Aber die deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen anzukurbeln, ist schwierig. Auf Merkels Reise nach Mali, Niger und Äthiopien standen zunächst andere Themen im Vordergrund - wie die Stabilisierung Malis und die angedachten Migrationpartnerschaften mit der EU. Deshalb hatte die Kanzlerin keine Wirtschafts-Vertreter mit an Bord - was vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft prompt kritisiert wurde.

Denn der fordert eine neue Aufbruchstimmung. Afrika sei längst nicht mehr nur das Sorgenkind der Welt, sondern ein echter Wachstumsmarkt mit einer stark wachsenden Bevölkerung und Mittelschicht. 2015 und 2016 listete die Weltbank unter den zehn wachstumsstärksten Ländern weltweit jeweils fünf aus Afrika auf. Ruanda etwa, das zum Finanzzentrum zumindest Ostafrikas werden will, gilt als Vorbild dafür, dass sich nicht nur asiatische, sondern auch afrikanische Länder über einen längeren Zeitraum nach vorne katapultieren können. Auf dem Korruptionindex liegen immerhin 30 afrikanische Länder vor Russland - und sogar sechs vor den EU-Staaten Griechenland und Italien. Die deutschen Direktinvestitionen der gut 800 in Afrika aktiven Firmen stiegen nach Angaben der Deutschen Bundesbank 2014 um 13,1 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro.

In der Wahrnehmung dominieren aber die bestehenden Probleme: Ausgerechnet die beiden für die deutsche Wirtschaft wichtigsten Märkte Südafrika und Nigeria schwächeln. In den ersten sieben Monaten des Jahres sind deshalb die deutschen Exporte in alle afrikanischen Staaten nach Angaben des Afrika-Vereins leicht um 1,2 Prozent auf 14,3 Milliarden Euro gesunken. Die Importe brachen sogar um 16,5 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro ein - vor allem wegen niedriger Rohstoffpreise. Während die Handelsbeziehungen mit Südafrika und Angola rückläufig waren, nahmen sie etwa mit Ghana, Ägypten und Algerien zu. 2015 erhielt Siemens aus Ägypten den größten Auftrag der Unternehmensgeschichte im Wert von acht Milliarden Euro zum Bau von Kraftwerken.

"VERSTÄRKTE PRÄSENZ NOTWENDIG"



Der Afrika-Verein fordert deshalb mehr Aufmerksamkeit von Unternehmen - und Politik. "Eine verstärkte Präsenz der deutschen Wirtschaft ist in unserem eigenen Interesse notwendig, weil die afrikanischen Märkte immer wichtiger werden", sagte Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins, zu Reuters. Die niedrigen Rohstoffpreise, die zu einem Einbruch bei den Importen aus Afrika führten, müsse man als Chance begreifen: Auch ölreiche Länder wie Nigeria setzten heute stärker auf Diversifizierung der Wirtschaft, etwa beim Aufbau einer modernen Landwirtschaft, einer besseren Infrastruktur und einer zuverlässigen Stromversorgung sei deutsche Expertise gefragt.

Kannengießer sieht durch verstärkte Investitionen durchaus einen Nutzen auch für Migrationspolitik, weil nur Jobs in der Heimat den Menschen eine Perspektive geben könnten. Das Problem: Bei einem sehr hohen Bevölkerungswachstum von mehr als drei Prozent pro Jahr etwa in Mali oder Niger wirkt jedes Wirtschaftswachstum unzureichend.

Einigkeit besteht darüber, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden müssen, damit die deutsche Wirtschaft schneller Fuß fassen kann - gestritten wird aber über das Ausmaß. Das Bundeswirtschaftministerium etwa verweist darauf, dass man seit Ende 2014 Geschäfte mit Nigeria, Ghana, Äthiopien, Mosambik, Tansania, Senegal, Uganda, Ruanda, Elfenbeinküste und Kenia stärker staatlich absichern kann. "Seitdem können auch wieder Geschäfte mit dem öffentlichen Sektor in jenen Ländern hermesgedeckt werden", sagte eine Ministeriumssprecherin mit Blick auf die Exportkreditversicherung. Zudem hat das Bundeskabinett gerade ein Maßnahmenpaket beschlossen, mit dem deutsche Firmen bei Großprojekten im Ausland generell erfolgreicher antreten können sollen.

Das reiche aber nicht, beklagt Kannengießer. Denn in Afrika spielten mittlerweile nicht mehr nur China, die USA, Großbritannien und Frankreich mit. "Zunehmend mischen auch Investoren aus Brasilien, Indien, Japan und der Türkei mit - oft nach unterschiedlichen Regelwerken. Ein fairer Wettbewerb ist so kaum möglich", kritisierte er. Deutsche Firmen müssten sich indes an OECD-Standards halten. "Dem deutschen Mittelstand fehlt die konsequente Unterstützung des Bundes bei der Risikoabsicherung und der Markterschließung. Die Öffnung des Hermes-Instrumentariums ist leider recht halbherzig."

rtr