Zum Vergleich: Der Dow Jones - die Mutter aller Börsenbarometer - brauchte hierfür mehr als 100 Jahre. In Europa hat der Dax punktemäßig die meisten bekannten Blue-Chip-Indizes abgehängt. Der "Footsie", der die 100 größten britischen Börsenwerte zusammenfasst, hat es bislang noch nicht einmal über die 7000er Marke geschafft.

Fünfstellig sind unter den bekannten europäischen Indizes nur diejenigen aus Madrid und Mailand, die aktuell bei über 10.950 beziehungsweise bei 22.100 Zählern liegen. Der EuroStoxx50, der die Kursentwicklung der größten Unternehmen der Euro-Zone widerspiegelt, hinkt dem Dax hinterher. Mit etwa 3280 Punkten und maximal 5522 Zählern, die er am 7. März 2000 erreicht hatte, ist er noch ein gutes Stück von der Fünfstelligkeit entfernt. Er ist aber wie der 1896 eingeführte Dow ein Kurs-Index. Wenn man den Dax als Kursindex berechnet, liegt er nur bei 5150 Zählern.

Der Dax, der so vielen Anlegern heute als Richtschnur dient, ist dagegen ein Performance-Index. Das heißt, dass die 30 im Index enthaltenen Unternehmen gewichtet werden. Der Arbeitskreis Aktienindizes entscheidet regulär einmal im Jahr - immer im September - über die Zusammensetzung des Dax. Ausschlaggebend für die Mitgliedschaft sind Börsenumsatz und Marktkapitalisierung.

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DER ELEKTRONISCHE HANDEL BEGANN IN DEN FRÜHEN 1990ERN

Als der Dax am 1. Juli 1988 an den Start ging, notierte er nicht bei null. Vielmehr begann er mit 1000 Punkten. Seine erste "politische" Feuertaufe überstand der Index schon etwas mehr als ein Jahr später: am 9. November 1989 beim Fall der Berliner Mauer. Allerdings ließen die Börsianer die Sektkorken erst ein paar Wochen später knallen, als das Börsenbarometer erstmals die 1700 Punkte-Marke durchbrach. Anfang November hatte es noch bei 1470 Zählern gelegen.

Die technischen Voraussetzungen für den Siegeszug des Dax schaffte die Frankfurter Börse mit der Einführung des elektronischen Handels. Das Ibis-System - ein Vorläufer des heutigen Xetra-Handels - wurde am 5. April 1991 gestartet und bescherte den Börsianern längere Handelszeiten. Anfangs stand das System auch noch in Konkurrenz zur Parkettbörse. Dem alten Handelssaal ging es erst mit der Einführung des Xetra-Handels im November 1997 an den Kragen.

Bei den Anlegern punktete der Dax mit der Einführung der sogenannten Baby-Aktien am 1. Juni 1995. Damit ist die Senkung des Nennwertes auf fünf von 50 DM gemeint, wodurch eine Aktie statt 700 nur noch 70 DM kostete. Plötzlich waren Aktien auch für Privatanleger erschwinglich.

Auf Seite 3: DIE PRIVATISIERUNG DER TELEKOM 1996 MACHT DEN DAX POPULÄR

DIE PRIVATISIERUNG DER TELEKOM 1996 MACHT DEN DAX POPULÄR

Doch alle diese Neuerungen konnten nicht bewirken, was die Deutsche Telekom mit ihrem Börsengang am 18. November 1996 für die Aktienkultur in Deutschland mit einem Schlag schaffte. Plötzlich war der Dax in aller Munde. Ob "Tagesschau" oder "Heute" - die Börsenentwicklung spielte auf einen Schlag eine Rolle. Selbst die "Bild"-Zeitung interessierte sich für das Treiben an den Märkten. Menschen, die noch niemals eine Aktie besessen hatten, kannten nun die Kurse auswendig.

Den Dax trieb die Euphorie in nie gekannte Gipfelhöhen: Er stieg von rund 2768 Punkte am Tag des Telekom-Börsendebüts auf 8136 Zähler am 7. März 2000. In drei Jahren und drei Monaten hatte sich der Dax fast verdreifacht.

Der Start des Neuen Marktes am 10. März 1997 im Zuge der weltweiten Internet-Euphorie tat das seine. Ein wahrer Boom an Börsengängen folgte, 1999 trauten sich 132 Firmen aufs Börsenparkett. Zu den spektakulärsten Neuemissionen zählte die Telekom-Tochter T-Online sowie die Halbleitersparte von Siemens, Infineon.

Die Euphorie für Aktien verpuffte jedoch zusehends. Verfehlte Prognosen, ausufernde Verluste bei den oft nur wenige Jahre alten Firmen - nach der Jahrtausendwende kam der Niedergang. Nach einer Reihe von Skandalen um Insiderhandel und Betrug schloss die Deutsche Börse im März 2003 das Segment für junge, wachstumsorientierte Unternehmen.

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DER NEUANFANG FOLGTE AUF EINEN DER SCHWÄRZESTEN TAGE

Der sicher schwärzeste Tag für viele Börsianer war der 11. September 2001. Dass der Dax am Tag der Anschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon bei Washington rund neun Prozent einbüßte, war gewiss nicht das schlimmste. In den beiden New Yorker Hochhaustürme arbeiteten Kollegen, die Wall Street liegt quasi um die Ecke.

Mit dem Index ging es danach noch tiefer in den Keller. Im Vorfeld des Einmarsches von US-Truppen in den Irak im März 2003 fiel der Dax unter 2200 Punkte und damit auf das Kursniveau vom November 1995. Binnen drei Jahren waren die Gewinne im Zuge der Telekom-Privatisierung also wieder aufgezehrt. Der Dax büßte knapp 73 Prozent ein.

Das Comeback ließ auf sich warten. Zu viele - ob Profis oder Kleinanleger - hatten sich am Neuen Markt die Finger verbrannt. Es dauerte bis zum 13. Juli 2007 - einem Freitag - bis der Dax den Rekord aus dem Jahr 2000 einstellte und mit 8151 Punkten eine vorläufig neue Marke setzte. Wie schon 2000 war das aber nicht von Dauer. Die Pleite der US-Bank Lehman war nur der Höhepunkt einer monatelangen Bankenkrise.

Gerettet wurden die Geldinstitute von den Zentralbanken, die einen Sturm der Verbraucher auf einzelne Banken um jeden Preis vermeiden wollten. Die US-Notenbank Fed warf die Notenpresse an. Dank dem vielen billigen Geld, das nun in die Märkte kam, ging es mit den Kursen an den Börsen weltweit bald wieder nach oben. Die Euro-Schuldenkrise bremste zwar. Doch die niedrigen Zinsen weltweit ließen vielen Investoren kaum eine Wahl. Davon profitierte der Dax besonders. Denn bei einem globalen Wirtschaftsaufschwung liegt die deutsche Exportindustrie besonders gut im Rennen.

Reuters