Die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten summieren sich inzwischen auf rund drei Milliarden Euro und überschatten das Tagesgeschäft. Auch das wichtige Investmentbanking lief nicht ganz so rund wie bei den US-Rivalen. Dass die Sonderlasten in naher Zukunft weniger werden, sei nicht zu erwarten, warnte das Führungsduo der Bank die Anleger am Mittwoch. "Wir bleiben fest entschlossen, diese Agenda abzuarbeiten."

Dabei helfen soll ein breit angelegter Vorstandsumbau: Vom Erzrivalen Goldman Sachs holt sich die Bank Marcus Schenck als neuen Finanzchef, der im Frühjahr das Ruder übernehmen soll. Der bisherige Zahlenmeister Stefan Krause, der das Ressort seit 2008 führt, soll sich künftig zusammen mit den Vorstandschefs um strategische Fragen kümmern. Er distanzierte sich am Mittwoch schon augenzwinkernd von seiner bisherigen Aufgabe: Nun gehe es "um das trockene Zeug", führte er seine Ausführungen zur Quartalsbilanz vor den Analysten ein. Außerdem wird ein neues Vorstandsressort für Recht installiert, das der Leiter der internen Revision, Christian Sewing, bekommt. Aufsichtsratschef Paul Achleitner erhofft sich von der Rochade neuen Schwung für den ausgerufenen "Kulturwandel".

Am Markt konnte das die Stimmung nicht retten. Die Deutsche-Bank-Aktie zählte mit einem Minus von 1,3 Prozent zu den Schlusslichtern im Dax. Dabei vervielfachte sich der Gewinn vor Steuern auf 266 (Vorjahr: 18) Millionen Euro.

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TEURE AUFRÄUMARBEITEN

Schon vor einem Jahr hatten die juristischen Altlasten die Bilanz der Sommermonate verhagelt. Damals blieben unter dem Strich noch 51 Millionen Euro übrig. Nun beschleunigen Jain und Fitschen die Aufräumarbeiten: Die Bank legte im Quartal weitere 894 Millionen Euro für Bußgelder zurück. Finanzkreisen zufolge wird auf Hochtouren an einem Vergleich mit den angelsächsischen Regulierern im Skandal um die Manipulation von Libor-Referenzzinsen gearbeitet.

Die Libor-Affäre könnte die Deutsche Bank noch einmal fast eine Milliarde Euro kosten, nachdem die EU schon vor einem Jahr ein Bußgeld von 725 Millionen Euro verhängt hatte. Außerdem will das Institut weitere Hypothekenklagen vom Tisch räumen und einen Streit mit den US-Behörden über mutmaßliche Sanktionsverstöße beilegen. Letzteres dürfte sich Insidern zufolge bis ins nächste Jahr hinein ziehen, hier ist eher die Commerzbank auf der Zielgeraden. Die Hypothekenklagen trieben im Quartal neben Libor die Rückstellungen maßgeblich in die Höhe.

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BEIN DEVISENSKANDAL IN DER ZWEITEN REIHE

Auch in den weltweiten Devisenskandal ist die Deutsche Bank verwickelt. Hier sieht sie sich aber nicht in vorderster Front. Das sei auch der Grund, weshalb die Frankfurter nicht Teil eines von den britischen Regulierern angestrebten Vergleichs mit sechs Großbanken seien, wie Krause in einer Telefonkonferenz betonte. Analysten atmeten auf. Kilian Maier von MainFirst sprach vom "besten Signal seit langem". Schließlich sei die Deutsche Bank einer der führenden Devisenhändler. Die britische Bankenaufsicht FCA verhandelt derzeit unter anderem mit der Schweizer Großbank UBS. Diese hatte sich im dritten Quartal ebenfalls wetterfest gemacht und ihre milliardenschweren Rückstellungen aufgestockt. Dennoch konnte die UBS den Gewinn steigern, weil die Vermögensverwaltung für reiche Privatkunden boomte.

Bei der Deutschen Bank gab es im Kapitalmarktgeschäft, in dem der langjährige Investmentbanker Jain an die Weltspitze will, für manche Experten eine Enttäuschung. Die Erwartungen gerade im Anleihehandel, wo die Frankfurter traditionell stark sind, waren nach den Zwischenbilanzen der US-Banken groß gewesen. Sie hatten unisono von einer Marktbelebung im September berichtet. Doch bei der Deutschen Bank zogen die Erträge im Handel mit Anleihen und anderen Produkten insgesamt nur um 15 Prozent an. "Andere Banken haben Marktchancen in diesem Quartal offenbar besser genutzt", schlussfolgerte Analyst Guido Hoymann von Metzler Securities. Vor allem Goldman Sachs hatte die Konkurrenz abgehängt. Bei der Deutschen Bank brummte insbesondere der Devisenhandel, dagegen schwächelte der Handel mit Staatsanleihen. Insgesamt lieferten die Investmentbanker vor Steuern 374 Millionen Euro Gewinn ab. Dass es nur zu einem Plus von vier Prozent reichte, lag maßgeblich an den Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten, die in der Sparte verbucht wurden.

Im Privatkundengeschäft rund um die Postbank stieg der Vorsteuergewinn um drei Prozent auf 356 Millionen Euro. In der Vermögensverwaltung, seit zwei Jahren die größte Baustelle im Konzern, verdiente die Bank mit 288 Millionen Euro leicht mehr. Die Sparte sammelte 17 Milliarden Euro neue Kundengelder ein. Es war das dritte Quartal in Folge mit Zuflüssen. Die Bank, die im Geschäft mit Superreichen angreifen will, verwaltet jetzt wieder ein Vermögen von rund einer Billion Euro.

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Einschätzung der Redaktion:

Die Aufräumarbeiten bei der Deutschen Bank reißen weiter tiefe Löcher ins Ergebnis. Vor allem neue Rückstellungen für juristische Risiken haben das dritte Quartal belastet, sie summieren sich mittlerweile auf drei Milliarden Euro. Das war für das drittel Quartal in dieser Größenordnung durchaus erwartet worden. Was die Stimmung vermieste, war vor allem der Ausblick: Die Sonderlasten würden künftig nicht weniger werden, warnte der Vorstand. Dass die Bank jetzt die Führungsspitze umbaut und ein eigenes Vorstandsressort für Recht einrichtet, zeigt den Ernst der Lage. Co-Chef Jürgen Fitschen hatte jüngst angekündigt, dass die Bank diese Rechtsstreitigkeiten möglichst rasch beilegen will - einen Teil noch in diesem Jahr, den größten Block bis Ende 2015. Aktionäre sollten ihn an den Fortschritten messen.

Die Belastungen verdecken zudem die Fortschritte im operativen Geschäft, insbesondere in der Privatkundensparte und der Vermögensverwaltung. Im Investmentbanking konnte die Bank dagegen nicht ganz an die gute Entwicklung bei anderen Häusern anschließen. Rein optisch erscheint die Aktie mit einem KGV von neun (2015) und einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,5 günstig. Ein Investment ist dennoch riskant, da das Rechtsthema die Bank noch eine Weile beschäftigen wird und jederzeit neue negative Überraschungen auftauchen können. Auch jedes Wiederaufflackern der Euroschuldenkrise könnte den Kurs belasten. Deshalb nur für risikofreudige Anleger geeignet.

Empfehlung: Halten

Ziel: 29,00 Euro

Stopp: 22,00 Euro

Wolfgang Ehrensberger