Die Griechen haben gesprochen. Drei von fünf Wahlberechtigten haben sich am Sonntag gegen die Sparvorschläge aus Brüssel ausgesprochen, die eigentlich offiziell gar nicht mehr auf dem Tisch lagen. Tatsächlich ging es um andere, viel weitreichendere Fragen: Es ging um die Zukunft der griechischen Regierung, um das Verhältnis Griechenlands zur Eurozone und am Ende um den Verbleib des Landes im Euro.

Das Votum aus dem Südosten Europas könnte eindeutiger kaum sein. Allen Brüsseler Warnungen zum Trotz setzt die große Mehrheit der Griechen offenbar darauf, die eigene Regierung mit einem klaren Nein mit mehr Verhandlungsmacht in Brüssel auszustatten - und auf diese Weise die überfälligen, wenn auch schmerzhaften Reformen einfach abzuwählen.

Das könnte sich als fataler Trugschluss erweisen.

Denn in zahlreichen Mitgliedsländern der Eurozone ist der Ärger über die populistischen Links-Radikalen zuletzt noch ein Mal steil angewachsen. Erst am Wochenende hatte der inzwischen zurückgetretene griechische Finanzminister Yanis Varoufakis das Vorgehen der Gläubiger als "Terrorismus" bezeichnet. Solche Angriffe vergessen auch einigermaßen robuste Politprofis nicht so schnell.

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Wachsender politischer Druck



Dazu wächst der innen-politische Druck auf die Regierungen der Eurozone. In der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag etwa wird das Murren über die vermeintlich ausufernde Kompromissbereitschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel immer vernehmlicher. Vielen Unions-Abgeordneten schlägt inzwischen selbst in den eigenen Ortsverbänden der ungebremste Zorn über das Griechen-Theater entgegen. Der wachsende Unmut in den eigenen Reihen wird auch die eiserne Kanzlerin nicht unbeeindruckt lassen.

Auch inhaltlich ist derzeit kaum vorstellbar, wie die Griechen und ihre Partner bei Eurozone, EZB und IWF nun doch noch eine Einigung erzielen könnten, die in den vergangenen fünf Monaten schon nicht zustande gekommen ist. Denn mit dem zuletzt vorgelegten Kompromissvorschlag aus Brüssel kann sich Alexis Tsipras zu Hause nun endgültig nicht mehr blicken lassen. Und die Eurozone würde bei erneuten Zugeständnissen nach dem Referendum einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen, der unter den reform-unwilligen Regierungen der Eurozone rasch Nachahmer in Sachen Plebiszit finden könnte.

Dabei drängt die Zeit. In Griechenland wird das Bargeld knapp. Viele Bankautomaten sind bereits leer. Ob die EZB das Volumen der Ela-Notkredite doch noch ein Mal erhöht und den griechischen Banken so dringend benötigte Liquidität verschafft, ist derzeit völlig offen. Dazu braucht Athen rasch frisches Geld. Am 20. Juli muss das Land insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen. Wenn das nicht klappt, dürfte die EZB bei den Ela-Krediten wohl endgültig den Stecker ziehen und Griechenland wäre auch offiziell bankrott.

Griechenland muss aus der Eurozone



Angesichts dieser Ausgangslage scheint die Konsequenz nun unausweichlich: Griechenland muss aus der Eurozone. Das ist bitter. Aber die griechische Volkswirtschaft hat langfristig nur eine Chance, wenn sie international wieder wettbewerbsfähig wird. Das geht mit der Rückkehr zur Drachme und der möglichen Abwertung am besten.

Die Euro-Finanzminister haben bis zur Erschöpfung nach Kompromissen mit den Athener Linksradikalen gesucht und dabei am Schluss fast jede Selbstachtung fahren lassen. Nun kann die Eurozone ein starkes Zeichen setzen, Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, die Gemeinschaftswährung stärken - und so klar machen, dass es ein paar Mindestregeln gibt und sie es wirklich Ernst meint mit dem Euro und dem Projekt Europa.



Zum Autor:

Thomas Schmidtutz ist Chefredakteur von www.boerse-online.de. Der Wirtschaftsjournalist schreibt seit der Jahrtausendwende über die neuesten Trends in der IT-Szene. Außerdem kümmert sich der gebürtige Hesse schwerpunktmäßig um die deutschen Autobauer, Konjunkturthemen - und derzeit besonders intensiv um die Hellas-Krise.