Totgesagte leben länger. Dieser etwas platte Spruch scheint auf Nokia Corp. (WKN: 870737, 6,22 Euro) zuzutreffen. Denn obwohl die Finnen ihre noch 2011 bestehende weltweite Vormachtstellung im Handybereich längst verloren haben und sich von diesem Geschäftsbereich getrennt haben, präsentiert sich der Telekomkonzern in einer putzmunteren Verfassung.

Seit dem im Juli 2012 markierten Tief hat die Notiz bereits 358 Prozent zugelegt. Zuletzt tendierte der Kurs seit November zwar nur seitwärts, doch in der Vorwoche ist der Ausbruch nach oben aus dieser mittelfristigen Seitwärtsrange gelungen. Charttechnisch gesehen ist das gleichbedeutend mit einem Kaufsignal.

Die in den vergangenen Jahren verbuchten Kursgewinne haben die Aktie in eine Größenordnung katapultiert, die sie wieder zu einem Kandidaten für eine Wiederaufnahme in den Euro STOXX 50 Index machen, wobei der irische Baustoffhersteller CRH als Abstiegskandidat gilt. Auf Basis der frei handelbaren Marktkapitalisierung von 23,3 Milliarden Euro liegt das Unternehmen auf Platz 38 und damit besser als Rang 40, der mindestens erreicht sein muss. Mehr zu diesem Thema gibt es am 29. August, denn das ist der Stichtag für die Bekanntgabe des neuen Index-Ranking. Gelingt ein Aufstieg, würde der Index am 19. September erstmals mit Nokia als Bestandteil berechnet. Für Nokia wäre eine Wiederaufnahme (nach schweren Kursverlusten hatte man diesen Platz im März 2013 räumen müssen) positiv, weil Index-orientierte Anlageprodukte zu einem Investment gezwungen wären.

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Analysten streiten noch über die weiteren Geschäftsaussichten

Unabhängig davon, ob der Indexaufstieg klappt, zeigt auch die Kursentwicklung, dass es richtig war, sich vom defizitär gewordenen Handy-Geschäft zu trennen und sich auf das Geschäft mit Netzwerktechnik und Landkarten zu konzentrieren. Seit dem 2. September 2013, dem Tag vor Ankündigung des Verkaufs der Handy-Sparte für 7,2 Milliarden Dollar an Microsoft Corp. hat sich der eigene Aktienkurs verdoppelt. Die Kurs-Performance frühere Konkurrenten wie Samsung Electronics, BlackBerry, HTC oder selbst Apple wurde in diesem Zeitraum somit deutlich übertroffen.

Diese Kursbilanz hat auch damit zu tun, dass im Smartphone-Geschäft ein harter Verdrängungswettbewerb herrscht. Die Ergebnisse der Anbieter in diesem Bereich sind deshalb zuletzt nicht immer so wie erhofft ausgefallen und zunächst dürfte das Umfeld auch nicht einfacher werden. So gehen die Analysten der Korea Investment Holdings bei Samsung von einer bis zum vierten Quartal auf 12,7 Prozent fallenden Betriebsmarge in der Handy-Sparte aus, nachdem diese im ersten Quartal noch 21,6 Prozent betrug. Dank der Fokussierung auf die Ausrüstung von Telekom-Netzen hat Nokia dagegen im zweiten Quartal einen höheren Gewinn eingefahren als Analysten erwartet hatten.

Konkret stieg der operative Gewinn von April bis Juni von 12 Millionen im Vorjahreszeitraum auf 284 Millionen Euro. Analysten hatten nur mit 233 Millionen Euro gerechnet. Der Nettogewinn stieg auf 2,51 Milliarden Euro von 226 Millionen. Darin enthalten ist ein Gewinn in Höhe von 3,2 Milliarden Euro aus dem Verkauf des Handygeschäfts an Microsoft. Bereinigt um den Sonderertrag verringerte sich der Verlust im fortgeführten Geschäft auf 26 Millionen von 113 Millionen Euro, wie Nokia mitteilte. Der Umsatz sank auf 2,9 Milliarden Euro und traf damit die Konsensschätzung der Analysten. Nokia Netzworks steuert hierzu fast einen Anteil von fast 90 Prozent zu.

Für den weiteren Jahresverlauf zeigten sich die Verantwortlichen optimistisch. Im Kerngeschäft mit Netzwerkbauteilen wird ein höherer Gewinn als bislang angestrebt. Die bereinigte Profitabilität könnte in dem Bereich sogar die langfristige Zielspanne von fünf bis zehn Prozent erreichen oder leicht übertreffen, hieß es. Bislang hatte man eine Marge nahe am oberen Ende dieser Spanne angepeilt. Im zweiten Halbjahr werde Nokia zum Umsatzwachstum zurückkehren, nachdem die Einnahmen im zweiten Quartal noch um 7 Prozent gefallen sind. Ebenfalls wichtig: Im zweiten Quartal wurden im Netzwerkbereich Schulden von rund 950 Millionen Euro zurückgezahlt. Dadurch gibt es jetzt keine wesentlichen finanziellen Verpflichtungen mehr.

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Die Optimisten haben derzeit an der Börse die Oberhand

Das klingt alles ganz gut, doch damit es mit dem Kurs auch mittelfristig aufwärts gehen kann, wird viel davon anhängen, wie sich die Gewinne entwickeln. In dieser Hinsicht gibt es bei den Analysten deutlich unterschiedliche Ansichten. So setzen die Optimisten unter anderem auf deutlich anziehende Ergebnisbeiträge aus dem Patent-Portfolio (rund 42.000 Patente). Pessimisten wie Analyst Leopold Salcher von Raiffeisen Research befürchtet dagegen eine Überbewertung dieses Potenzials durch den Markt. Auch bezweifelt er, dass das Karten- und Navigationssegment jemals signifikante Ergebnisbeiträge abliefern wird. Laut der Börse Online-Datenbank rechnet auch die Mehrheit der Analysten derzeit noch mit einem 2015 wieder sinkenden Ergebnis. Der Gewinn je Aktie soll demnach von 0,40 auf 0,30 Euro fallen. Auf dieser Basis wäre Nokia mit einem KGV von 20,7 deutlich höher bewertet als der Netzwerkkonkurrent Ericsson, obwohl dieser deutlich größer ist. Auch der Börsenwert gemessen am voraussichtlichen Umsatz von gut zwölf Milliarden Euro wirkt relativ hoch.

Dennoch gibt es auch Analysten, die zuversichtlich gestimmt sind. Dazu zählt die Citigroup. Die Analysten dort setzen beim Kapitalmarkttag des Unternehmens im November auf weitere positive Nachrichten zur Profitabilität und mit einer Anhebung der Ausschüttung an die Aktionäre. Darauf aufbauend werden als Kursziel sieben Euro genannt und JP Morgan hält sogar acht Euro für angemessen. In der Mitte dieser beiden Werte bewegt sich mit einem Kursziel von 7,50 Euro Credit Suisse Analyst Simon Clark. Den bestehenden Bewertungsaufschlag gegenüber Ericsson hält er dabei für gerechtfertigt, weil bei Nokia die Prognosen für den Cash Flow auf das eingesetzte Kapital steigen würden, während sie bei Ericsson sinken.

Ob sich die positiven geschäftlichen Trends fortschreiben lassen, wird sich erst noch zeigen müssen. An der Börse setzt man allerdings derzeit auf einen Erfolg. Das Chartbild rät zu einem prozyklischen Ausstieg. Gegen ein nie völlig auszuschließendes Fehlsignal sollten sich Investoren aber mit einem zur individuellen Risikobereitschaft passenden Stopp-Loss-Kurs absichern.