Einige Großaktionäre, die sich einen großen Wurf wünschen, haben jedoch bereits heute Zweifel, ob Cryan ihre Erwartungen erfüllen wird. Entscheidungen erwarten sie bis zur Hauptversammlung Mitte Mai.

Cryan hat dieser Tage bekräftigt, dass er bei der Neuausrichtung des Geldhauses am liebsten ohne Kapitalerhöhung auskommen würde. Mehrere Großaktionäre des Instituts haben jedoch Zweifel, ob es der Bank gelingen kann, mit ihrer im Branchenvergleich unterdurchschnittlichen Kapitalquote wieder in die Offensive zu kommen. "Die klare Positionierung des Vorstands bei dem Thema ist nicht gut. Wenn es jetzt doch zu einer Kapitalerhöhung kommt, was ich begrüßen würde, hat er ein Glaubwürdigkeitsproblem", sagt ein Top-10-Aktionär.

Viele Investoren finden es gut, dass sich die Bank im Investmentbanking aus unrentablen Randbereichen zurückziehen will. Grundsätzliche müsse das Geldhaus in seiner wichtigsten Sparte aber eine starke Position anstreben. "Der Konsens ist, dass man den Tiefpunkt im Investmentbanking hinter sich gelassen hat und in dem Bereich künftig wieder mehr Geld verdienen kann - gerade angesichts der Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump", betont der Großaktionär.

LADENHÜTER POSTBANK



Cryan hat die Strategie seines glücklosen Vorgängers Anshu Jain, die vor allem ein Sparkurs ist, bisher in wesentlichen Teilen übernommen. An den angepeilten Verkauf der Tochter Postbank glaubt in den Frankfurter Doppeltürmen inzwischen allerdings kaum noch jemand. Im Niedrigzinsumfeld ist kein Bieter in Sicht, der die Preisvorstellungen der Deutschen Bank nur annähernd erfüllen will. Insider gehen deshalb davon aus, dass Cryan im Rahmen der überarbeiteten Strategie eine Re-Integration des Bonner Instituts verkündet. "Ich würde die Chancen auf 75 Prozent beziffern", sagt eine mit den Überlegungen vertraute Person. Voraussetzung sei, dass nicht überraschend noch eine attraktive Offerte ins Haus flattere - und dass sich die Deutsche Bank eine Reintegration kapitalmäßig leisten könne.

Derzeit ist eine Festlegung für Cryan kaum möglich, schließlich hängt die Kapitalausstattung der Bank von zwei Faktoren ab, auf die sie selbst nur wenig Einfluss hat. Die Verhandlungen über neue globale Kapitalregeln ("Basel IV") werden wohl nicht vor März abgeschlossen sein. Außerdem drohen der Bank wegen mutmaßlicher Sanktionsverstöße bei Iran-Geschäften, Tricksereien auf dem Devisenmarkt und eines Geldwäsche-Skandals in Russland weitere empfindliche Strafen.

Bei der Russland-Affäre gibt es zumindest die Hoffnung, dass die Bank billiger davonkommt als ursprünglich befürchtet. Der Verdacht, das Geldhaus habe bei den Geschäften auch US-Sanktionen verletzt, sei in wesentlichen Punkten entkräftet worden, sagten mehrere mit dem Fall vertraute Personen. Ein zeitnaher Vergleich sei denkbar, die federführenden britischen Behörden hätten die Ermittlungen so gut wie abgeschlossen, sagten Bankenaufseher. Wie die beteiligten US-Behörden den Fall bewerten und wie schnell sie angesichts des Präsidenten-Wechsels entscheiden, sei allerdings schwer einzuschätzen.

"NOCH EINMAL 5000 STELLEN STREICHEN"



Innerhalb der Deutschen Bank ist die Stimmung durchwachsen. Einige haben das Gefühl, dass es nach dem Hypothekenvergleich und dem erfolgreichen Abbau der internen Bad Bank langsam bergauf geht. Andere klagen, von der Aufbruchstimmung nach Cryans Amtsantritt im Sommer 2015 sei nichts mehr zu spüren. "John Cryan ist im deutschen Teil der Deutschen Bank nicht mehr sichtbar", klagt ein Insider. Viele Mitarbeiter fürchteten um ihren Job. Cryan hat 2015 den Abbau von 9000 Stellen angekündigt. Schon im vergangenen Jahr machte er jedoch deutlich, dass er den Sparkurs wegen des schwierigen Marktumfelds noch einmal verschärfen will. "Man könnte locker noch einmal 5000 Stellen streichen", sagt ein Top-10-Aktionär.

Für zusätzliche Unruhe sorgt der Austausch des obersten Geldwäsche-Bekämpfers Peter Hazlewood, der seinen Posten nach nur einem halben Jahr wieder räumen musste. Regulierungsvorstand Sylvie Matherat habe ihn wegen mangelnder Durchsetzungskraft und seines Führungsstils abgesetzt, berichten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen. Der Fall werfe kein gutes Licht auf Matherat, schließlich habe sie Hazlewood ausgewählt, sagt ein Insider. "Sie steht unter Beobachtung." Bei Cryan und den Aufsichtsbehörden genießt die Französin allerdings weiter hohes Ansehen. Dass es beim Ausbau einer Abteilung mal knirsche, sei normal, sagt ein Kenner des Geldhauses. Ein Bankenaufseher wünscht sich in Matherats Ressort in Zukunft allerdings mehr Kontinuität. "Es ist unschön, wenn es auf so wichtigen Positionen so häufig Wechsel gibt." Die Deutsche Bank äußerte sich dazu nicht.

rtr