. Der zweite Selbstmordattentäter vom Flughafen sei noch nicht identifiziert. Ein dritter Täter habe die größte Bombe deponiert, sei aber vor den Explosionen aus dem Gebäude gerannt. Nach ihm werde weiter gefahndet. Belgische Medien berichteten, bei dem Mann handle es sich um Najim Laachraoui, einen mutmaßlichen IS-Rekrutierer und Bombenbauer. Die DNA-Spuren des 25-Jährigen waren auf Sprengstoffgürteln gesichert worden, die bei den Pariser Anschlägen benutzt wurden.

Van Leeuw zitierte einen Ausschnitt aus Bakraouis Testament: "Immer auf der Flucht, nicht mehr weiter wissen, überall gesucht, nicht mehr sicher", heiße es darin. Weiter klage Bakraoui, wenn er noch länger warte, riskiere er, der nächste zu sein, der in einer Zelle lande. Am Freitag hatte die belgische Polizei Salah Abdeslam in Brüssel festgenommen, der an den Anschlägen von Paris beteiligt gewesen sein soll und nach dem seit Monaten in aller Welt gefahndet wird.

Bei einer Razzia im Brüssel Viertel Schaerbeek entdeckten die Ermittler in der Nacht 15 Kilogramm Sprengstoff, 150 Liter Aceton, 30 Liter Wasserstoffperoxid, Zünder und einen Koffer voller Schrauben und Nägeln. Das Material kann zur Herstellung von Bomben verwendet werden. Die Sicherheitsbehörden seien durch den Tipp eines Taxi-Fahrers auf die Wohnung gestoßen, berichteten Medien. Er habe die Attentäter vermutlich zum Flughafen gefahren. Dieser dürfte über das Osterwochenende geschlossen bleiben, da dort noch die Spurensicherung läuft. Das für Dienstag geplante Fußball-Freundschaftsspiel zwischen Belgien und Portugal wurde aus Sicherheitsgründen von Brüssel ins portugiesische Leiria verlegt, wie der belgische Fußballverband mitteilte.

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MEDIEN: POLIZEI KANNTE BRÜDER BAKRAOUI WEGEN RAUBTATEN



Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass die Vorbereitungen für die Anschläge in Brüssel bereits vor der Festnahme von Abdeslam begannen. Es war jedoch unklar, ob der 26-jährige Franzose im Vorfeld von den Anschlagsplänen wusste oder ob die Attentäter zuschlugen, weil sie das Gefühl hatten, dass die Polizei ihnen zu dicht auf den Fersen war.

Der 27-jährige Khalid El Bakraoui hatte einem Bericht des Senders RTBF zufolge unter falschem Namen die Wohnung im Brüsseler Stadtteil Forest gemietet, wo es vergangene Woche bei einer Razzia zu einer Schießerei mit der Polizei kam. Bei der Durchsuchung der Räume entdeckten die Ermittler eine Fahne des IS, ein Sturmgewehr, Zünder und einen Fingerabdruck von Abdeslam. El Bakraoui soll auch eine Wohnung im südbelgischen Charleroi gemietet haben, in der die Pariser Anschläge vorbereitet wurden.

Die Brüder Bakraoui waren den Sicherheitsbehörden laut RTBF schon vorher bekannt. Sie seien jedoch nicht als Islamisten aufgefallen, sondern hätten der organisierten Kriminalität angehört. Khalid El Bakraoui habe 2011 eine fünfjährige Haftstrafe wegen Autoraubs erhalten. Beide Brüder sind in Belgien geboren.

Das Land hat im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl von elf Millionen eine der größten Islamisten-Szenen in Europa. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass 300 Belgier bei den Dschihadisten in Syrien gekämpft haben. Damit ist das Land der größte Exporteur ausländischer Kämpfer in Europa. Zugleich steht es wegen der mangelnden Zusammenarbeit seiner zersplitterten Behörden in der Kritik: Über die Viertel Brüssels herrschen 19 autonome Bürgermeister, im ganzen Land sollen 193 örtliche Polizei-Einheiten für Sicherheit sorgen.

Reuters