Die britische Tageszeitung "The Times" berichtete, wegen der anhaltend schlechten Geschäfte gebe es zwischen Achleitner und Cryan und auch innerhalb des Deutsche-Bank-Vorstands Streit über die Strategie.

"Es ist klar, dass das Verhältnis zwischen dem Vorstandschef und dem Aufsichtsratschef zerbrochen ist", zitierte das Blatt einen Insider. Achleitner, der vor seinem Wechsel zur Deutschen Bank für den Münchener Versicherungsriesen Allianz und die US-Investmentbank Goldman Sachs arbeitete, habe unter anderem den Europa-Statthalter von Goldman, Richard Gnodde, angesprochen, ob dieser den Job übernehmen wolle, berichtete die Zeitung weiter. Gnodde habe abgewunken.

Auch mit den Chefs der italienischen Großbank Unicredit und des britischen Finanzhauses Standard Chartered, Jean Pierre Mustier und Bill Winters, sei Achleitner in Kontakt getreten. Die Deutsche Bank, Unicredit und Standard Chartered wollten keinen Kommentar abgeben. Mustier selbst hatte im Januar einem Wechsel eine klare Absage erteilt. Goldman Sachs war nicht für einen Kommentar zu erreichen.

MIT LEEREN HÄNDEN



Ein Insider sagte Reuters, es sei gut möglich, dass Achleitner mit den drei Bankern über die Cryan-Nachfolge gesprochen habe. "Fakt ist: Stand heute steht Achleitner mit leeren Händen da", sagte eine andere Person mit Kenntnis der hinter den Kulissen laufenden Gespräche. Alle drei hätten der Offerte offenkundig eine Absage erteilt. "Es ist niemand gefunden worden." Achleitner selbst wollte sich nicht äußern.

Die drei größten Aktionäre der Bank, der chinesische Mischkonzern HNA, das Emirat Katar und der US-Vermögensverwalter Blackrock wollten den Artikel der "Times" ebenfalls nicht kommentieren. An der Börse sorgte der Beginn der Nachfolgesuche für Kursgewinne bei der Deutsche-Bank-Aktie von bis zu drei Prozent.

Börsianer sagten, die Firmenspitze müsse nun schnell und entschlossen handeln. Kritik gab es auch an Aufsichtsratschef Achleitner: "Das eigentliche Problem der Bank ist Achleitner. Er hätte nie Aufsichtsratchef der Deutschen Bank werden sollen. Die Bank sollte schnell auch die Spitze im Aufsichtsrat neu besetzen", sagte Heino Ruland, selbständiger Aktienanalyst bei Ruland Research. Achleitner hatte, bevor er Cryan auf den Chefsessel hievte, lange gezögert das damalige glücklose Spitzenduo Jürgen Fitschen und Anshu Jain zu ersetzen - für viele Investoren zu lange.

WERBEN UM GEDULD



Cryan, der vor bald drei Jahren als Nachfolger von Anshu Jain angetreten war, um die Deutsche Bank aus der Krise zu holen, hat in den vergangenen Monaten auf seinem Sanierungskurs mehrere Rückschläge hinnehmen müssen. 2017 meldete die Deutsche Bank vor allem wegen der US-Steuerreform das dritte Verlustjahr in Folge. Doch auch das operative Geschäft im Anleihehandel und im Investmentbanking läuft nach wie vor alles andere als rund.

Vergangene Woche hatte die Bank ihre Anleger dann auf ein schwaches erstes Quartal vorbereitet, ausgerechnet im Investmentbanking, der einstigen Paradedisziplin. Aussagen von Finanzchef von Moltke über Belastungen von 450 Millionen Euro bei der Sparte schickten die Aktien auf Talfahrt. Als ob das nicht schon genug wäre, sorgten zuletzt Äußerungen von IT-Chefin Kim Hammonds für Kopfschütteln und Entsetzen bei Aktionären und Mitarbeitern gleichermaßen. Hammonds hatte bei einer internen Tagung die Deutsche Bank als das "dysfunktionalste Unternehmen" bezeichnet, für das sie je gearbeitet habe.

Ungeachtet der jüngsten Serie von Negativschlagzeilen war schon seit Monaten immer wieder Kritik einzelner Investoren an Cryan laut geworden, obwohl der Ex-Finanzchef der Schweizer Großbank UBS bis dato einen Ruf als erfolgreicher Sanierer genoss. Cryans Vertrag läuft noch bis zum Jahr 2020.

Ein hochrangiger Manager der Deutschen Bank bat die Anleger am Dienstag abermals um Geduld. Kurzfristig könne wenig getan werden, um die Ertragslage der Bank zu verbessern. "Wir können die Kosten auf kurze Sicht nicht senken, ohne künftige Erträge zu opfern", sagte der Insider. "Was wir machen, ist, dass wir langfristige Prozesse verändern. Das ist der richtige Weg, um die Kosten zu senken, aber das braucht seine Zeit."

An einer internen Nachfolgelösung hatten einige der Großaktionäre zuletzt immer wieder Zweifel verlauten lassen. Das von Achleitner hinter Cryan in Stellung gebrachte Duo aus dem 52-jährigen Ex-Goldman-Sachs-Mann Marcus Schenck, dem Chef des Investmentbankings, und Christian Sewing, dem Leiter der Privatkundensparte, sei noch nicht reif für den Chefsessel.

rtr