Schwaches Investmentbanking und die zahlreichen Rechtsrisiken haben zuletzt die Entwicklung bei der Deutschen Bank geprägt. Am 29. Juli legt das größte deutsche Geldhaus seinen Zwischenbericht zum zweiten Quartal vor. Immerhin: Dass die Dynamik im operativen Geschäft zuletzt zu wünschen übrig ließ und wegen der Rechtsstreitigkeiten weitere Sonderlasten drohen, hat der Markt bereits weitgehend antizipiert.

Mit einem Kursrückgang um über ein Fünftel seit Januar rangiert die Aktie unter den Schlusslichtern im DAX im ersten Halbjahr 2014. Bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,5 ist das Papier längst auf einem Bewertungsniveau, das Risikofreudige als Einstiegschance sehen. Die Erwartungen sind niedrig, das lässt Spielraum für positive Überraschungen. So profitierte die Aktie bereits in der vergangenen Woche von den guten Quartalszahlen von US-Banken wie JP Morgan oder Goldman Sachs. Deren Aktien wiederum entwickelten sich in den vergangenen Tagen deutlich besser als der Markt.

Im ersten Quartal 2014 war beim größten deutschen Geldhaus der Gewinn vor Steuern gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Drittel auf 1,7 Milliarden Euro zurückgegangen, nach Steuern blieben 1,1 Milliarden Euro. Equinet-Analyst Philipp Häßler schätzt für das zweite Quartal einen Vorsteuergewinn von 756 Millionen Euro, ein nur leichter Rückgang von fünf Prozent. Vor allem der Marktrückgang beim für die Deutsche Bank wichtigen Geschäft mit Anleihen und Währungen fällt laut Häßler wohl doch nicht so stark aus wie zunächst angenommen. Darauf deuteten auch die guten Quartalsergebnisse der US-Banken hin.

Andreas Pläsier von Warburg Research sieht weiterhin als größten Belastungsfaktor für die Deutsche Bank die zahlreichen Rechtsrisiken. Das Problem hat sich nochmal verschärft, seit die US-Behörden gegenüber den europäischen Geldhäusern eine verschärfte Gangart eingeschlagen haben und beispielsweise die französische Großbank BNP Paribas eine Rekordstrafe von neun Milliarden Dollar aufgebrummt bekam.

Branchenexperten gehen mittlerweile davon aus, dass die Bank zusätzlich zu bereits gebildeten Rückstellungen von zwei Milliarden Euro bis Jahresende mindestens weitere zwei bis drei Milliarden Euro aufwenden muss. "Wenn es deutlich mehr wird, ist eine erneute Kapitaerhöhung nicht auszuschließen", sagt Equinet-Analyst Philipp Häßler, der das aber für relativ unwahrscheinlich hält. Nach Einschätzung von Societe Generale benötigt die Bank eine weitere Kapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro, um bei der Eigenkapitalausstattung - gemessen an der Verschuldungsquote (leverage ratio) - auf das Niveau der wichtigsten Wettbewerber zu kommen.

Andreas Pläsier von Warburg Research hält das Geldhaus dagegen gemessen an der harten Kernkapitalquote von neun Prozent für ausreichend kapitalisiert. Der laufende Bankenstresstest der EZB dürfte laut Pläsier zumindest für die Deutsche Bank keine negativen Überraschungen bringen.

Die heftigen Kursreaktionen etwa auf die Probleme der portugiesischen Banco Espirito Santo zeigen jedoch, wie fragil die Lage im gesamten Bankensektor nach wie vor ist. Solchen Verwerfungen kann sich auch die Deutsche Bank nicht entziehen, was das Papier weiter sehr schwankungsanfällig macht. Das gilt aber auch für die andere Richtung: Philipp Häßler von Equinet schließt nicht aus, dass das stark heruntergeprügelte Papier einen ähnlichen Höhenflug nehmen könnnte wie die Commerzbank-Aktie im vergangenen Jahr, der mit der fundamentalen Entwicklung der Bank wenig zu tun hatte.

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Einschätzung der Redaktion: Beobachten

Konservative Anleger sollten die stark volatile Aktie weiter beobachten. Das KGV von acht ist im Branchenvergleich sehr niedrig, ebenso das Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,5. Ein Einstieg auf dem derzeitigen Niveau erscheint deshalb verlockend, ist aber riskant. Nur für mutige Anleger. Ziel: 30,00 Euro; Stopp: 21,50 Euro.