Die Intensivstation hat die Aktie von BlackBerry Ltd. (WKN: A1W2YK, 10,16 Dollar, 7,658 Euro) inzwischen verlassen. Zumindest wenn man der Diagnose von John Chen vertraut, dem seit November 2013 amtierenden Vorstandschef. Chen ist zwar kein Chirurg, von Operationen am offenen Herzen versteht er aber was. Jedenfalls im übertragenen Sinne, wenn es darum geht, schwer kranke Unternehmen vor dem Tod zu retten.

Wie das geht, hat der Sanierungsspezialist bei Sybase schon einmal eindrucksvoll demonstriert. Den Anbieter von Unternehmens- und Mobilitätssoftware für das Management, die Analyse und Mobilisierung von Informationen, hat er vor einem anhaltenden Niedergang gerettet und 2010 für 5,8 Milliarden Dollar an SAP verkauft. Die Aufgabe, beim 1984 gegründeten kanadischen Smartphone-Hersteller ebenfalls den Turnaround zu schaffen, erscheint zwar noch einmal deutlich schwerer, aber wenn es nach Chen geht, dann ist die Restrukturierungsphase bereits abgeschlossen. Zumindest hat er genau das jüngst verkündet und zudem Neueinstellungen anvisiert, nachdem zuvor die Zahl der Mitarbeiter von 17.500 auf 7.000 reduziert worden war.

In einem Brief an die Mitarbeiter schrieb er konkret folgendes: "Wir haben den Restrukturierungsprozess abgeschlossen, und der vor drei Jahren begonnene Personalabbau liegt jetzt hinter uns: Noch wichtiger ist, dass wir - außer bei unerwarteten Abschwüngen im Markt - unsere Angestelltenzahl in bestimmten Bereichen wie Produktentwicklung, Vertrieb und Kundenservice erhöhen werden - zu Beginn in geringem Maß."

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Anleger reagieren noch immer zurückhaltend

Das liest sich gut, an der Börse sind daraufhin aber zunächst keine Jubelstürme ausgebrochen. Zu tun hat diese zurückhaltende Reaktion sicherlich auch damit, dass man Taten statt Worte sehen möchte. Erfolge sind vor allem auch an der Marktanteilsfront gewünscht. Denn bekanntlich hat Blackberry in den vergangenen Jahren deutlich gegenüber den dominanten Smartphone-Betriebssystemen von Google und Apple an Bedeutung verloren. Während Android und iOS laut dem Marktforscher IDC im zweiten Quartal auf einen Marktanteil von 96,4 Prozent bei Smartphones kamen, während der Anteil von Blackberry weiter auf nur noch 1,5 Prozent nach 2,8 Prozent im Vorjahresquartal gesunken ist. Der endgültige Beweis, dass der vollzogene Wechsel der Geschäftsstrategie, nachhaltig Früchte trägt, steht somit noch aus.

Dieser Schwenk des ehemals im Firmenumfeld dominierenden Smartphone-Herstellers besteht darin, sich wieder auf Firmenlösungen zu konzentrieren. Dazu zählt eine Fokussierung auf Mobile Sicherheit und Software-Dienstleistungen. Immerhin ist es im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2014/15 schon einmal gelungen, die Analystenprognosen zu schlagen. Dafür reichte ein Umsatz, der mit 966 Millionen Dollar deutlich hinter dem Vorjahreswert von 3,07 Milliarden Dollar zurückgeblieben ist. Dafür konnte aus einem Verlust von 84 Millionen Dollar aber ein Nettogewinn von 23 Millionen Dollar gemacht werden. Deutlich gesteigert wurde auch die Bruttomarge von 33,9 Prozent auf 46,7 Prozent. Mut machte zudem jüngst auch die Meldung, wonach die hauseigenen Smartphone-Auslieferungen im zweiten Quartal um 15 Prozent auf 1,5 Millionen Einheiten gegenüber dem Vorquartal gestiegen sind.

Neben den angekündigten Neueinstellungen sollen auch Zukäufe dabei helfen, geschäftlich wieder in den Vorwärtsgang zu schalten. Jüngst ist Chen in dieser Hinsicht mit dem Erwerb der deutschen Sicherheitsfirma Secusmart bereits erstmals aktiv geworden. Das Unternehmen hat sich auf Stimm- und Datenverschlüsselung spezialisiert, um Hacker und Spione am Abhören von Mobilfunkgesprächen zu hindern. Der Schritt kann somit als weiterer Beleg für die Rückbesinnung auf das Angebot einer möglichst sicheren Smartphone-Technologie gewertet werden. Zu den Secusmart-Kunden gehört neben der kanadischen auch die deutsche Regierung, wobei durch den Verkauf ins Ausland nicht auszuschließen ist, dass Deutschland den 2015 auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird. Sollte das so kommen, wäre das zwar ein Rückschlag, aber auch das würde nichts an der Einschätzung ändern, dass die mit Secusmart verfolgte Strategie in Zeiten zunehmender Cyber-Attacken stimmig erscheint.

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Vor dem Einstieg erst auf klare Signale warten

Bis die Neuausrichtung greift, wird es aber noch einige Zeit lang dauern. Chen selbst selbst mehrere Quartale bis zum Erreichen von schwarzen Zahlen an und vielleicht sogar fünf Jahre, bis die neue Strategie als Erfolg verkauft werden könne. Beim Cash Flow will Chen bereits im ersten Quartal 2015 positiv sein und wenn das gelingt, könnte das die Vorbehalte gegenüber dem Unternehmen reduzieren und eine Neubewertung der Aktie anschieben. Der Kurs hat sich bisher gemessen an dem im Dezember 2012 markierten Tief von 5,75 Dollar zwar deutlich befestigt, insgesamt fällt die Erholungsbewegung bislang aber noch eher zögerlich aus. Damit die Anleger ihre Zurückhaltung ablegen, wird es auch daran ankommen, wie neue Produkte am Markt ankommen. Schon in Kürze wird das Smartphone Blackberry Passport erwartet, das mit quadratischem Display und Hardware-Tastatur ausgestattet ist und mit dem Blackberry Classic steht ein weiteres Smartphonevor dem Start. Schwung soll auch die BES-12-Plattform bringen, mit deren Hilfe neue Kunden im Firmengeschäft gewonnen werden sollen.

Frischer Schwung ist auch deshalb nötig, weil Analysten derzeit sowohl für das Geschäftsjahr 2014/15 als auch für 2015/16 mit Verlusten rechnen. Nachhaltig zulegen kann der Kurs deshalb vermutlich mittelfristig nur dann, falls sich bessere Ergebnisse abzeichnen sollten. Auch deshalb kommt es sehr darauf an, wie die nächsten Quartalszahlen bei deren Vorlage am 26. September ausfallen werden. Rein charttechnisch gesehen würde sich zudem das Bild deutlich verbessern, wenn es gelingen sollte, das Jahreshoch bei 11,51 Dollar zurückzuerobern und zu übertreffen. Gelingt das, könnte dies auch als ein Indiz dafür gewertet werden, dass die Anleger die Zukunftsaussichten von Blackberry wieder zuversichtlicher einschätzen. Macht Blackberry allerdings unvorhergesehene Fehler, dann kann auch ein Komplettabsturz nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Wahrscheinlichkeit für dieses Negativszenario bezifferte Chen aber nur noch auf 20 Prozent. Bären unter den Anlegern sollten darauf aber erst bei schlechten Nachrichten oder entsprechenden charttechnischen Verkaufssignalen setzen.