Es ist noch gar nicht so lange her, da galt Daimler-Chef Dieter Zetsche (62) vielen als Boss auf Bewährung. Anfang 2013 hatte ihm der Aufsichtsrat den Vertrag statt der üblichen fünf Jahre nur für drei Jahre bis Ende 2016 verlängert. Immer weiter war der Konzern gegenüber der Premium-Konkurrenz von BMW und Audi ins Hintertreffen geraten. Und zu allem Überfluss hatte auch noch der damalige Betriebsratschef und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Erich Klemm Zetsche einen Schuss vor den Bug verpassen wollen. Beide Männer waren sich in inniger Abneigung verbunden. Dafür musste Zetsche büßen.

Doch Klemm ist inzwischen im Ruhestand und Zetsches Vertrag soll bis Ende 2019 verlängert werden, hatte Aufsichtsratschef Manfred Bischoff auf der Hauptversammlung im April erklärt.

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Gold-gerändertes Qurtal



Bischoffs überraschende Ankündigung vor den Anteilseignern in Berlin war vor allem als Vertrauensbeweis für den Manager mit dem charakteristischen Walrossbart gedacht. Denn Daimler ist derzeit so gut unterwegs wie wohl kaum je zuvor in seiner über 100jährigen Unternehmensgeschichte. "Die Daimler AG hat ihren profitablen Wachstumskurz fortgesetzt und das zweite Quartal sowie das erste Halbjahr 2015 mit Bestwerten bei Absatz, Umsatz und Ergebnis abgeschlossen", meldete das Unternehmen am Donnerstag via Pressemitteilung.

Analysten sehen das ähnlich: Daimler habe "exzellente Zahlen" vorgelegt und "unsere und die Markterwartungen übertroffen", resümierte Christian Ludwig, Analyst beim Bankhaus Lampe am Donnerstag in einer aktuellen Studie.

Tatsächlich sind die Fortschritte im weiten Daimler-Reich beeindruckend: Im zweiten Quartal schafften die Schwaben bei Mercedes-Benz Cars eine operative Marge im fortgeführten Geschäft von 10,7 Prozent und lagen damit zum ersten Mal seit rund vier Jahren über der eigenen Zielmarke von zehn Prozent. Noch vor einem Jahr hatte es gerade zu 7,9 Prozent gereicht.

Seither ist es dank der Produktoffensive und des Effizienzprogramms "Fit for Leadership" steil nach oben gegangen. Wenn nicht alles täuscht, dürfte Mercedes im abgelaufenen Quartal zum ersten Mal seit vielen Jahren profitabler gewesen sein als die Konkurrenz von BMW und Audi. Die beiden bayerischen Autobauer legen ihre Zahlen in den nächsten Wochen vor.

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Die Aussichten fürs zweite Halbjahr



Auch für die nächsten Monate bleiben die Perspektiven für Daimler nach Einschätzung von Analysten aussichtsreich: "Die Stuttgarter fahren den anderen davon, das dürfte die nächsten fünf, sechs Quartale so bleiben", glaubt etwa NordLB-Autospezialist Frank Schwope.

Die Produktpipeline bleibt jedenfalls weiterhin gut gefüllt. In den nächsten Monaten habe man weitere "sehr attraktive neue Fahrzeuge am Start", hatte etwa Daimler-Vorstand Ola Källenius im Vorfeld der Zahlen gegenüber BÖRSE ONLINE versprochen.

Neben dem GLE und dem GLS dürfte dabei vor allem der komplett neu entwickelte GLC im Mittelpunkt stehen. Der Nachfolger des wegen seiner Ecken und Kanten eher mäßig erfolgreichen GKL dürfte gegenüber den inzwischen in die Jahre gekommenen BMW X3 und Audi Q5 ordentlich Boden gut machen. Dazu kommt schon im August die C-Klasse Coupe.

Angesichts dessen gab sich Dr. Z entsprechend zuversichtlich. Im zweiten Halbjahr, machte Zetsche am Donnerstag in einer Telefon-Konferenz mit Journalisten deutlich, wolle man mindestens so viele Fahrzeuge absetzen wie von Januar bis Juni.

Risiken in China



Zwar mehren sich die Stimmen, die vor einem Rückschlag in China warnen. Dort waren die Kurse zuletzt eingebrochen, weshalb der chinesische Automobil-Verband seine Wachstumserwartung zuletzt von plus sieben auf plus drei Prozent kappte. Doch im Unterschied zu Audi und BMW sehen sie die Entwicklung in Stuttgart gelassen. "Unsere attraktive Marke, das starke Portfolio mit neuen Produkten und der Ausbau des Händlernetzes sprechen für ein gutes zweites Halbjahr", sagte der für den Mercedes-Benz Vertrieb zuständige Konzern-Vorstand Källenius BÖRSE ONLINE.

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Unsere Einschätzung zur Aktie



Bei Daimler läuft es derzeit richtig rund. Die Sparprogramme zeigen Wirkung. Dazu sorgt die Modelloffensive bei Mercedes-Benz für steil steigende Absatzzahlen. Im ersten Halbjahr lieferte der Konzern weltweit 960.000 Autos aus, rund 19 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Weil mit den neuen Baureihen und der laufenden Effizienzprogramme, der steigenden Anzahl von gleichen Bauteilen in den einzelnen Fahrzeugklasse, Größenvorteilen sowie dem entsprechend geringeren Entwicklungsaufwand die Kosten sinken, steigt die Marge.

Auch im wichtigen Truckgeschäft zeigt der Trend weiter nach oben. Dort reichte es zuletzt zu einer operativen Marge von 7,2 Prozent nach 5,7 Prozent im Vorjahr. Insgesamt setzte der Konzern im ersten Halbjahr rund 237.000 Laster ab. Während es in Lateinamerika und Indonesien nach unten geht, brummt das Geschäft in der Nafta-Region, also Kanada, USA und Mexiko sowie in Westeuropa.

Nur bei den Bussen sieht es derzeit mau aus. Angesichts der schwachen Konjunktur in Lateinamerika sank das operative Ergebnis im kleinsten Geschäftsbereich um zwei Prozent auf 57 Millionen Euro.

Die Daimler-Aktie hat im laufenden Jahr 22 Prozent zugelegt. Das dürfte noch nicht das Ende sein. Im zweiten Halbjahr werden die Großstadt-Offroader komplett rund erneuert - vom hitverdächtigen GLC über den GLE bis zum GLS. Dazu kommen noch SUV-Coupe-Varianten. 2016 steht dann die neue E-Klasse an. Wir trauen Mercedes-Benz zu, im laufenden Jahr Audi beim Absatz zu überholen und wieder auf Rang 2 vorzufahren.

Mit einem 2016er-KGV von 9,9 ist die Aktie günstig bewertet. Der Aufwärtstrend ist intakt. Wir sehen ein Kursziel von 105 Euro. Kaufen.